Medical Tribune
27. Mai 2024Ein Sprung nach vorne

Urothelkarzinom: Neuer Standard Enfortumab-Vedotin / Pembrolizumab

Zwei kürzlich erschienene Veröffentlichungen empfehlen die Kombination von Enfortumab-Vedotin und Pembrolizumab als neuen Standard für die Erstlinienbehandlung des lokal fortgeschrittenen/metastasierten Urothelkarzinoms. Die Kombination erzielte bessere Ergebnisse hinsichtlich progressionsfreiem und Gesamtüberleben im Vergleich zur platinbasierten Chemotherapie.

Enfortumab-vedotin plus Pembrolizumab könnte zum neuen Erstlinienstandard beim lokal fortgeschrittenen Urothelkarzinom werden.
Sebastian Kaulitzki/stock.adobe.com

Seit Jahrzehnten galt die platinbasierte Chemotherapie als Erstlinienstandard des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Urothelkarzinoms. Das könnten die Ergebnisse der Phase-3-Studie EV-302 nun ändern. Darin prüften britische Forschende die Wirkung von Enfortumab-Vedotin (EV) in Kombination mit Pembrolizumab bei zuvor unbehandelten Patienten (1).

442 Teilnehmer erhielten die neue Kombination, während 444 Teilnehmer Gemcitabin plus Cisplatin oder Carboplatin erhielten. Nach einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 17,2 Monaten war das mediane progressionsfreie Überleben im Interventionsarm mit 12,5 Monaten signifikant länger als in der Kontrollgruppe mit 6,3 Monaten (HR 0,45; 95 %-KI 0,38–0,54; p < 0,001).

OS in diversen Subgruppen konsistent verlängert

Auch das mediane Gesamtüberleben war unter der Kombinationstherapie signifikant besser (31,5 Monate vs. 16,1 Monate; HR 0,47; 95 %-KI 0,38–0,58; p < 0,001). Die Ergebnisse waren in verschiedenen Subgruppen konsistent und unabhängig von der Eignung für eine Therapie mit Cisplatin oder dem PD-L1-Status.

67,7 gegenüber 44,4 Prozent der Teilnehmer sprachen auf die Behandlung an, darunter 29,1 versus 12,5 Prozent mit einer kompletten Remission. Die mediane Dauer des Ansprechens wurde unter Enfortumab-Vedotin/Pembrolizumab nicht erreicht, während sie unter Chemotherapie sieben Monate betrug.

55,9 versus. 69,5 Prozent der Teilnehmer hatten therapiebedingte Nebenwirkungen vom Grad 3 oder höher. Die häufigsten Nebenwirkungen unter der Kombinationstherapie waren makulopapulöse Ausschläge (7,7 %), Hyperglykämie (5,0 %) und Neutropenie (4,8 %). In der Kontrollgruppe traten am häufigsten therapiebedingte Nebenwirkungen ≥ Grad 3 auf (z.B. Anämie 31,4 %; Neutropenie 30,0 %, Thrombozytopenie 19,4 %).

Prof. Dr. Günter Niegisch vom Universitätsklinikum Düsseldorf bezeichnet EV-302 in einem begleitenden Editorial als wegweisende Studie, die einen neuen Standard setzt (2).

Die Behandlung des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Urothelkarzinoms habe damit einen grossen Fortschritt gemacht. Es bleiben jedoch noch offene Fragen, wie zum Beispiel der zukünftige Stellenwert der platinbasierten Chemotherapie und die jährlichen Kosten der Behandlung.

Fragen nach Kosten und Therapiestopp von Enfortumab-Vedotin klären

Laut einer aktuellen Analyse sind die Kosten für die Behandlung mit Enfortumab-Vedotin + Pembrolizumab etwa 3,8-mal höher als die Kosten für eine platinbasierte Chemotherapie, gefolgt von einem Wechsel zur Erhaltungstherapie mit Avelumab.

In diesem Zusammenhang spielt auch die Dauer der Therapie eine Rolle. In der Studie EV-302 war Pembrolizumab auf maximal zwei Jahre begrenzt, während Enfortumab-Vedotin unbegrenzt verabreicht werden konnte. Es ist unklar, ob die Therapien zu einem bestimmten Zeitpunkt abgebrochen werden können, ohne das onkologische Ergebnis negativ zu beeinflussen.

Daten zu Folgetherapien

Zum Zeitpunkt der Datenanalyse erhielten noch 32,6 Prozent der Patienten aus der Interventionsgruppe und kein Patient aus der Kontrollgruppe die jeweilige Therapie. 31,7 Prozent der Patienten aus der Interventionsgruppe und 70,5 Prozent der Patienten aus der Kontrollgruppe benötigten eine nachfolgende Behandlung.