Autofahren und Telefonieren – Wie multitaskingfähig sind wir?
,,Ich liebe Dich auch und ich möchte alles tun, um Dich glücklich zu machen, Monsieur Fortin" - das waren die letzten getippten Buchstaben, die Emy Brochu im Januar 2012 ihrem Freund per SMS schickte. Danach prallte ihr Auto gegen einen Sattelzug und sie starb.
Die wenigsten wissen, wie gefährlich telefonieren während der Autofahrt, und zwar auch über die extra eingebaute Freisprechanlage, wirklich ist. Denn unser Gehirn ist nur bedingt dazu in der Lage, seine Aufmerksamkeit auf zwei Aufgaben gleichzeitig zu richten.
Steven Yantis, Professor für Hirnforschung und Psychologie an der Johns Hopkins Universität, wollte mehr darüber wissen und untersuchte die Gehirnaktivität seiner Versuchpersonen. Diese wurden gebeten sich schnell verändernde Buchstaben und Zahlen zu beobachten, während ihnen drei unterschiedliche Stimmen per Kopfhörer weitere Buchstaben und Zahlen vorlasen.
Ist unser Gehirn multitaskingfähig?
Herausgekommen ist, dass die menschliche Aufmerksamkeit sehr begrenzt ist. Konzentrierten sich die Probanden auf die visuellen Reize, sank die Aktivität in der fürs Hören zuständigen Gehirnregion erheblich ab. Umgekehrt sank die Aktivität im visuellen Kortex, wenn die sich die Versuchspersonen auf das Hören konzentrierten. ,,Wenn unsere Aufmerksamkeit auf einen Kanal gerichtet ist – beispielsweise das Telefonieren mit dem Handy - geht dies auf Kosten eines anderen Sinneskanals – in diesem Fall die visuelle Leistung des Fahrens’’, erklärt Yantis.
Essen während der Autofahrt dagegen lenkt kaum ab, da das Kleinhirn diese Tätigkeit autonom regelt. Wohingegen Autofahren und Telefonieren beides Aufgaben des Grosshirns sind. Das Gehirn muss hin und her schalten – und das kostet Zeit.
Erhöhte Unfallgefahr durch Handy am Steuer
Gefahr wird oftmals unterschätzt. Jeder zehnte Autounfall lässt sich auf Ablenkung zurückführen. Das gilt fürs Telefonieren, aber auch für anderweitige Tätigkeiten, wie das Navigationsgerät zu bedienen, laut Musik zu hören oder sich zu schminken. Die britische Polizei in Gwent hat sogar ein Abschreckungsvideo veröffentlicht, in dem auf brutale, aber realistische Art und Weise gezeigt wird, was passieren kann, wenn man das Handy während der Fahrt nutzt.
Quelle: scinexx und Serences, J.T., Shomstein, S., Leber, A., Golay, X., Egeth, H., & Yantis, S. (2005). Coordination of voluntary and stimulus-driven attentional control in human cortex. Psychological Science, 16, 114-122.