Keuchhusten: «Bedroht sind vor allem kleine Säuglinge»
In Europa steigen die Fälle von Keuchhusten etwa alle vier bis fünf Jahre wellenartig an. Auch 2024 beobachtete man einen solchen Anstieg. Kritisch ist die Erkrankung vor allem für sehr junge Säuglinge. Professor Dr. Christoph Berger, Universitäts-Kinderspital Zürich, fasst das Wichtigste für die Praxis zusammen.
Keuchhusten (Pertussis) war ursprünglich eine weitverbreitete Kinderkrankheit, berichtet Prof. Dr. Christoph Berger, stellvertretender Direktor der medizinischen Klinik und Chefarzt am Universitäts-Kinderspital Zürich (1).
Mit der Einführung der Pertussis-Impfung in den 1950er Jahren sanken sowohl die Krankheitsfälle als auch die Todesfälle.
Reservoir bei jungen Erwachsenen, Hospitalisationen bei Säuglingen
«Früher, vor Einführung der Impfung, erkrankten die meisten Menschen im Kindesalter an Keuchhusten. Erwachsene – noch zum Teil geschützt – frischten durch wiederholte Expositionen ihre Immunität auf, und Mütter gaben ihre Antikörper an Säuglinge weiter, die dadurch geschützt waren», erklärt Prof. Berger. Seit Einführung der Pertussis-Impfung im ersten Lebensjahr sind Kleinkinder weitgehend, geschützt die Keuchhustenfälle gingen stark zurück .
Die meisten Fälle von Pertussis treten daher heute bei jungen Erwachsenen auf, die ihre Impf-Immunität verloren haben, sowie bei Säuglingen, die noch nicht geimpft werden und schwer erkranken können.
Daten der Swiss Paediatric Surveillance Unit (SPSU) bestätigen dies: Die Pertussis-Inzidenz ist unter den Kindern am höchsten bei Säuglingen im ersten Lebensjahr. 60 bis 89 Prozent der Hospitalisationen betreffen Säuglinge unter sechs Monaten. In dieser Altersgruppe treten auch die meisten (wenn auch seltenen) Todesfälle auf.
Antibiotika unterbrechen die Übertragungsfähigkeit
Das Bakterium Bordetella pertussis, der Erreger des Keuchhustens, wird durch Tröpfcheninfektion übertragen und ist fast so ansteckend wie die Masern.
Die Inkubationszeit beträgt im Durchschnitt ein bis zwei Wochen, kann jedoch bis zu 28 Tage dauern. Ein Erkrankter kann andere ab dem Auftreten der Atemwegssymptome etwa drei Wochen lang anstecken. Eine Antibiotikatherapie unterbricht die Übertragungsfähigkeit jedoch innerhalb von fünf Tagen.
Zur Diagnose von Keuchhusten wird heute vorwiegend die PCR (Nasopharyngeal-Sekret/Abstrich) verwendet; später kann auch eine Serologie hinzugezogen werden. Eine ausgeprägte Lymphozytose kann ebenfalls auf eine Infektion hinweisen.
Krankheitsverlauf und Symptomatik des Keuchhusten
Keuchhusten verläuft klassischerweise in drei Phasen meist ohne Fieber:
- Katarrhalische Phase (1-2 Wochen): milde Symptome wie Husten und Schnupfen.
- Paroxysmale Phase (3-6 Wochen): heftige Hustenanfälle, Zyanose, Erbrechen und eine Verschlimmerung des Hustens in der Nacht.
- Konvaleszenzphase: langsame Abnahme der Symptomatik. Die Genesung kann bis zu 12 Wochen dauern.
Die Symptome variieren je nach Alter:
- Säuglinge haben häufiger Apnoe und machen Atempausen, die zur Hospitalisierung führen können.
- Kleinkinder entwickeln dagegen öfter den typischen anfallsartigen (paroxysmalen) Keuchhusten.
- Bei Erwachsenen äussert sich Keuchhusten meist durch langanhaltenden, unproduktiven Husten ohne Fieber, oft begleitet von starkem Schwitzen zwischen den Hustenanfällen.
«Antibiotika lindern die Symptome zwar nicht sofort, beschleunigen jedoch die Genesung und unterbrechen die Ansteckungsfähigkeit», berichtet Prof. Berger. Er hält den Antibiotika-Einsatz daher auch bei Erwachsenen für gerechtfertigt.
Pertussis-Prävention durch gezielte Impfung und Massnahmen
Der Schutz durch die Pertussis-Impfung oder durch eine durchgemachte Erkrankung ist zeitlich begrenzt, erinnert der Experte. Hauptziel der Impfung sei es, insbesondere kleine Säuglinge vor einer Infektion mit Keuchhusten zu schützen.
Die Standardimpfung erfolgt laut Schweizer Impfplan in den ersten Lebensjahren (DTPa-IPV mit 2, 4, 12 Monaten und 4-7 Jahren).
Zusätzlich erhalten Jugendliche im Alter von elf bis 14 Jahren einen Booster. Bei Erwachsenen sollten insbesondere Kontaktpersonen von Säuglingen unter sechs Monaten alle 10 Jahre geimpft werden. Zudem sollten Frauen in jeder Schwangerschaft eine Impfung erhalten, um Neugeborenen einen Nestschutz zu ermöglichen, der sie ab Geburt vor Keuchhusten schützt.
In Betreuungseinrichtungen für Säuglinge unter sechs Monaten gibt es zudem spezielle Massnahmen zur Pertussis-Prävention. So dürfen erkrankte Kinder und Personal die Einrichtung üblicherweise bis zum sechsten Tag nach Beginn der Antibiotika-Therapie oder bis 22 Tage nach Hustenbeginn nicht betreten.
Für nicht vollständig geimpfte Säuglinge und ungeimpfte Kontaktpersonen wird zudem eine postexpositionelle Chemoprophylaxe empfohlen.
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1 Berger C. Keuchhusten. FomF WebUp Pädiatrie, 27. Juni 2024