Medical Tribune
3. Juni 2024Die Erschöpfung am Schopf packen

Mit Biologika gegen rheumaassoziierte Fatigue

Die Fatigue ist eines der schwerwiegendsten Symptome bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Gelindert werden kann sie durch antiinflammatorische Wirkstoffe. Eine aktuelle Metaanalyse hat untersucht, wie gut die unterschiedlichen Therapeutika dabei wirksam sind.

Bei vielen rheumatischen Erkrankungen können Biologika auch die Fatigue bekämpfen.
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Entzündlich-rheumatische und muskuloskelettale Erkrankungen beeinträchtigen Patienten nicht nur durch Schmerzen und Funktionseinschränkungen, sondern auch durch Fatigue, eines der häufigsten zusätzlichen Symptome.

Die Bedeutung der Fatigue ist so gross, dass Autoren eines internationalen Konsensuspapiers jetzt vorschlagen, sie in allen zukünftigen Studien zur rheumatoiden Arthritis (RA) als zentralen Outcome-Parameter zu berücksichtigen (1).

Welche Wirkstoffe reduzieren die Fatigue?

Trotz ihrer Bedeutung ist das Management der Fatigue unbefriedigend. Das liegt zum einen an der Komplexität des Symptoms – die Fatigue variiert nicht nur von Patient zu Patient, auch der Verlauf unterscheidet sich intraindividuell. Zum anderen fehlen Belege für die Effektivität der verschiedenen Behandlungsoptionen.

Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass die pharmakologische antiinflammatorische Therapie die chronische Erschöpfung der Patienten lindern kann, obwohl die Datenlage bisher unklar war. Das multinationale Expertenteam im Auftrag der EULAR hat systematisch die Literatur durchsucht und die vorhandenen Daten analysiert, um herauszufinden, welche pharmakologischen Interventionen die Fatigue reduzieren und ob sie sicher sind.

Fast 4.000 Studien wurden gescreent und 99 Studien im Review der Experten berücksichtigt. Voraussetzung für den Einschluss war, dass die Fatigue zu den Outcome-Parametern gehörte und über einen standardisierten Score erfasst worden war. Am häufigsten kam dafür der FACIT-F zum Einsatz.

Ausserdem mussten die Patienten erwachsen sein, eine gesicherte Rheumadiagnose aufweisen und eine medikamentöse antirheumatische Therapie erhalten. Bei den untersuchten Wirkstoffen handelte es sich in den meisten Fällen um Biologika. In fast allen Studien (95 %) war der Komparator Placebo, nur in fünf war gegen eine Standardtherapie getestet worden.

Dosis-Wirkungs-Effekt bei RA für Sarilumab, Tocilizumab und Tofacitinib

In die Metaanalyse flossen schliesslich 19 randomisierte und kontrollierte Studien ein, darunter 13 zur rheumatoiden Arthritis, eine zur Psoriasis-Arthritis (PsA) und drei zu axialen Spondyloarthritis (SpA).

Die Wissenschaftler berechneten die Effektgrössen als mittlere Differenz der Fatigue-Level im Vergleich zu Placebo.

Bei RA-Patienten reduzierten alle untersuchten Wirkstoffe die Fatigue signifikant im Vergleich zu Placebo. Positive Effekten zeigten in der Metaanalyse:

  • Adalimumab,
  • Golimumab,
  • Baricitinib,
  • Sarilumab,
  • Tocilizumab und
  • Tofacitinib

Eine Subgruppenanalyse der RA-Studien ergab einen Dosis-Wirkungs-Effekt für Sarilumab, Tocilizumab und Tofacitinib.

Welche Wirkstoffe bei SpA, PsA, SLE und dem Sjögren-Syndrom wirksam waren

Bei der SpA erwies sich Secukinumab als überlegen gegenüber Placebo, ebenfalls mit einer Dosis-Wirkungs-Beziehung. Etanercept zeigte hingegen keine signifikanten Verbesserungen der Fatigue.

In der einzigen eingeflossenen PsA-Studie war auch Adalimumab gegen die Fatigue nicht wirksam.

Andere Studien, die nicht in die Metaanalyse einbezogen wurden (siehe Kasten), deuteten darauf hin, dass auch Wirkstoffe wie Rituximab und Filgotinib bei der RA, Abatacept und Belimumab unter anderem beim SLE, sowie Infliximab und Upadacitinib unter anderem bei der PsA die Fatigue lindern können.

Beim Sjögren-Syndrom zeigten dagegen etliche Substanzen hinsichtlich der Fatigue keinen Unterschied gegenüber Placebo. Studien gab es z.B. zu Infliximab, Gammalinolensäure, Interleukin-1-Rezeptorantagonisten und Hydroxychloroquin (das auch beim SLE keine Wirkung auf die Fatigue hatte).

Die meisten Medikamente wurden gut vertragen und führten nicht häufiger zu unerwünschten Wirkungen als Placebo. Neue Sicherheitssignale traten nicht auf.

Anzahl der in das Review eingeflossenen Studien (ohne Metaanalyse)

  • Rheumatoide Arthritis: 50
  • Spondyloarthritis: 13
  • Sjögren-Syndrom: 15
  • Psoriasisarthritis: 10
  • systemische Sklerose: 1
  • systemischer Lupus erythematodes: 8
  • idiopathische inflammatorische Myopathien: 1
  • Riesenzellarteriitis: 1

Wissen um Fatigue kann Adhärenz verbessern

Die Behandlung der Inflammation kann die Fatigue bei einigen rheumatischen Erkrankungen verbessern, so das Fazit der Autoren. Sie empfehlen, diese Informationen an die Patienten weiterzugeben, um die Adhärenz zu stärken.

Noch wenig Wissen gibt es über die Auswirkungen von Antirheumatika auf die Fatigue bei Riesenzellarteriitis, systemischer Sklerose und idiopathischen inflammatorischen Myopathien.

Die Autoren schlagen vor, in zukünftigen Studien zu diesen Erkrankungen auch die Wirkung der Therapeutika auf die Fatigue als Outcome-Parameter zu untersuchen.