Medical Tribune
10. Feb. 2024Anti-CTLA-4-Nanobodies als Alternative für die toxische Immuntherapie?

Nebenwirkung Colitis bei Immuntherapie enträtselt

Eine Immunreaktion gegen Darmbakterien könnte an der häufigen Immuntherapie-Nebenwirkung Colitis schuld sein. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie. Besser machen könnten es Nanobodies, die Immuncheckpoint-Moleküle wie CTLA-4 blockieren, ohne entzündliche Darmreaktionen auszulösen.

Darmbakterien sind für die Gesundheit essenziell, können im Zuge einer Immuntherapie aber eine Colitis auslösen.
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Darmbakterien sind für die Gesundheit essenziell, können im Zuge einer Immuntherapie aber eine Colitis auslösen.

In der in Science veröffentlichten Arbeit zeigten US-Forscher anhand eines Mausmodells, dass die Entwicklung einer Immuntherapie-abhängigen Colitis davon abhängig war, welche Bakterien den Darm der Tiere besiedelten (1). Nur Labormäuse, denen zuvor die Darmflora von gefangenen Wild-Mäusen transplantiert worden war, reagierten mit einer Darmentzündung.

Erhielten die Tiere einen neuartigen Checkpoint-Inhibitor, einem anti-CTLA-4-Nanobody, bei dem die Fc-Domäne des klassischen anti-CTLA-4-Antikörpers fehlt, erzielten sie zwar dadurch eine Tumorkontrolle, entwickelten aber keine Colitis mehr.

Colitis bei ca. 5 Prozent

Rund 20 bis 30 Prozent der Patienten entwickeln im Zuge einer Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren eine Diarrhö; etwa fünf Prozent haben eine Colitis. Besonders häufig tritt die Colitis dabei bei Patienten auf, die Antikörper gegen das cytotoxic T lymphocyte antigen 4 (CTLA-4) erhalten. Verglichen mit Patienten, die mit einer PD-1/PD-L1-Blockade behandelt werden, leiden sie rund dreimal häufiger unter einer Immuntherapie-bedingten Colitis (2).

Immuntherapie löst Autoimmunsyndrome aus

Die Krebs-Immuntherapie mittels Immuncheckpoint-Inhibitoren blockiert Abschalt-Signale auf T-Zellen, um eine Immunantwort gegen Tumorgewebe anzuregen. Im Zuge der Immuntherapie erleiden jedoch viele Patienten teils schwere immunbedingte Nebenwirkungen. Diese können alle Organe oder Gewebe schädigen. Am häufigsten betroffen sind Haut, Darm, Lunge, Leber und endokrine Organe wie die Hypophyse oder Schilddrüse.

Checkpoint-Inhibitor vernichtet regulatorische T-Zellen im Darm

In der neuen Studie zeigten die Forscher, dass die CTLA-4-Blockade nur bei einer bestimmten Zusammensetzung des Mikrobioms eine Colitis auslöst. So entwickelten Mäuse mit einer für Labormäuse typischen eher artenarmen Mikroflora bei Verabreichung von anti-CTLA-4-Antikörpern keine Colitis.

Erhielten sie zuvor aber Stuhltransplantationen von wilden Spendermäusen, wurden sie anfällig für Darmentzündungen als Nebenwirkung der Checkpoint-Inhibitoren. 

Lebten Wildtypmaus-Bakterien im Darm der Mäuse, aktivierte eine anti-CTLA-4-Behandlung intestinale CD4-positive T-Zellen. Gleichzeitig vernichtete die Immuntherapie auch eine Unterart regulatorischer T-Zellen im Darm, die die Fc-Domäne der anti-CTLA-4-Antikörper erkannten.

Hoffnung auf weniger toxische CTLA-4-Inhibitoren

Verabreichten die Forscher den Mäusen aber keine klassischen anti-CTLA-4-Antikörper, sondern gegen das Molekül CTLA-4 gerichtete Nanobodies, bei denen die Fc-Domäne fehlt, funktionierte zwar immer noch die Krebstherapie bei den Mäusen, diese entwickelten aber keine Colitis mehr.

Diese Erkenntnisse könnten die nächste Generation der CTLA-4-Inhibitoren unterstützen, die weniger toxische Autoimmunreaktionen als Nebenwirkung haben, schreiben die Autoren in ihrer Arbeit.