Medical Tribune
13. Juni 2013Heimtückische Kalorienbomben

Softdrinks machen dick und krank

Immer mehr Menschen sind zu dick, das melden medizinische Untersuchungen seit Jahren. Und Übergewicht ist umso gefährlicher, je jünger die Betroffenen sind. Denn es führt im Laufe der Jahre zwangsläufig zu einer Reihe schwerer Folgeerkrankungen, allen voran Diabetes.

Der Preis, den Dicke bezahlen müssen, besteht nicht nur in eingeschränkter Lebensqualität, sondern am Ende auch in einer verkürzten Lebenserwartung.

Schon eine Dose Cola am Tag erhöht Diabetes-Risiko

Wie ernst dieses Problem ist, zeigt eine aktuelle britische Studie. Forscher vom Imperial College London haben herausgefunden, dass das Trinken von nur einer Softdrink-Dose pro Tag bereits das relative Diabetes-Risiko um rund einen Fünftel erhöht. Forschungsleiterin ­ Dr. Dora Romaguera fordert darum: "Klar ersichtliche Botschaften über die schädlichen Wirkungen sollten an die Bevölkerung weitergegeben werden."

Softdrinks - von Coca-Cola über Limonade bis Eistee - sind im Grunde genommen nichts anderes als künstlich aromatisiertes Wasser mit Unmengen von aufgelöstem Zucker. Und sie können in grosser Menge zu sich genommen werden, ohne dass man sich dessen unbedingt bewusst ist.

Überraschenderweise entdeckten die Forscher auch bei künstlich gesüssten Getränken eine Verbindung zu erhöhtem Diabetesrisiko. Es zeigte sich jedoch, dass es verschwand, sobald der BMI* berücksichtigt wurde. Vereinfacht gesagt: Bei schlanken Menschen bringen künstlich gesüsste Softdrinks kein erhöhtes Diabetesrisiko, bei Übergewichtigen jedoch schützen sie nicht davor.

Auch Fruchtsäfte sind oft sehr süss. Interessanterweise fanden die britischen Forscher jedoch keinen Zusammenhang zwischen Fruchtsäften und dem Auftreten von Diabetes. Die Erhebung mit Befragung von rund 350 000 Personen wurde übrigens in Grossbritannien, Deutschland, Dänemark, Italien, Spanien, Schweden, Frankreich und den Niederlanden durchgeführt.

Dauernd zu viel Zucker in der Blutbahn

Warum aber verursachen die scheinbar harmlosen, wohlschmeckenden Softdrinks Diabetes, machen also schwer krank? Die Antwort ist einfach: Colagetränke, Limonaden, Eistee und Co. sind wegen dem vielen Zucker echte Kalorienbomben – und machen schlicht und einfach dick. Und Übergewicht ist der wichtigste Risikofaktor für Diabetes mellitus.

Denn bei übergewichtigen Menschen zirkuliert dauernd so viel Zucker in der Blutbahn, dass das Insulin (man kann es sich als eine Art «Besen» vorstellen) es nicht schafft, ihn rechtzeitig in die Zellen zu «fegen». Jahrelang versucht die Bauchspeicheldrüse, die Situation durch immer mehr Insulin in den Griff zu bekommen. Doch irgendwann ist sie erschöpft – und dann steigt der Blutzuckerspiegel im Blut unkontrolliert an.

Diabetes bei Kindern hat üble Folge

Deswegen müssen heute immer mehr Menschen bereits im mittleren Alter Medikamente gegen zu hohe Blutzuckerwerte nehmen oder sogar Insulin spritzen. Betroffen sind auch immer mehr Kinder. Eine verhängnisvolle Entwicklung, denn Diabetes macht über die Jahre den gesamten Organismus kaputt. Kinder, die aufgrund von falscher Ernährung und Übergewicht unter Diabetes leiden, haben aus gesundheitlicher Sicht eine ungewisse, wenig erfreuliche Zukunft.

New Yorker Bürgermeister wollte Softdrink-Grenzen

Nirgends auf der Welt wird pro Kopf eine derartige Menge Softdrinks in die Kehlen geschüttet wie in den USA. Entsprechend hoch ist dort auch das Diabetes-Aufkommen, nicht zuletzt bei den Jugendlichen. Schon vor einigen Jahren wurden deshalb Softdrink-Automaten aus zahlreichen US-Schulen verbannt. 

Die Gesundheitsbehörden in New York betrachten das Problem als so ernst, dass Bürgermeister Michael Bloomberg schlichtweg den Verkauf von XXL-Bechern mit Süssgetränken verbieten wollte – als Notmassnahme gegen die grassierende Fettleibigkeit. Nach seinem Willen wäre es ab Mitte März in allen New Yorker Fast-Food-Ketten, Kaffees, Kinos etc. untersagt gewesen, stark zuckerhaltige Getränke wie Coca Cola, aber auch gesüssten Kaffee in den (von vielen Amerikaner geliebten) grossen Bechern von über 16 Unzen (4,7 Deziliter) zu verkaufen.

Viele Verkaufsstellen hatten sich schon auf das Verbot eingestellt, als ein Gericht dem Bürgermeister schliesslich einen Strich durch die Rechnung machte und das geplante Verbot für unrechtmässig erklärte. Bloomberg will jedoch vor der nächsten Instanz für das Verbot weiterkämpfen. Er betont, dass allein in New York jedes Jahr 5000 Menschen an den Folgen der Fettleibigkeit sterben und dass laut wissenschaftlicher Studien der Konsum von Süssgetränken eine Hauptursache von Übergewicht darstellt.

Nie wieder Limo und Cola?

Gefährlich ist in Sachen Ernährung ist allerdings nur das tägliche, gewohnheitsmässige Fehlverhalten. Kleine Ausrutscher sind kein Problem: Mal eine Tafel Schokolade vor dem Fernseher oder eine eiskalte Cola im Strassenkaffee müssen erlaubt sein und bringen niemanden um - solange sie nicht zur täglichen Gewohnheit werden.

Zu viel Energie – zu wenig Bewegung

Neben kreuzfalscher und viel zu üppiger Ernährung ist der zweite Hauptfaktor für die epidemieartige Ausbreitung von Übergewicht und Diabetes der Bewegungsmangel. Für die Schweiz wurde beispielsweise eine durchschnittliche Energieaufnahme von knapp 2700 Kilokalorien (kcal) pro Person und Tag berechnet (ohne alkoholische Getränke). Das liegt zwar mindstens 20 bis 30 % über der empfohlenen Zufuhr, entspricht aber nicht wesentlich mehr als die durchschnittlichen Energieaufnahme vor 30 Jahren. Trotzdem gibt es heute viel mehr dicke Menschen.

Die Ursache für diese Entwicklung liegt bei den Lebensumständen, die sich im Gegensatz zur Nahrungsaufnahme in den letzten Jahrzehnten stark verändert haben. Man bewegt sich einfach immer weniger. Doch das ist kein unabwendbares Schicksal! Und die gute Nachricht: Wer aktiv ist und sich regelmässig bewegt, kann sich problemlos ab und zu eine Limo gönnen.

* BMI steht für Body-Mass-Index, eine Masszahl für die Bewertung des Körper- gewichts eines Menschen in Relation zu seiner Körpergrösse (siehe auch z.B.: BMI-Rechner)