Medical Tribune
30. Nov. 2023Was es bei Immunsupprimierten zu beachten gilt

Impfempfehlungen für Erwachsene: Was es neu zu beachten gilt

Der aktuelle Impfplan vom Bundesamt für Gesundheit enthält Neuerungen. PD Dr. Christoph Berger, Universitätsspital Basel, erläutert die wichtigsten Änderungen zu den Basis- und den ergänzenden Impfempfehlungen für Erwachsene.

Der Schweizer Impfplan enthält neue Impfempfehlungen für Erwachsene.
ursule/stock.adobe.com

Für alle Erwachsenen relevant sind die Basisimpfungen. «Jeder sollte sie haben, auch wenn er nicht immunsupprimiert ist und keine rheumatische Erkrankung hat», betont PD Dr. Christoph Berger, Leiter Impfsprechstunde Universitätsspital Basel (1).

Impfempfehlungen für Pertussis, Tetanus und Diphterie

Seit Januar 2023 steht gegen Masern, Mumps, Röteln (MMR) und Varizellen auch ein quadrivalenter Impfstoff zur Verfügung. «Gegen Varizellen sollten alle geimpft werden, die bis 39 Jahre keine Varizelleninfektion durchgemacht haben, da die Krankheit schwer verlaufen kann. Kontraindiziert sind die Lebendimpfstoffe bei Immunsupprimierten», so der Experte.

Hinsichtlich der Impfung gegen Tetanus und Diphterie (mit und ohne Polio) werden erneut längere Intervalle für die Auffrischimpfungen empfohlen. Danach ist der Impfschutz bei Grundimmunisierten im Alter von 25, 45, 65 Jahren und danach alle zehn Jahre zu erneuern.

Keuchhusten kann bei kleinen Kindern zu sehr schweren Verläufen führen. Zum Schutz der Kinder gilt deshalb die Empfehlung, alle Schwangeren und alle Erwachsenen mit engem Kontakt zu Neugeborenen (z.B. Grosseltern und Väter) gegen Pertussis zu impfen. Eine breite Empfehlung gibt es mittlerweile für die FSME-Impfung.

Zoster-Impfung schützt auch vor Komplikationen

Seit 2022 ist ein neuer Impfstoff zur Prävention eines Herpes Zoster zugelassen. Er schützt vor der Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus (VZV) und auch vor Komplikationen, wie die postherpetische Neuralgie oder dem Herpes ophthalmicus, der zur Erblindung führen kann.

Nach einer VZV-Infektion persistiert das Virus oft jahrzehntelang in den Nervenwurzeln. In dieser latenten Phase wird es durch T-Zellen kontrolliert. «Auch Personen, die VZV-Antikörper haben, müssen geimpft werden», betont Dr. Berger. Denn die Varizellen-Antikörper können Viren nur extrazellulär abfangen. Sitzt das Virus aber schon in der Zelle, kommen die Antikörper nicht mehr an es heran.

Risikofaktoren für einen Herpes Zoster und für Komplikationen sind das Alter, Immunsuppression und chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Asthma. Bei niedrig dosierter Immunsuppression ist das Risiko nur gering höher als bei Gesunden, mit einem TNF-Hemmer ist es deutlich erhöht und mit einem JAK-Inhibitor nimmt es sprunghaft zu. «Eine Zoster-Impfung sollten daher alle Patienten erhalten, die mit einem JAK-Inhibitor behandelt sind», erklärt PD Dr. Berger.

Die Impfung (zwei Dosen) erfolgt ausschliesslich mit dem rekombinanten adjuvantierten Impfstoff (Shingrix). Der Totimpfstoff wirkt besser und länger als der Lebendimpfstoff. Er schützt auch vor Komplikationen, ist gut verträglich und ist selbst für Immunsupprimierte zugelassen. Empfohlen ist die Zoster-Impfung für alle Personen ab 65 Jahre (Ergänzungsimpfung), ab 50 Jahre für Risikopatienten (z.B. Herpes Zoster in der Vorgeschichte, andere Krankheiten) und ab 18 Jahren für Personen mit einem sehr hohen Risiko (Transplantation, Therapie mit JAK-Inhibitoren).

Impfempfehlungen zum Schutz vor Pneumokokken und Influenza

Alter und Immunsuppression sind auch die Hauptrisikofaktoren für Pneumokokken-Infektionen. Wegen der besseren Wirksamkeit sind in der Schweiz nur die Konjugatimpfstoffe empfohlen (Prevenar-13, Vaxneuvance). Im nächsten Jahr wird die Zulassung eines Impfstoffs mit breiterer Abdeckung erwartet. Die Krankenkassen bezahlen die Impfung für Kinder bis 5 Jahre und neu auch für über 65-Jährige mit Risikofaktoren.

Für Personen zwischen 11 und 24 Jahren ist eine neue Meningokokken-Vakzine gegen den Serotyp B in einem Setting mit Ausbrüchen (z.B. Schullager, Militärdienst, Universitäten) zugelassen. Geimpft werden sollten laut dem Referenten auch Risikopatienten (z.B. mit Komplementdefizienz, Asplenie, unter Eculizumab, vor Pilgerreisen nach Mekka oder in andere Risikogebiete).

Gegen die Influenza gibt es neu einen Hochdosis-Impfstoff, der viermal mehr Antigen enthält als der Normaldosisimpfstoff. «Insbesondere Ältere und Immungeschwächte können mit diesem Vakzin einen leicht besseren Schutz aufbauen», so der Referent.