Epilepsie: Therapie für Patienten mit besonderen Merkmalen
Sind Patienten schon älter oder multimorbide, muss das bei der Behandlung einer Epilepsie bedacht werden. Gleiches gilt für Frauen mit Kinderwunsch, Schwangere und Betroffene mit psychischen Erkrankungen. Eine Übersicht über Patienten mit besonderem Therapiebedarf.
«Nach einem ersten epileptischen Anfall wird rund die Hälfte der Betroffenen unter einer Monotherapie anfallsfrei», stellt Prof. Dr. Susanne Knake vom Epilepsiezentrum Hessen, Universität Marburg, fest (1).
Therapieerfolg hängt von Verträglichkeit und Nebenwirkungsprofil ab
Bleibt der Erfolg aus, bringt das zweite Antiepileptikum weiteren 12 Prozent Anfallsfreiheit. Mit jedem weiteren Therapieversuch sinken die Chancen dagegen weiter. Unter den mehr als 20 verfügbaren Antikonvulsiva die richtige Wahl zu treffen, ist oft nicht einfach: «Alle sind ähnlich gut wirksam, unterscheiden sich aber in der Verträglichkeit und im Nebenwirkungsprofil», so die Expertin.
Da der Therapieerfolg massgeblich von der Adhärenz abhängt und Nebenwirkungen – neben der Reduktion von Anfallsschwere und -frequenz – die Lebensqualität der Patienten am stärksten beeinflussen, verdient dieses Kriterium bei der individualisierten Wirkstoffauswahl besondere Aufmerksamkeit.
Der ältere Patient
Die Inzidenz von Epilepsien ist bei über 65-Jährigen so hoch wie in keiner anderen Altersgruppe und steigt mit den Jahren immer weiter an: Bei über 80-Jährigen sind bereits mehr als 200/100.000 betroffen. Die Diagnostik gestaltet sich oft schwierig; ebenso die Therapie. Leber- und Nierenfunktion sind häufig eingeschränkt, Albumin und Plasmaeiweisse reduziert. Das ist bei der Wahl des Arzneimittels ebenso zu berücksichtigen wie die Komedikation und mögliche Wechselwirkungen.
Die Patienten haben häufig schon vor der Epilepsie mit Gangstörungen und Schwindel gekämpft, die sich unter antikonvulsiver Therapie oft noch verstärken. Das erschwert es zu sagen, ob eine Symptomzunahme eine Folge der Epilepsietherapie ist oder nicht. Eine internationale Arbeitsgruppe hat kürzlich untersucht, inwiefern sich Nebenwirkungsprofile bei Patienten über und unter 60 Jahren unterscheiden (2). Die Älteren zeigten über das gesamte Spektrum an Nebenwirkungen doppelt bis dreifach so hohe Raten, vor allem bei Schwindel, Somnolenz, Übelkeit und Sehstörungen.
- Neurowoche 2022, 1.-5. November 2022, Berlin
- Andermann E et al. Comparative analysis of the safety and tolerability of eslicarbazepine acetate in older (≥60 years) and younger (18-59 years) adults. Epilepsy Res. 2021 Jan;169:106478. doi: 10.1016/j.eplepsyres.2020.106478
- Steinhoff BJ et al. Behavioral adverse events with brivaracetam, levetiracetam, perampanel, and topiramate: A systematic review. Epilepsy Behav. 2021 May;118:107939. doi: 10.1016/j.yebeh.2021.107939
- Kamitaki BK et al. Drug-induced liver injury associated with antiseizure medications from the FDA Adverse Event Reporting System (FAERS). Epilepsy Behav. 2021 Apr;117:107832. doi: 10.1016/j.yebeh.2021.107832
- Vegrim HM et al. Cancer Risk in Children of Mothers With Epilepsy and High-Dose Folic Acid Use During Pregnancy. JAMA Neurol. 2022 Nov 1;79(11):1130-1138. doi: 10.1001/jamaneurol.2022.2977