Mamillensekretion: Gutartig oder maligne?
Eine Mamillensekretion tritt bei 80 Prozent aller Frauen im reproduktionsfähigen Alter auf. Die Ursache ist meist benigne. Doch selten kann auch ein Mammakarzinom der Grund sein.
«Die häufigste physiologische Ursache der Mamillensekretion ist die Laktation», sagt Dr. Sara Plavic, Oberärztin Brustzentrum des Luzerner Kantonsspitals. Ausserhalb von Schwangerschaft und Stillzeit können sowohl physiologische als auch pathologische Gründe vorliegen. Zu den physiologischen Ursachen gehören Duktektasien, fibrozystische Veränderungen, aber auch Trauma, OP oder Bestrahlung.
Hinter der Sekretion können aber auch Infektionen und bestimmte Medikamente stecken (s. Kasten). In Frage kommen auch systemische Probleme und Erkrankungen, wie Zyklusstörungen, Hypophysentumore, Niereninsuffizienz, ektope Prolaktin-Produktion, ein M. Cushing oder eine Akromegalie.
Pathologische Sekretion: Die häufigste ist benigne
«Einer pathologischen Sekretion können sowohl benigne wie maligne Befunde zugrunde liegen», erklärt Dr. Plavic. Die häufigste Ursache ist mit 57 Prozent benigne: das Papillom. Ein Mammakarzinom oder eine Vorstufe wie ein DCIS oder eine atypische duktale Hyperplasie (ADH) sind selten. Nur in fünf bis 15 Prozent aller Fälle ist eine Flüssigkeitsabsonderung aus der Brust ein Symptom für Brustkrebs. «Trotzdem muss das Mammakarzinom abgeklärt werden», so die Referentin.
Einen ersten Hinweis, ob es sich um eine physiologische oder pathologische Sekretion handelt, liefert die Patienten- und Familienanamnese. Auch körperliche Untersuchung und Symptome lassen oft schon auf die Art der Ursache schliessen. Um eine eher physiologische Sekretion handelt es sich, wenn Flüssigkeit aus beiden Brüsten und/oder aus mehreren Gängen tritt. Ist sie mehrfarbig, milchig, grau, grün, braun, gelb, zäh oder viskös spricht auch dies für eine physiologische Sekretion. Blutige, seröse oder bernsteinfarbene Flüssigkeit weist hingegen eher auf eine pathologische Sekretion hin.
Erst Sonografie, später eventuell Mammografie
Die Basisdiagnostik beinhaltet primär eine Sonografie. Mit ihr lassen sich Mamma, Lymphabfluss, Milchgänge, Duktektasien und die retroareoläre Region gut beurteilen. Ein Papillom lässt sich mit Ultraschall ebenfalls detektieren. Je nach Situation hat auch die Mammografie ihren Stellenwert. «Unabhängig von der Art der Sekretion wird sie den Patientinnen ab dem 40. Lebensjahr empfohlen, bei einer blutigen Sekretion gehört sie ab 30. Jahren zur Standardabklärung», erläuterte die Expertin. Ein MRI ist nur bei negativer oder nicht konklusiver Bildgebung bei einer pathologischen Sekretion indiziert.
Keinen Stellenwert hat die Zytologie. Die Sensitivität ist tief und die falsch-positive Rate hoch. Bei Verdacht auf eine infektiöse Genese ist eine Mikrobiologie sinnvoll. Eine Labordiagnostik wird in der Regel bei Galaktorrhö durchgeführt und dient primär dem Ausschluss systemischer Erkrankungen. Als weiterführende Diagnostik stehen Biopsie, Galaktografie und Duktoskopie zur Verfügung. «Liefern Sonografie, Mammografie und MRI keine Hinweise, ist die Wahrscheinlichkeit für ein Mammakarzinom sehr gering, sodass eine chirurgische Intervention gut überlegt sein sollte», betont Dr. Plavic.
Die Therapie richtet sich nach der Ursache der Mamillensekretion. Liegt ein endokrines Problem vor – wie eine Hypothyreose oder ein Prolaktinom – , ist eine Pharmakotherapie indiziert. Bei einer medikamenteninduzierten Sekretion bringt oft schon eine Therapieumstellung Besserung. Im Fall einer störenden physiologischen Sekretion kann Bromocriptin (1–2 ×/Tag 1,25 mg 14.-28. Zyklustag) helfen. Bei benignen, histologisch gesicherten Befunden (z.B. Papillom) erfolgt eine interventionelle Entfernung. Pathologische Befunde wie eine DCIS oder Karzinom werden operativ entfernt.
Mamillensekretion durch Medikamente/Drogen
- Anästhetika
- Antiemetika
- Antihypertensiva
- Opioide
- Antipsychotika/Antidepressiva
- Cimetidin
- Isoniazid
- Kokain-Abusus
- 5. Symposium «Die weibliche Brust im Zentrum», 20. April 2023, Bern