Medical Tribune
13. Apr. 2024Was alte Knochen bröseln lässt und was sie stärkt

Postmenopausale Osteoporose gut behandeln

Frauen ab 65 Jahren sollten auf ihre Knochendichte achten. Ein T-Wert kleiner als -2,5 oder eine Fragilitätsfraktur weisen dabei auf eine postmenopausale Osteoporose hin. Vier Medikamente stehen dann zur Auswahl, um das Frakturrisiko der Patientinnen zu senken. Sie werden je nach Ausgangsrisiko angewendet.

Schenkelhals mit Fragilitätsfraktur
Science Photo Library/ Pasieka, Alfred
Ein erhöhtes Risiko für eine Fragilitätsfraktur am Schenkelhals besteht bei einem T-Wert unter -2,5 bei der DXA-Messung.

Etwa die Hälfte der Frauen mit postmenopausaler Osteoporose erleidet eine Fragilitätsfraktur, häufig an Wirbelsäule, Hüfte, Handgelenk, Humerus oder Becken. Eine Hüftfraktur verdoppelt das Sterberisiko im ersten Jahr danach, warnen die Endokrinologinnen Dr. Elizabeth Shane und Dr. Marcella Donovan Walker in einer neuen Übersichtsarbeit im New England Journal of Medicine.

Eine Knochendichtemessung mittels DXA (Dual energy X-ray absorptiometry) sollte bei Frauen ab 65 Jahren erfolgen – bei erhöhtem Osteoporoserisiko auch früher.

Wer könnte betroffen sein?

Zu den Risikofaktoren für postmenopausale Osteoporose zählen:

  • höheres Alter
  • niedriges Körpergewicht (< 58 kg)
  • Frakturen im Erwachsenenalter
  • Hüftfrakturen der Eltern
  • Therapie mit Glukokortikoiden (> 5 mg Prednisolonäquivalent/d länger als drei Monate)
  • Medikamente, die das Osteoporoserisiko erhöhen
  • Rauchen
  • exzessiver Alkoholkonsum und
  • Auslöser sekundärer Osteoporose (z.B. Diabetes mellitus, HIV, Organtransplantationen).

Eine Therapie benötigen Patientinnen mit:

  • Fragilitätsfrakturen (insbesondere der Hüfte und Wirbelsäule), unabhängig von der Knochendichte
  • T-Werten unter -2,5 in LWS, Hüfte oder Schenkelhals, sowie
  • einem hohen Zehn-Jahres-Frakturrisiko gemäss FRAX-Algorithmus (≥ 3 % Risiko für Hüftfrakturen oder ≥ 20 % osteoporosebedingtes Frakturrisiko)

Ein hohes Risiko haben dabei Frauen, die die Mindestkriterien erfüllen. Ein sehr hohes Risiko liegt vor bei T-Werten unter -3,0, bzw. bei T-Werten unter -2,5 plus Fragilitätsfraktur oder mehreren Wirbelfrakturen. Nach dieser Einteilung richtet sich die Therapie.

Therapie der postmenopausalen Osteoporose

Zu den wichtigsten Lifestyle-Massnahmen zählen

  • Krafttraining,
  • Sturzprophylaxe,
  • Rauchstopp und die
  • Vermeidung von exzessivem Alkoholkonsum.

Die Empfehlung in den meisten Leitlinien lautet, täglich 1.000–1.200 mg Kalzium und 400–1.000 IU Vitamin D mit der Nahrung aufzunehmen. Die Verwendung von Kalzium und Vitamin D als Supplemente ist jedoch umstritten, da bisher keine klare Evidenz für eine Senkung des Frakturrisikos vorliegt.

Bisphosphonate

Bisphosphonate sind oft die erste Wahl für Frauen mit postmenopausaler Osteoporose und hohem Frakturrisiko. Diese Wirkstoffgruppe wirkt antiresorptiv, ist effizient, sicher, gut anwendbar (oral und intravenös) und kostengünstig. Bisphosphonate wirken auch über den Einnahmezeitraum hinaus und senken das Risiko für Wirbel- und Hüftfrakturen sowie Nicht-Wirbelfrakturen (Ausnahme: Ibandronat).

Das Risiko für Kiefernekrosen und atypische Femurfrakturen wird bei dieser Gruppe als niedrig eingeschätzt. Therapiepausen können das Risiko für atypische Femurfrakturen unter Bisphosphonat-Therapie möglicherweise senken.

Denosumab

Denosumab ist eine Alternative für Frauen mit hohem Risiko. Es wird alle sechs Monate subkutan verabreicht. Der antiresorptiv wirkende Antikörper führte in Studien zu höherer Knochendichte als Bisphosphonate, jedoch ist die Evidenz für eine Senkung des Frakturrisikos begrenzt.

Im Vergleich zu Placebo reduzierte Denosumab das Frakturrisiko für Wirbelsäule, Hüfte und Nicht-Wirbelfrakturen. Beim Absetzen kann es zu schnellem Knochenabbau mit hohem Frakturrisiko kommen, daher sollte es kontinuierlich angewendet oder durch Bisphosphonate ersetzt werden.

Romosozumab

Romosozumab ist in den meisten Leitlinien die bevorzugte Erstlinientherapie bei sehr hohem Risiko. Der dual osteoanabol und antiresorptiv wirksame Antikörper wird monatlich subkutan verabreicht und die Therapie ist auf ein Jahr begrenzt.

Nachfolgend ist eine Behandlung mit Bisphosphonaten oder Denosumab erforderlich. Die FRAME-Studie zeigte einen Rückgang des Frakturrisikos (vertebral und nichtvertebral) nach zwölf Monaten im Vergleich zu Placebo. Einschränkungen gelten im ersten Jahr nach einem Myokardinfarkt oder Schlaganfall aufgrund möglicher kardiovaskulärer Zwischenfälle.

Rekombinantes Parathormon

Teriparatid oder Abaloparatid sind bei Frauen mit sehr hohem Frakturrisiko indiziert. Diese osteoanabolen Substanzen werden täglich injiziert und reduzieren das Risiko für Wirbel- und Nicht-Wirbelfrakturen. Um den osteoanabolen Effekt aufrechtzuerhalten, sollte eine antiresorptive Therapie folgen. Langzeitergebnisse stehen noch aus und ein Hinweis auf ein erhöhtes Osteosarkomrisiko beschränkt die Anwendung. Die Autorinnen empfehlen einen längeren Einsatz nur unter strenger Indikationsstellung und nicht bei erhöhtem Osteosarkomrisiko.

Regelmässige Reevaluationen von Nutzen und Risiko sind für alle genannten Substanzen empfohlen, ebenso wie eine Verlaufs-DXA ein bis zwei Jahre nach Therapiebeginn, um ein mögliches Therapieversagen zu erkennen.

Kasuistik: Ältere Patientin mit multiplen Frakturen

Eine 69 Jahre alte Frau kommt zur Besprechung ihrer ersten DXA-Befunde. Die T-Werte sind -2,6 in der LWS und -2,3 in der Hüfte. Vor 18 Monaten stürzte sie beim Gehen und zog sich dabei eine Humerusfraktur zu. Sie war 5 cm kleiner geworden und hatte eine thorakale Kyphose. Eine Bildgebung der Wirbelsäule zeigte zwei Wirbelfrakturen.

Zum Fallbeispiel kommentieren die Autorinnen: Die Humerusfraktur wurde damals offenbar nicht als Zeichen einer Osteoporose erkannt. Die multiplen Fragilitätsfrakturen sprechen für ein sehr hohes Frakturrisiko. Es sollte eine Therapie mit rekombinantem Parathormon oder Romosozumab begonnen werden. Die Expertinnen empfehlen, anschliessend Denosumab (mit möglicherweise grösserem Effekt auf die Knochendichte) oder ein Bisphosphonat zu geben. Eine DXA-Verlaufskontrolle ist nach ein bis zwei Jahren zu empfehlen.