Menopause: Von Nichtstun bis Hormontherapie
In der Medizin stehen die Probleme rund um die Menopause immer stärker im Fokus. Erreichten früher wenige Frauen das Menopausenalter, verbringt aufgrund der steigenden Lebenserwartung heute eine Frau im Durchschnitt etwas mehr als ein Drittel ihres Lebens in der postmenopausalen Phase. Eine Übersicht über die vielfältigen Therapieoptionen mit vielen Praxistipps gab Dr. Lena Grubhofer, Oberärztin Klinik für Reproduktions-Endokrinologie, Universitätsspital Zürich, in einem Vortrag am Mepha-Symposium Top Five.
Das durchschnittliche Menopausen-Alter liegt in Mitteleuropa bei 51 Jahren. Bereits einige Jahre vor der letzten Periodenblutung setzt die Perimenopause ein.
Symptome der Perimenopause: Östrogendominanz und Gestagenmangel
Diese Perimenopause ist geprägt durch eine Östrogendominanz und einen Gestagenmangel, was v. a. zu
- Zyklus- und Blutungsstörungen,
- Stimmungsschwankungen,
- Gereiztheit und
- depressiven Verstimmung
führen kann.
Nach der letzten Periodenblutung in der Postmenopause besteht ein Östrogen-, Testosteron- und Gestagenmangel. Dieses Hormondefizit verursacht vor allem
- Hitzewallungen,
- Scheidentrockenheit,
- Haut- und Haarveränderungen,
aber auch viele weitere mögliche Symptome.
Langzeitfolgen der Menopause
Schlafstörungen betreffen viele Frauen in der Peri- und der Postmenopause. Die ersten Langzeitfolgen des Hormondefizits in der Postmenopause zeigen sich ungefähr zehn Jahre nach der letzten Periodenblutung. Dazu gehören die Osteoporose und die Arteriosklerose. «Die menopausalen Beschwerden dauern lange an», so Dr. Grubhofer.
Die vasomotorischen Symptome (VMS) beispielsweise erstrecken sich im Schnitt über 7,4 Jahre. Setzen sie früh ein, können sie gar 11,8 Jahre lang andauern.
Behandlungsmöglichkeiten: Von alternativen Ansätzen zur Hormonersatztherapie (HRT)
Die Behandlungsmöglichkeiten reichen von Nichtstun über nichthormonelle Ansätze bis hin zur Hormonersatztherapie (HRT). Ist die Patientin zum Zeitpunkt der Menopause jünger als 45 Jahre, ist auch bei fehlender Symptomatik aufgrund der Knochen- und kardiovaskulären Gesundheit eine HRT klar indiziert. Ist sie älter als 45 Jahre, können auch Lebensstil-Modifikationen und alternative Optionen ausreichen.
Bei leichten und mittelschweren Hitzewallungen besteht Evidenz für Phytotherapie mit Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa) und mit Phytoöstrogenen (v. a. in Soja-Isoflavonen enthalten). «Im Gegensatz zu den Phytoöstrogenen kann Traubensilberkerze auch Brustkrebspatientinnen gegeben werden», sagte die Referentin. Hitzewallungen lassen sich zudem mit Antidepressiva (SSRI, SNRI) und Antikonvulsiva (Gabapentin, Pregabalin) signifikant reduzieren.
Neues Medikament in der Schweiz: Fezolinetant
Diese Medikamente sind vor allem eine Option für Brustkrebspatientinnen und für Frauen, welche die anderen Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft haben. Mit Fezolinetant gibt es in der Schweiz seit Januar 2024 eine neue Option. Der NK3-Rezeptorantagonist bindet an die KNDy-Neuronen im thermoregulatorischen Zentrum des Hypothalamus. Die Substanz reduziert mittelschwere bis schwere VMS signifikant um bis zu 64 % im Vergleich zu Placebo.
«Eine HRT ist bei Hitzewallungen am effektivsten», erklärte Dr. Grubhofer. In der deutschen S3-Leitlinie ist empfohlen, sie allen Frauen mit VMS anzubieten. Patientinnen mit Uterus brauchen für den Endometriumschutz zwingend eine Kombinationstherapie mit Östrogen und Gestagen. Bei hysterektomierten Frauen genügt eine reine Östrogenbehandlung. «Für einen zusätzlichen Nutzen darf aber ein Gestagen dazugegeben werden», so die Expertin.
Anwendung und Dosierung der HRT
Eine HRT darf perimenopausal sowie postmenopausal in den ersten zehn Jahren nach der letzten Blutung bis zum Alter von 60 Jahren gestartet werden. Frauen unter 45 Jahren sollten für einen ausreichenden Knochenschutz von Beginn an und mindestens bis zum Erreichen des durchschnittlichen Menopausen-Alters eine Standardtherapie bekommen. Bei über 45-Jährigen soll der Start der HRT auch mit Blick auf mögliche Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen und Brustpannen immer niedrig dosiert erfolgen.
«In der Perimenopause lassen sich allein mit Gestagen schon gute Effekte erzielen», sagte Dr. Grubhofer. Gibt man das Gestagen in der zweiten Zyklushälfte, verringert sich das Risiko für Zwischenblutungen. Den gleichen Effekt hat eine Kombinationstherapie, wenn das Gestagen perimenopausal und in den ersten beiden Jahren nach der Menopause sequenziell und erst anschliessend kontinuierlich verschrieben wird.
Mikronisiertes Progesteron wirkt zusätzlich sedierend und bringt bei Schlafstörungen einen weiteren Benefit. Norethisteronacetat wirkt noch stabilisierender bei Blutungsstörungen. «Gestagen sollte bei erhaltener Gebärmutter nie transdermal gegeben werden, da dies keinen ausreichenden Endometriumschutz bringt», betonte Dr. Grubhofer.
Transdermales Estradiol: Vorteile und Empfehlungen
Transdermales Estradiol hat im Vergleich zur oralen Einnahme den Vorteil, dass es das Thrombose- und Schlaganfallrisiko nicht signifikant erhöht. «Spätestens ab 60 Jahren sollten aber alle Frauen nur noch transdermal Östrogene bekommen», erklärte die Referentin. Das Brustkrebsrisiko ist unter einer kombinierten HRT, aber nicht unter Östrogen-Monotherapie, erhöht (um zwei bis drei zusätzliche Fälle pro 1.000 Frauen in fünf Jahren). Der Einfluss auf das Ovarialkarzinom-Risiko ist unklar.
Eine HRT bringt auch einigen Zusatznutzen. Günstige Effekte bestehen laut Dr. Grubhofer etwa für die Knochen-, Herz-, Hirngesundheit, für das Diabetes-Risiko und die Mortalität. In der Perimenopause wirkt eine Östrogentherapie bei einer Depression ähnlich effektiv wie Antidepressiva. Sie ist für diese Indikation aber nicht zugelassen.
Behandlung spezifischer Symptome: Scheidentrockenheit und Libidostörungen
Leidet die Patientin isoliert unter vaginaler Trockenheit, genügt eine Dauertherapie mit vaginalem Östrogen (Estriol). Bei Libidostörungen kann off label Testosteron gegeben werden (zunächst versuchsweise für drei Monate). Dazu muss ein Magistralrezept für mikronisiertes Testosteron auf Liposomenbasis ausgestellt werden.
«Eine Limitation punkto Einnahmedauer besteht für die HRT nicht, sofern keine Kontraindikationen während der Behandlung auftreten», führte Dr. Grubhofer aus, dennoch sollte die Indikation ab einer Einnahmedauer von fünf Jahren regelmässig überprüft werden. Kontraindikationen sind hormonabhängige Tumoren, Vaskulopathien und schwere Hepatopathie. Bei Thrombophilie ist ausserdem eine orale Östrogentherapie kontraindiziert.
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