Scharfe Kritik an neuer MS-Leitlinie
So schnell geht es selten: Kaum erschienen, stand die neue MS-Leitlinie unter scharfem Beschuss, vor allem die Empfehlungen zur Immuntherapie. Die Kontrahenten nutzten den DGN-Kongress, sich zu erklären.

Den Anfang machte Prof. Dr. Bernhard Hemmer, Klinikum rechts der Isar der TU München (1). Er hatte die neue MS-Leitlinie federführend koordiniert. Eine häufig formulierte Kritik lautet: Warum enthält die Leitlinie viele Empfehlungen, für die es keine entsprechende Evidenz gibt? «Das ist natürlich ein grosses Dilemma,» räumte Prof. Hemmer ein. Für viele Praxisempfehlungen habe man keine Studien und wahrscheinlich werde es diese auch nie geben. Trotzdem bräuchten Ärzte und Patienten Antworten auf ihre Alltagsfragen. Mit «leider keine Evidenz» sei niemandem geholfen.
Speziell Kollegen mit wenig Erfahrung in der MS-Behandlung benötigen pragmatische Empfehlungen, die sie etwa durch den immer unübersichtlicher werdenden Dschungel von MS-Medikamenten leiten. Immerhin finden sich diese Wirkstoffe seit 2018 regelmässig unter den umsatzstärksten Medikamenten in der Schweiz. Das verleiht dem Anspruch, diese Mittel sinnvoll und gezielt einzusetzen, zusätzlich Gewicht.