Medical Tribune
1. Sept. 2024Diabetes durch einzelnen Gendefekt?

Was hinter dem MODY-Diabetes steckt

Hinter einem MODY-Diabetes verbergen sich seltene monogene Erkrankungen, die oft unerkannt bleiben oder falsch behandelt werden. Welche genetischen Tests sind sinnvoll?

Hinter einem MODY-Diabetes können viele verschiedene Einzelmutationen stecken.
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Bislang sind 14 unterschiedliche MODY-Varianten bekannt, die auf einzelne Genmutationen zurückgehen.

Der Name MODY (Maturity-onset diabetes of the young) stammt aus der Zeit, als man ihn für eine früh auftretende Form des Typ-2-Diabetes hielt. Heute kennt man viele genetische Defekte, die zu monogenetischem Diabetes (MD) führen.

Von 1.000 Diabetespatienten haben etwa ein bis zwei einen MODY, erklärte Professor Dr. Robert Wagner vom Universitätsklinikum Düsseldorf (1). Bei den unter 30-Jährigen mit Diabetes ist die Prävalenz deutlich höher. Man sollte immer an MODY denken bei neonatalem Diabetes, positiver Familienanamnese und bei Diabetes, der weder die typischen Merkmale des Typ-1- noch des Typ-2-Diabetes zeigt. Online-Rechner wie der von der Universität von Exeter helfen, die Wahrscheinlichkeit für einen MODY abzuschätzen.

Die wichtigsten Gendefekte bei MODY-Diabetes

Obwohl inzwischen 15 Gendefekte bekannt sind, sollte man sich bei der genetischen Diagnostik zunächst auf die wichtigsten konzentrieren:

GCK (MODY 2)

Beim MODY 2 ist das Glukokinase-Gen GCK von Mutationen betroffen. Die Glukokinase dient als Glukosesensor in den Betazellen. Die Insulinsekretion beim MODY 2 ist leicht reduziert, was zu einer milden Hyperglykämie im Nüchternzustand führt. Diese harmlose Veränderung verursacht keine Spätkomplikationen, eine Therapie ist nicht nötig.

HNF1A (MODY 3)

Die Rolle des hepatischen Transkriptionsfaktors HNF1A bei der Betazellentwicklung ist noch nicht vollständig geklärt. Da auch die Transkription von SGLT2 betroffen ist, haben die Patienten praktisch eine eingebaute Glukosurie. Die Therapie erfolgt mit niedrig dosiertem Sulfonylharnstoff. Trotz niedriger Triglyzerid- und Cholesterinwerte haben die Patienten ein hohes makrovaskuläres Risiko. Zusätzliche kardiovaskuläre Risikofaktoren sollten daher konsequent behandelt werden.

HNF1B (MODY 5)

Der hepatische Transkriptionsfaktor HNF1B reguliert unter anderem die Nierenentwicklung. Menschen mit diesem Gendefekt haben oft zusätzlich eine Tubulopathie, Nierenzysten und eine Pankreashypoplasie. Es handelt sich häufig um eine De-Novo-Mutation, die Familienanamnese ist oft unauffällig.

MIDD (mitochondrial diabetes and deafness)

Diese vierthäufigste monogene Diabetesursache des mitochondrial diabetes and deafness (MIDD) ist gekennzeichnet durch eine mitochondriale Enzephalomyopathie mit Laktatazidose und Schlaganfall-ähnlichen Episoden (MELAS). Etwa 20 Prozent entwickeln einen Diabetes. Wie stark die Symptome ausgeprägt sind, hängt von der Anzahl der betroffenen Mitochondrien ab. Auf den typischen MD-Panels ist diese Form meistens nicht enthalten, daher muss man sie bei Verdacht gesondert anfordern.

KCNJ11/ABCC8

Bei Gain-of-Function-Mutationen kommt es zu einem permanenten oder transienten neonatalen Diabetes oder zu einem MODY13, der ebenfalls mit niedrig dosierten Sulfonylharnstoffen behandelt wird. Eine Loss-of-Function-Mutation führt zu kongenitaler Hyperinsulinämie.

Diagnostisch könne man sich meist auf diese Formen beschränken, sagte Prof. Wagner. Beginnen sollte man mit einer gezielten Next-Generation-Sequenzierung – die teurere und aufwendigere Sanger-Sequenzierung eignet sich eher für einzelne Gene und konkrete Fragestellungen.