Wenn Giemen nicht vom Asthma kommt
Wiederkehrendes Giemen wird bei Kindern oft fälschlicherweise als Asthma-Symptom interpretiert. Ein Kinderpneumologe erklärt, welche anderen Diagnosen dahinterstecken können und wie man ihnen auf die Schliche kommt.
Wenn ein Giemen trotz Inhalationen, Antibiotika und anderen Massnahmen anhält, sollte unabhängig vom Alter des Kindes ein Röntgen-Thorax veranlasst werden, betont Professor Dr. Wolfgang Kamin vom Evangelischen Krankenhaus in Hamm anlässlich seines Vortrages auf der Jahrestagung der Westdeutschen Gesellschaft für Pneumologie.
Ursachensuche des Giemens
Bei rezidivierendem Giemen sollten allerdings auch eine IgE-Bestimmung, Allergietests und eine Lungenfunktionsprüfung durchgeführt werden. Die Lungenfunktionsprüfung kann bereits ab einem Alter von drei bis vier Jahren durchgeführt werden, so die Erfahrung des Referenten. Der Schweisstest hat seit der Einführung des Mukoviszidose-Screenings bei Neugeborenen hingegen an Bedeutung verloren.
Eine kongenitale pulmonale Atemwegsmalformation (CPAM) kann beispielsweise durch eine Röntgenaufnahme erkannt werden. Diese Fehlbildung betrifft in der Regel nur einen Lappen der Lunge und kann operativ behoben werden. Wenn dies frühzeitig geschieht, kann die Lunge nachwachsen, sodass in der Pubertät kaum noch eine reduzierte Lungenfunktion messbar ist.
Ein lobäres Emphysem kann ebenfalls von Geburt an bestehen und nimmt kontinuierlich an Grösse zu, wodurch die gesunde Lunge letztendlich zusammengedrückt wird. Leitsymptome sind Giemen, Tachypnoe und respiratorische Partialinsuffizienz. Auch fehlgebildete Gefässe können die Ursache sein, zum Beispiel ein gedoppelter Aortenbogen.
Eine bronchogene Zyste stellt sich in der Bildgebung als fremdkörperähnliche Beule dar. Sie sitzt in der Regel unterhalb der Bifurkation, gewinnt mit den Jahren an Grösse und drückt schliesslich auf die Trachea. Dies erschwert das Abhusten von Schleim, was zu Retentionspneumonien führen kann. Eine chirurgische Entfernung der Zyste erfolgt bei den Patienten allerdings meist verzögert im Alter von sechs bis zwölf Jahren.
Bei Mykoplasmen oder RSV rasch Steroide geben
Wenn es Hinweise auf Kontakt mit Weide- oder Wildtieren gibt, sollte an eine Echinokokkose als Ursache für das Giemen gedacht werden. Diese Erkrankung tritt insbesondere nach Aufenthalten in Mittelmeerländern und dem Umgang mit Schafen auf und kann oft bereits sonografisch abgeklärt werden.
Ist das Giemen ein Überbleibsel einer Pneumonie, kann es von herrühren. Die Abgrenzung gegenüber einer Atelektase gelingt sonografisch. Ein Schleimpfropf löst sich in der Regel unter der Einnahme von ACC (Acetylcystein) nach kurzer Zeit auf.
Nicht selten sind Pneumonien im Kindesalter auf Mykoplasmen oder RSV zurückzuführen, erläutert Prof. Kamin. Die rasche Gabe von Steroiden ist dann unumgänglich. Ansonsten droht mittelfristig ein Swyer-James-Syndrom (Syndrom der einseitig hellen Lunge) mit Verlust der betroffenen Lungenhälfte.
Hinter dem Giemen kann auch eine Tuberkulose stecken. Anamnestisch ist deshalb nach möglicherweise infizierten Familienmitgliedern zu fragen, mit denen das Kind Kontakt hat/hatte.
Leicht auf einem Röntgenbild zu erkennen sind zudem eingeatmete Fremdkörper. Kinder werden manchmal monatelang mit Inhalationen und Antibiotika behandelt, weil niemand an eine solche Aspiration denkt. Eine frühzeitige Bildgebung kann diese unnötigen Therapien ersparen, betonte Prof. Kamin. Ein Sonderfall sind schwerst retardierte Kinder, bei denen die Atembeschwerden durch chronisches Aspirieren ausgelöst werden können. Als weitere Gründe für persistierendes Giemen nannte der Kollege ausserdem intra- und extralobuläre Sequester – und eine noch nicht diagnostizierte Mukoviszidose.
- Jahrestagung der Westdeutschen Gesellschaft für Pneumologie 2024, 26. Januar 2024 - 27. Januar 2024, Münster