Medical Tribune
5. Jan. 2023Was sich ab 2023 ändert

Die EULAR-Empfehlungen zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis wurden aktualisiert

Die Anzahl krankheitsmodifizierender Therapien (DMARDs) für die rheumatoide Arthritis wird immer grösser. Gleichzeitig verbessert sich das Verständnis von Wirkmechanismen und Nebenwirkungen. Darum hat die European League Against Rheumatism (EULAR) Ende 2022 ihre Handlungsempfehlungen etwas abgeändert. Neuigkeiten gibt es bei der Anwendung von Kortikosteroiden und JAK-Inhibitoren. Auch das Ende von DMARDs als Dauertherapie wird angedeutet.

Ende Dezember 2022 hat die EULAR ihre Empfehlungen zur rheumatoiden Arthritis erneuert.
Anna Shalamova/gettyimages

«In den letzten zehn Jahren hat sich dank der DMARDS das Behandlungsziel bei der rheumatoiden Arthritis (RA) weiterentwickelt», erinnert Professor Dr. Axel Finckh, Abteilung für Rheumatologie am Hôpital Beau Séjour, Hôpitaux Universitaires de Genève (HUG) (1). Als anzustreben gilt heute nicht wie früher die reine Symptomverringerung, sondern eine echte Krankheitskontrolle.

Therapieziel Remission

Dank der Therapie mit modernen Wirkstoffen sollen mittlerweile nicht mehr nur strukturelle Schäden am Gelenk und letztendlich Behinderungen durch die Behandlung vermieden werden. Das ultimative Therapieziel ist mittlerweile die Remission. «Diese Idealsituation erreichen wir aber nur in Ausnahmefällen», stellt der Rheumatologe Prof. Finckh klar. «Bei den meisten Patienten erzielen wir durch eine moderne Therapie aber, dass die Erkrankung nur geringgradig fortschreitet.»

Behandelt wird dabei heutzutage daher nicht mehr wie früher, wo es üblich war, den Patienten nach seiner Erstdiagnose einige Monate lang nur eine Physiotherapie machen und NSAR einnehmen zu lassen. Auch die in der Vergangenheit häufig angeordnete Glukokortikoid-Dauertherapie sieht man heute glücklicherweise nur mehr selten.

Glukokortikoide nicht mehr nur ausschleichen, sondern auch stoppen

Zeitgemässe Behandlungsansätze beruhen auf einem frühen und im Vergleich aggressiveren Einsatz von von krankheitsmodifizierenden antirheumatischen Therapien (DMARDs). Nach dem Stellen einer RA-Diagnose beginnt man leitliniengemäss üblicherweise sofort mit einer Therapie mit dem csDMARD Methotrexat. Besteht eine Unverträglichkeit auf den Folsäure-Antagonisten, kann die Behandlung alternativ auch mit Leflunomid oder Sulfasalazin gestartet werden.

Glukokortikoide können gemäss den neuen Empfehlungen (2) auch weiterhin angewendet werden – etwa zu Behandlungsbeginn oder beim Wechsel auf ein anderes csDMARD. Danach sollten diese aber nicht nur ausgeschlichen, sondern nun auch so schnell wie möglich abgesetzt werden. «Denn wir wissen, dass es nach sechs Monaten kontinuierlicher Einnahme fast unmöglich ist, ein Glukokortikoid jemals wieder zu stoppen.»

JAK-Inhibitor nur mehr nach umfassendem Risiko-Assessment

Drei bis sechs Monate nach Therapiebeginn wird neu evaluiert: Verträgt der Patient die Erstlinientherapie gut und ist symptomfrei, macht man weiter wie bisher. Bleibt aber eine Remission oder hohe Krankheitskontrolle aus, wird im Normalfall die Behandlung mit einem antirheumatischen Biologikum (bDMARD) wie einem TNF- oder einem IL-6 Inhibitor, Abatacept oder Rituximab begonnen. Eine Alternative zu den per Injektion zu verabreichenden rekombinanten Antikörpern war bisher die Gabe oral verfügbarer JAK-Inhibitoren wie Tofacitinib, Baricitinib oder Upadacitinib, die zu den gezielten synthetischen (ts) DMARDS zählen.

In der Neuauflage der Guidelines wird diese Empfehlung nun eingeschränkt: Nur mehr bei definitiver Abwesenheit von Risikofaktoren für Nebenwirkungen von JAK-Inhibitoren sollten diese gegeben werden. Das schränkt die Anzahl der Patienten, die für diese Behandlung in Frage kommen, bis zu einem gewissen Grad ein. Gegeben werden sollten JAK-Inhibitoren nämlich nicht mehr bei

  • Patienten über 65 Jahren
  • Aktuellen oder ehemaligen Rauchern
  • Patienten mit anderen kardiovaskulären Risikofaktoren
  • Patienten mit erhöhtem Krebsrisiko
  • Patienten mit erhöhtem Risiko für thromboembolische Ereignisse

Safety-Studie wirft mögliches Herz-Kreislauf- und Krebsrisiko durch JAK-Inhibitoren auf

Grund ist eine Safety-Studie von Anfang 2022, die zeigte, dass die Anwendung einer der älteren Wirkstoffe (Tofacitinib) mit einem um 20 bis 30 Prozent erhöhten Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse verbunden war (3).

Davor braucht man sich aber nicht zu sehr fürchten, deutet Prof. Finckh an. «Die Number needed to harm ist hier mit geschätzten 560 Patienten relativ hoch.» Ausserdem war die Studie bei Personen durchgeführt worden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits eine Atherosklerose aufwiesen (>50, zusätzliche kardiovaskuläre Risikofaktoren).

Was den Experten mehr überrascht hat, war, dass auch das Risiko für Krebserkrankungen mit Tofacitinib-Einnahme in dieser Studie deutlich erhöht war. Dies traf vor allem für Raucher zu, bei denen das Krebsrisiko um den Faktor von 2,6 erhöht war.

Kombinationen oder Umstiege in der Drittlinie

Reicht eine Therapie mit einem Biologikum oder einem JAK-Inhibitor nicht aus, gilt auch jetzt weiterhin die Empfehlung, diesen Patienten eine kombinierte Therapie mit einem Biologikum oder tsDMARD und Methotrexat anzubieten. Bei Unverträglichkeit von Methotrexat besteht auch die Möglichkeit von IL-6-Pathway-Inhibitoren. Auch ein JAK-Inhibitor kann erwogen werden – vorausgesetzt der Patient hat kein erhöhtes kardiovaskuläres oder Krebsrisiko.

In der Zweitlinie kann ausserdem erwogen werden, auf ein anderes bDMARD oder einen anderen JAK-Inhibitor umzusteigen. Neu ist, dass auch der Wechsel von einem IL-6-Rezeptor-Inhibitor auf einen anderen empfohlen wird.

Dosisreduktion auch bei DMARDs

Ähnlich wie früher bei den Glukokortikoiden lassen die neuen Empfehlungen nun anklingen, dass auch eine Hochdosis-Behandlung mit DMARDs keine Dauertherapie sein muss. «Ist ein Patient längere Zeit in Remission» schreiben die Autoren der Empfehlungen, «kann eine Dosisreduktion der angewendeten DMARDs aller Klassen erwogen werden.»

Referenz
  1. Forum Medizin Fortbildung (FOMF). Rheumatoide Arthritis – EULAR Management Guidelines, 13. Dezember 2022
  2. Smolen JS et al. EULAR recommendations for the management of rheumatoid arthritis with synthetic and biological disease-modifying antirheumatic drugs: 2022 update. Ann Rheum Dis. 2023 Jan;82(1):3-18. doi: 10.1136/ard-2022-223356.
  3. Ytterberg SR et al. Cardiovascular and Cancer Risk with Tofacitinib in Rheumatoid Arthritis. N Engl J Med. 2022 Jan 27;386(4):316-326. doi: 10.1056/NEJMoa2109927.