Fieber, Blutungen, Impfen in der Schwangerschaft?
Die meisten Frauen kümmern sich während einer Schwangerschaft sehr gut um ihre Gesundheit, sagt Dr. Leila Sultan-Beyer, Chefärztin der Klinik für Geburtshilfe am Kantonsspital Winterthur. Die Expertin fasst zusammen, welche Beschwerden in dieser Zeit abgeklärt werden sollten und welche Impfungen bei Schwangeren wichtig sind.
«In der Schwangerschaft wollen die meisten Frauen gesund leben und alles für eine gute Schwangerschaft tun» berichtet Dr. Sultan-Beyer.
Blutungen und Fieber in der Schwangerschaft: Immer abklären
Nicht immer ist eine leichte Blutung in der Schwangerschaft ein Notfall. In der Frühschwangerschaft tritt etwa bei bis zu einem Viertel der Frauen eine physiologische Blutung auf – die Einnistungsblutung (Nidationsblutung, Implantationsblutung), die meist zwischen dem fünften und zwölften Tag nach der Befruchtung stattfindet.
Blutungen aus anderen Gründen können im ersten Trimenon jedoch teils auch schwer ausfallen, so Dr. Sultan-Beyer. Darum sollte man diese immer vom Arzt abklären lassen. «Am Kantonsspital Winterthur bieten wir an, dass Schwangere ihre Symptome jederzeit einer Hebamme oder einem Arzt beschreiben können. Je nach individuellem Risikoprofil der Patientinnen lässt sich dann entscheiden, ob man die Frauen vor Ort untersuchen muss oder nicht.» Aussitzen solle man eine Blutung aber keinesfalls.
«Frauen, die spüren, dass ihr Bauch zieht oder unruhig ist, sollten sich etwas zurückzunehmen und gut auf den eigenen Körper zu hören», sagt Dr. Leila Sultan-Beyer, Kantonsspital Winterthur. «Wenn man das Gefühl hat, etwas stimmt nicht, sollte man sich aber beim Arzt vorstellen.»
Tritt – vor allem hohes – Fieber auf, sollte ebenfalls ärztliche Rückmeldung eingeholt werden, so Dr. Sultan-Beyer. Das gilt allem dann, wenn dieses über 24 Stunden andauert und nach der Einnahme von Paracetamol nicht sinkt..
Bei starken Gewichtszunahmen reagieren
Verkannt wird für die Expertin das Problem zu starker Gewichtszunahmen während der Schwangerschaft. Denn diese haben eine enorme Bedeutung für das lebenslange kardiovaskuläre Risiko der Schwangeren.
Dr. Sultan-Beyer zufolge reicht es also nicht aus, das Gewicht in der Schwangerschaft lediglich zu dokumentieren. «Aus den Gewichtsmessungen in der Schwangerschaftsvorsorge sollte man auch Konsequenzen ziehen.» Je nach Situation sollte dann etwa eine Ernährungsberatung erwogen werden, und auch eine mögliche Glucosetoleranzstörung als Ursache der übermässigen Gewichtszunahme sollte abgeklärt werden.
Welche Impfungen in der Schwangerschaft wichtig sind
Impfungen, die in der Schwangerschaft vorgenommen werden sollten, schützen sowohl die werdende Mutter als auch das Neugeborene in den ersten Lebensmonaten, erinnert die Expertin. Davon sind aktuell drei besonders zu empfehlen.
Varizella-zoster-Impfung
«Idealerweise sollten Frauen ihre Varizella-zoster-Serologie abklären lassen, bevor sie eine Schwangerschaft anstreben» so Dr. Sultan-Beyer. So kann überprüft werden, ob sie bereits eine Windpockenerkrankung durchgemacht oder eine Impfung gegen das Varizella-zoster-Virus (VZV) erhalten haben.
Bei (potenziell) seronegativen Frauen sollte vor der Schwangerschaft eine VZV-Impfung vorgenommen werden, die zweimal im Abstand von einem Monat verabreicht wird. Denn eine Varizellen-Infektion in der Schwangerschaft ist begleitet von einem erhöhten Komplikationsrisiko für die Mutter und das Ungeborene.
Influenza-Impfung
Zu den Impfungen, die während der Schwangerschaft vorgenommen werden sollten, gehört die Impfung gegen Influenza während der Grippesaison. Findet eine Influenza-Infektion während der Schwangerschaft statt, besteht ein erhöhtes Risiko für einen schweren Infektionsverlauf bei der Mutter, was mit Frühgeburtlichkeit und intrauteriner Wachstumsretardierung verbunden ist. Die Influenza-Impfung wird daher von der SGGG und dem BAG empfohlen und sollte idealerweise vor Ausbruch der Grippeepidemie in den Monaten Oktober bis Dezember verabreicht werden. Möglich ist die Impfung bereits ab dem ersten Trimenon (1).
Pertussis-Impfung
Auch die Vakzine gegen Pertussis (Keuchhusten) wird während der Schwangerschaft verabreicht. «Lässt die Mutter sich während der Schwangerschaft impfen, profitiert das Kind enorm davon», erklärt Dr. Sultan-Beyer.
Denn Erwachsene haben zwar selten schwere Pertussis-Erkrankungen; diese sind aber die häufigste Infektionsquelle für Säuglinge und Kleinkinder. Für Letztere kann eine Pertussis-Infektion hingegen schwer verlaufen – besonders in den ersten fünf Lebensmonaten müssen mehr als 50 Prozent der infizierten Säuglinge deswegen hospitalisiert werden (1).
Der Schweizer Impfplan sieht bei Säuglingen zwei Dosen bis zum Alter von vier Lebensmonaten vor. Einen eigenen Impfschutz haben Säuglinge daher erst frühestens Ende des vierten Lebensmonats. Wurde die Mutter in der Schwangerschaft gegen Pertussis geimpft, haben die Kinder einen mit 90 Prozent sehr wirksamen Schutz während den ersten Lebensmonaten. Der optimale Zeitpunkt für die Pertussis-Impfung ist das späte zweite Trimenon. Dabei sollte auch in weiteren Schwangerschaften wieder neu geimpft werden, damit der Fötus genügend Antikörper erhält.
Wie viel kosten die Impfungen?
Sowohl die Influenza- als auch die Pertussis-Impfung haben in Studien eine sehr hohe Sicherheit für Mutter und Kind gezeigt. Das gilt auch für Frauen mit Kinderwunsch, die sich eine VZV-Impfung verabreichen lassen. Die Kosten für alle drei Vakzine werden in der Schweiz von der obligatorischen Grundversicherung übernommen.
Bald könnte es eine Schwangeren-Impfung gegen RSV geben
Derzeit befindet sich eine Impfung gegen das Respiratory Syncytial Virus (RSV) für Schwangere im Zulassungsprozess. Durch diese erhofft man sich weniger schwere RSV-Verläufe bei Säuglingen, die vor allem im letzten Jahr die Kinderspitäler stark beschäftigten.
Die Zulassungsstudie für die neue RSV-Vakzine konnte zeigen, dass die Säuglinge von Müttern, die im zweiten Trimenon die Impfung erhalten hatten, ein um rund 50 Prozent geringeres Risiko für eine RSV-assoziierte untere Atemwegsinfektion hatten. 70 bis 80 Prozent der Kinder von geimpften Müttern waren zudem vor einem schweren Verlauf geschützt.
- Sultan-Beyer L, Ochsenbein-Kölble N. Impfen in der Schwangerschaft Ein Update für die gynäkologisch-geburtshilfliche Praxis. Ars Medici Dossier Gynäkologie, 2022