Luftschadstoffe begünstigen die rheumatoide Arthritis
Nicht nur Rauchen begünstigt die Entwicklung einer rheumatoiden Arthritis. Auch wer in der Arbeit bestimmten inhalierbaren Luftschadstoffen ausgesetzt ist, hat ein erhöhtes Risiko. Treffen beide Faktoren zu, steigt die Gefahr sogar um ein Vielfaches.
In der Pathogenese der rheumatoiden Arthritis (RA) scheint die Atemwegsschleimhaut eine bedeutende Rolle zu spielen. So gibt es Hinweise dafür, dass neben dem Rauchen auch Luftverschmutzung, Atemwegserkrankungen und die berufsbedingte Exposition gegenüber Luftschadstoffen wie Quarzstaub, Asbest oder Textilstaub das RA-Risiko erhöhen. Nur wie stark? Forscher gingen dieser Frage nun nach.
Höchste Assoziation mit Insektiziden und Fungiziden
Einen besonderen Fokus legten sie dabei auf die Zusammenhänge mit Rauchen und dem Vorliegen von RA-Risikogenen. Berechnet wurden die Auswirkungen anhand der Daten von 4.033 Schweden mit neu diagnostizierter RA und 6.485 gematchten Kontrollen. Ausserdem ermittelte man die berufliche Exposition mithilfe von Fragebögen. Anhand von Blutproben bestimmten die Forscher ACPA und Genotyp.
Insgesamt kamen 47 inhalierbare Arbeitsstoffe infrage. Dabei gingen in die statistische Auswertung einzelner Substanzen nur diejenigen ein, denen mindestens 50 Personen ausgesetzt waren. Von diesen 32 Stoffen waren mehr als die Hälfte mit einem signifikant erhöhten Risiko für die Entwicklung einer ACPA-positiven RA verbunden (siehe Kasten).
ACPA-RA-Treiber aus der Luft (Auswahl)
- Insektizide (OR 2,38)
- Fungizide (OR 2,38)
- Toluol (OR 2,24)
- Asbest (OR 2,22)
- Quarzstaub (OR 2,18)
- Abgase von Benzinmotoren (OR 2,13)
- Schweissrauche (OR 2,13)
- Mineralfasern (OR 2,12)
- Stein- und Zementstaub (OR 1,71)
- polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (OR 1,71)
- Benzpyren (OR 1,75)
- Abgase von Dieselmotoren (OR 1,69)
- Kohlenmonoxid (OR 1,67)
- Detergenzien (OR 1,27)
Die stärkste Assoziation wiesen Insektizide und Fungizide auf (Odds Ratio [OR] 2,1 für RA allgemein und 2,38 für ACPA-positive RA). Sowohl die Anzahl der Substanzen als auch die Expositionsdauer zeigten einen Dosis-Wirkungs-Effekt, schreiben die Wissenschaftler.
Bei Betroffenen, die bereits genetisch bedingt ein höheres Risiko für eine RA aufwiesen, erhöhte die berufliche Exposition von inhalierbaren Luftschadstoffen die Gefahr zusätzlich. Der attributive Anteil bei ACPA-positiver RA betrug für Benzinmotorabgase 0,52, für Asbest 0,44 und für Kohlenmonoxid 0,23. Personen, die rauchten, eine genetische Veranlagung aufwiesen und beruflich einem schädlichen Inhalationsstoff ausgesetzt waren, hatten ein um das 18-Fache erhöhte Risiko für eine ACPA-positive RA im Vergleich zu den Kontrollen, auf die alle drei Faktoren nicht zutrafen.
Einzelne Luftschadstoffe fördern nur ACPA-positive RA
Die Studie bringt eine Reihe wichtiger Erkenntnisse, wie Dr. Vanessa Kronzer, Mayo Clinic, Rochester, Minnesota, und Dr. Jeffrey Sparks, Brigham and Women’s Hospital, Boston, in einem begleitenden Kommentar schreiben. Zum einen wies jeder berufsbedingt inhalierte Stoff ein einzigartiges Profil auf, was die Wechselwirkung mit Rauchen und genetischer Veranlagung betrifft.
Dies lässt darauf schliessen, dass das Risiko für die Entwicklung einer rheumatoiden Arthritis auf verschiedenen pathogenetischen Wegen erhöht wird. Zum anderen förderten einzelne inhalierbare Wirkstoffe nur die Entwicklung der ACPA-positiven RA. Dies stützt den Wissenschaftlern zufolge die Hypothese, dass die ACPA-positive RA im Vergleich zur ACPA-negativen eine eigenständige Erkrankung ist.
Die Daten decken sich zudem mit der Annahme, dass eine RA schon lange vor ihrem Ausbruch gebahnt wird. Denn die Assoziationen verlaufen nicht komplett linear, sondern U-förmig, wobei die stärksten Assoziationen etwa acht bis zehn Jahre vor dem Auftreten der Beschwerden zu erkennen sind.
Schliesslich identifizierten die Studienautoren neben den bisher bekannten RA-assoziierten Schadstoffen wie Asbest und Kohlenmonoxid auch neue Kandidaten wie Reinigungsmittel und Abgase von Benzinmotoren.
Arbeitsschutz und Umweltschutz zur Prävention
Für die Kommentatoren liegen damit verschiedene konkrete Möglichkeiten zur Krankheitsprävention auf der Hand. Dazu gehören Rauchverzicht und Verringerung RA-begünstigender inhalierbarer Luftschadstoffe durch Arbeitsschutzmassnahmen, aber auch Umweltschutzmassnahmen zur Reduktion von Kohlenmonoxid und Benzinmotorabgasen. Am stärksten würden davon wohl Menschen mit genetischer Prädisposition profitieren.
Da solche Informationen jedoch in der Regel nicht vorliegen, sollten alle Massnahmen auf globaler Basis durchgeführt werden.
Referenz
- Tang B et al. Occupational inhalable agents constitute major risk factors for rheumatoid arthritis, particularly in the context of genetic predisposition and smoking. Ann Rheum Dis. 2023 Mar;82(3):316-323. doi: 10.1136/ard-2022-223134
- Kronzer VL, Sparks JA. Occupational inhalants, genetics and the respiratory mucosal paradigm for ACPA-positive rheumatoid arthritis. Ann Rheum Dis. 2023 Mar;82(3):303-305. doi: 10.1136/ard-2022-223286