Medical Tribune
16. Apr. 2020Glykogenspeicher sind die wichtigsten Akkus

Treibstoff für Ausdauersportler

Weibliche Hände, die Schnürsenkel binden. Die Smartwatch befindet sich am linken Handgelenk und die Sportflasche befindet sich neben dem Sportschuh.
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Kohlenhydrate liefern zwar nur etwa halb so viele Kilokalorien wie Fette, versorgen die Muskeln aber effektiver. Ihre Energie steht dem Körper nicht nur schneller zur Verfügung – pro Liter Sauerstoff kommt auch mehr dabei heraus.

Wer in Training und Wettkampf durchstarten will, braucht ordentlich Energie. Am besten in Form von Sacchariden, die als Glykogen in Leber und Muskeln gespeichert werden. Dumm nur, dass deren Kapazität begrenzt ist. Nach etwa 2500 kcal ist Schluss. So reicht der Treibstoff aus Kohlenhydraten während einer intensiven Ausdauerbelastung mit maximal gefüllten Glykogenspeichern für 75–90 Minuten. Anschlies­send muss der Körper auf Fettverbrennung umschalten. Da diese langsamer läuft, bleibt dem Sportler nur, seine Intensität zu drosseln.

6–12 g Kohlenhydrate  pro kgKG am Tag

Im Wettbewerb ist das natürlich keine Option. Bei längeren Belastungen jenseits der 90 Minuten kommt man deshalb um eine zusätzliche Kohlenhydratzufuhr nicht herum. Wie Athleten ihre Energieausbeute gezielt optimieren können, haben Autoren um Professor Dr. Daniel­ König­ von der Universität Freiburg in einem Positionspapier zusammengetragen.
Die Basis für eine gute Ausdauerleistung lässt sich bereits in der täglichen Ernährung legen. Um die Glykogenvorräte von Leber und Muskeln stets gut gefüllt zu halten, sollten ambitionierte Athleten zwischen 6 und 12 g Kohlenhydrate pro Kilogramm Körpergewicht am Tag zu sich nehmen, je nach Art und Umfang der Belastung.

Ob sich darüber hinaus durch spezielle Trainingseinheiten unter niedrigen bzw. geleerten Glykogenspeichern die Fett­oxidation verbessern lässt, ist genauso unklar wie die Bedeutung des glyk­ämischen Index für die Ausdauerleistung. Sicher ist dagegen: Mit hohen Glykogenspeichern hält man bei hohen Intensitäten länger durch.

In den Tagen vor einem Wettkampf empfehlen die Autoren, die Vorräte noch einmal aufzufüllen. Ist das Ereignis in weniger als 90 Minuten vorbei, kann auf diese «Superkompensation» verzichtet werden. Grundsätzlich stehen verschiedene Methoden zur Verfügung:

  • Am häufigsten nehmen Sportler Kohlenhydratmengen von 10–12 g/kgKG täglich zu sich, über etwa 36–48 Stunden vor dem Startschuss.
  • Alternativ konsumieren einige in der Woche vor dem Ereignis 9–10 g/kgKG/d, reduzieren gleichzeitig jedoch Trainingsintensität und -umfang.
  • Schliesslich leeren andere ihre Glykogenspeicher zunächst komplett, um sie mit 9–10 g/kgKG in den 72 Stunden vor dem Wettkampf zu überladen.

Am Wettkampftag selbst sollte man eine kohlenhydratreiche Mahlzeit mit 1–4 g pro Kilogramm Körpergewicht einnehmen, etwa zwei bis drei Stunden vor dem Start. Dauert das Ganze weniger als 60 Minuten, können Athleten darauf verzichten. In diesen Fällen reicht die Energie aus der täglichen kohlenhydratbetonten Ernährung, so die Autoren. Der Abstand der Mahlzeit zum Start ist jedoch wichtig, vor allem um die metabolisierte Energie nicht zu schnell zu verbrauchen. Die Zufuhr zusätzlicher Saccharide während anhaltender Ausdauerleistungen von mehr als einer Stunde bietet den Vorteil, dass sich u.a. die Glykogenreserven der Leber schonen lassen. Diese kommen dann beim Schlussspurt zum Einsatz.

1,2 g Glukose pro Minute sind sinnlos

Am einfachsten ist es, wenn Sportler auf Getränke mit einem 6%igen Zuckeranteil zurückgreifen. Alle 15 Minuten bis zu 350 ml davon getrunken, sorgt dies für genügend Energie und Flüssigkeit. Insgesamt sollten es bei Aktivitäten von bis zu 2,5 Stunden etwa 30–60 g verschiedene Kohlenhydrate stündlich sein. Dauert der Wettkampf länger, empfehlen die Experten bis zu 90 g/h. Bei kurzzeitiger Belastung unter einer Stunde genügt es, den Mund mit dem Getränk auszuspülen. Dies aktiviert bereits das Belohnungszentrum im Gehirn und wirkt so als Motivationsspritze.

Wichtig zu wissen: Mehr als 1,2 g Glukose kann der Körper pro Minute nicht verwerten. Die Energiezufuhr lässt sich zwar beschleunigen, indem man Glukose und Fruktose mischt – sofern keine Unverträglichkeit besteht. Trotzdem übersteigt die Oxidationsrate 1,7 g pro Minute nicht. Trotz dürftiger Studienlage sind sich die Experten auch sicher, dass sich die Leistung nicht durch einen Zusatz von Proteinen bei bedarfsgerechter Kohlenhydratversorgung steigern lässt.

Nach dem Sport gilt es dann natürlich, die Energiereserven wieder aufzufüllen. In den ersten beiden Stunden nach der Belastung ist die Rate der Glykogenresynthese besonders hoch. Wer bereits am nächsten Tag wieder Höchstleistungen erbringen muss, sollte bis zu vier Stunden nach dem Belastungsende 1–1,2 g/h Kohlenhydrate konsumieren, bevorzugt mit hohem glykämischem Index. Ansonsten kann man sich auch Zeit lassen. Die gewohnte tägliche kohlenhydratbetonte Ernährung reicht aus.

König D et al. Ernaehrungs Umschau 2019; 66: 228–235.