Medical Tribune
10. Okt. 2024Von BiTEs und Mini-Inhibitoren

EULAR: Neue Strategien gegen RZA, PsA, RA und SSc

Ein neues Aufgabenfeld für JAK-Inhibitoren, ein besonders kleiner, aber effektiver IL-17A-Inhibitor gegen die Psoriasisarthritis und zwei starke Optionen zur B-Zell-Depletion: Dies sind vier therapeutische Highlights vom europäischen Rheumatologenkongress.

Medikamente, chemische Gläser, Mikroskop und DNA auf blauem Hintergrund, 3D-Illustration
Paulista/stock.adobe.com

JAK-Inhibitoren (JAKi) haben sich schon bei einigen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen bewährt.

Neues Potenzial für JAK-Inhibitoren bei Riesenzellarteriitis

Mit Spannung erwartet wurden deshalb die Daten der an der Uniklinik Löwen durchgeführten Phase-3-Studie SELECT-GCA. Diese untersuchte den Effekt von Upadacitinib auf die Riesenzellarteriitis (RZA), sagte Professor Dr. Bimba Hoyer, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel.

428 Patienten mit neu diagnostizierter oder rezidivierender RZA erhielten dabei Placebo, bzw. 7,5 mg oder 15 mg Upadacitinib täglich. Sie alle hatten waren vorher auf hoch dosiertes Glukokortikoide (GC) eingestellt gewesen.

Zu Studienbeginn lag die GC-Dosierung noch bei mindestens 20 mg Prednisolonäquivalent täglich. Das im Studienprotokoll vorgeschriebene GC-Tapering lief unter Placebo 52 Wochen, unter Verum 26.

Primärer Endpunkt war eine anhaltende Remission von Woche 12 bis Woche 52 – wobei das vordefinierte GC-Tapering beibehalten werden musste, wie Prof. Hoyer betonte.

Erfreulicher Zuwachs für das Portfolio der RZA-Therapien

Den Endpunkt erreichten 37 Prozent der Patienten unter 15 mg Upadacitinib und 16 Prozent unter Placebo. Die kumulative GC-Dosis über 52 Wochen war unter der höheren JAKi-Dosierung signifikant geringer als unter Placebo (median 1.615 vs. 2.882 mg Prednisolonäquivalent). Zudem wurde unter 15 mg Upadacitinib die Fatigue signifikant besser gelindert als unter Placebo, gemessen am FACIT-Fatigue.

Die Sicherheitsdaten fielen wenig überraschend aus. Unter dem JAKi traten häufiger Herpes zoster und Anämien auf. Das Risiko für VTE und nicht-melanotischen Hautkrebs war im Vergleich zu Placebo marginal erhöht, allerdings so geringfügig, dass es Prof. Hoyer nach eigenen Angaben nicht davon abhalten würde, die Substanz einzusetzen. «Wir können uns darauf freuen, dass diese Medikamente wahrscheinlich in das Portfolio der RZA-Therapien aufgenommen werden», fasste die Expertin zusammen.

Kleiner, aber starker IL-17A-Inhibitor Izokibep gegen Psoriasisarthritis

Mit dem IL-17A-Inhibitor Izokibep steht auch für die Psoriasis-Arthritis (PsA) ein aussichtsreicher Kandidat vor der Tür. Vorteil dieses Moleküls: Es hat mit 18,6 kDa nur etwa ein Zehntel der Grösse eines monoklonalen Antikörpers, weshalb es einen besseren Zugang zu schwierig zu erreichenden Bereichen bzw. Geweben haben könnte. Das ist vor allem für die Enthesien wichtig, sagte Prof. Hoyer.

In einer amerikanischen Phase-2b/3-Studie mit 343 PsA-Patienten wurden zwei Izokibep-Dosierungen gegen Placebo getestet: 160 mg wöchentlich sowie alle zwei Wochen. Den primären Endpunkt (ACR50-Response nach 16 Wochen) erreichten die Patienten unter beiden Dosierungen signifikant häufiger als diejenigen unter Placebo (40 % bzw. 43 % vs. 15 %).

Das galt ebenso für andere Endpunkte wie den PASI 100 und die Major Disease Control, mit der verschiedene Domänen abgedeckt werden (u.a. geschwollene Gelenke, Schmerzen, HAQ und PASI). Die häufig bei PsA problematischen Enthesitiden besserten sich unter Verum vor allem bei Patienten mit hoher Krankheitslast (Leeds Enthesitis Index 5–6) deutlich. Neue Sicherheitssignale traten nicht auf, die Mehrheit der unerwünschten Wirkungen waren milde bis moderate Reaktionen an der Injektionsstelle. Insgesamt, so Prof. Hoyer, ist Izokibep ein vielversprechender Wirkstoff zur Behandlung der PsA.

CAR-T-Zellen: Neue Hoffnung bei Systemischer Sklerose

CAR-T-Zellen sind aus der Entwicklung neuer Therapien für muskuloskelettale Erkrankungen nicht mehr wegzudenken. Besonders erfreulich sind die Ergebnisse bei Systemischer Sklerose, sagte die Expertin, denn hierfür werden dringend effektive Therapien gesucht.

Kollegen in Erlangen hatten sieben Patienten mit CAR-T-Zellen behandelt. Nach Lymphodepletion mit Fludarabin/Cyclophosphamid und der Zell-Infusion besserten sich nahezu alle Parameter. Serologisch sanken die ANA, z.T. um bis das Zehnfache. Anti-RNAP-Antikörper verschwanden kurz nach der Infusion und waren auch später nicht mehr nachweisbar. Die Anti-SCL70-Antikörper wurden ebenfalls reduziert, blieben aber weiter vorhanden – ein Zeichen dafür, dass nicht alle Plasmazellen zerstört worden waren.

Der mRSS (modifizierter Rodnan-Hautscore) wurde innerhalb der ersten drei bis vier Monate um etwa 30–45 Prozent reduziert und blieb stabil oder nahm im Verlauf eines Jahres sogar um bis zu 60 Prozent weiter ab. Das Raynaudsyndrom verbesserte sich und digitale Ulzerationen traten seltener bis gar nicht mehr auf. Bei den Betroffenen mit ILD blieb die Lungenfunktion während des einjährigen Nachbeobachtungszeitraums stabil.

Eigene Daten bestätigen Studien

Auch in Tübingen wurden CAR-T-Zellen zur Behandlung von SSc-Patienten eingesetzt. Die Ergebnisse dort bestätigen die positiven Effekte auf Haut und Lunge. Zusätzlich nahmen die Patienten an Gewicht zu. Solche Daten werden für diese schwer zu behandelnde Erkrankung dringend benötigt, sagte die Expertin. Natürlich sei die Therapie nicht die erste Wahl, aber vielversprechend für schwerkranke Patienten, die auf andere Immunsuppressiva keine Wirkung zeigen.

Bi-specific T-cell Engagers (BiTEs): Neue Option zur B-Zell-Depletion

Eine weniger aufwendige, ebenfalls deutliche B-Zell-Depletion lässt sich mit sogenannten Bi-specific T-cell engagers (BiTEs) erreichen, berichtete Prof. Hoyer. Dabei handelt es sich um Fusionsproteine mit Fragmenten verschiedener Antikörper. Blinatumomab bindet z.B. an CD3- und an CD19-Zellen, wodurch eine T-Zell-vermittelte Zytotoxizität ausgelöst und die B-Zelle zerstört wird.

In Erlangen bekamen sechs Patienten mit therapierefraktärer rheumatoider Arthritis und einem DAS über 3,2 in jeweils zwei fünftägigen Zyklen Blinatumomab (9 mg/d). Während der ersten Infusion stiegen Körpertemperatur und Akute-Phase-Proteine kurz an, aber ohne Anzeichen eines klinisch relevanten Zytokinfreisetzungssyndroms. Ansonsten traten kaum unerwünschte Wirkungen auf.

Die Behandlung zeigte eine beeindruckende Effektivität: Die B-Zellen wurden erheblich reduziert und die aktiven Gedächtniszellen durch naive B-Zellen ersetzt. Der Mittelwert des DAS28-CRP sank von 4,72 auf 2,28. Auch die Anzahl der schmerzhaften und geschwollenen Gelenke verringerte sich deutlich, ebenso die Patient Global Disease Activity.

Für Patienten mit therapierefraktärer RA sind BiTEs offenbar eine sehr gute Option, meinte Prof. Hoyer. Sie ist überzeugt davon, dass auch andere entzündlich-rheumatische Erkrankungen auf die neue Strategie ansprechen. Auf jeden Fall ermögliche die Substanz eine deutlich effizientere B-Zell-Depletion als die bisher dafür verfügbaren Antikörper.