Medical Tribune
26. Feb. 2016Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen

«Moderne Brustkrebsoperationen mit sehr guten ästhetischen Resultaten»

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Dank multimodaler Therapie werden 80 % aller Patientinnen geheilt. Die Brustchirurgie war lange zu radikal. Heute sind neben der onkologischen Sicherheit auch Zufriedenheit und Lebensqualität von höchster Bedeutung. Aus diesem Grund wurde die onkoplastische Chirurgie entwickelt.

Die onkoplastische Chirurgie kombiniert Techniken des Tumorchirurgen und plastischen Chirurgen. Sie kommt sowohl bei der Brustentfernung als auch bei der brusterhaltenden Operation zur Anwendung.

Jede Patientin, jede Brust und jeder Krebs ist anders

Während sich die onkoplastische Brustentfernung (Mastektomie) mit Sofortrekonstruktion weltweit durchgesetzt hat, wird die onkoplastische brusterhaltende Chirurgie (Tumorektomie) nur in wenigen spezialisierten Zentren angeboten. Ein Hauptgrund hierfür ist der gros­se organisatorische Aufwand.

Während die onkoplastische Brust­entfernung mit Rekonstruktion weitgehend standardisiert ist und einen Einsatz beider Disziplinen nacheinander ermöglicht, erfordert die onkoplastische Tumorektomie eine enorme Flexibilität und Zusammenarbeit. Jede Patientin, jede Brust und jeder Brustkrebs ist anders. Die Indikation wird im interdisziplinären Tumorboard gestellt, wo entsprechend alle Disziplinen anwesend sein müssen. Wird dort eine Operation als erster Schritt entschieden, sollte die Patientin ambulant noch vor Spitaleintritt von dem Tumorchirurgen und dem plastischen Chirurgen zusammen beurteilt werden.

Je nach Wunsch der Patientin, nach Form und Grösse der Brust und schliesslich nach Ausmass und Lokalisation des Tumors wird die individuell beste Operation festgelegt. Am Tag des Spitaleintritts wird die Operationsplanung an der sitzenden oder stehenden Patientin angezeichnet. Der Tumorchirurg und der plastische Chirurg führen den Eingriff zusammen durch und sind von Beginn des Hautschnitts bis zur Hautnaht anwesend. Es gibt eine klare Rollenverteilung, wobei die onkologisch sichere Entfernung des Tumors die oberste Priorität hat. Beide Disziplinen führen die Nachkontrollen bis zur gesicherten Wundheilung durch.

Seit Dezember 2014 übernehmen die Krankenkassen beidseitige Operationen, also auch die Grössenanpassung der gesunden Gegenseite. Das unterstreicht die Entwicklung in Richtung Ästhetik, Patientinnenzufriedenheit und Lebensqualität als wichtige Aspekte einer erfolgreichen Brustkrebsbehandlung.

Verschiedene Techniken stehen zur Verfügung

Es gibt einige Prinzipien und Standardtechniken, die den aktuellen Wünschen und Verhältnissen angepasst werden. Wenn eine Patientin grosse und hängende Brüste hat, ist sie nach der Operation häufig zufriedener mit dem Aussehen ihrer Brüste als vorher. Die Technik der Wahl entspricht einer modifizierten Brustverkleinerung. Die Abbildung 1 zeigt eine Patientin vor einer solchen Operation mit den Planungslinien für die beidseitige Brustverkleinerung, wobei in der linken Brust der Krebs entfernt und gleichzeitig die rechte Brust für die optimale Symmetrie angepasst wurde. Die Abbildung 2 zeigt die gleiche Patientin drei Monate nach der Operation.

Häufig ist es nötig, eine Hautspindel mit dem Tumor zu entfernen. Eine mögliche Technik ist die Racquet-Mammaplastik, wobei die Tumorektomie mit einer Bruststraffung kombiniert und häufig ebenfalls die Gegenseite angepasst wird. Die Abbildung 3 zeigt eine Patientin vor einer solchen Operation, die Abbildung 4 mit den Planungslinien und die Abbildung 5 sechs Monate nach der Operation.

Wenn die Brüste klein sind oder man nur einseitig operiert, hat die onkoplastische Chirurgie zum Ziel, die Asymmetrie und die Deformität zu verhindern, welche durch die Tumorentfernung entstehen können. Eine sehr gute Technik ist die Round-Block-Mammaplastik. Dabei wird der Zugang durch eine Inzision um den Warzenhof erstellt, der Tumor entfernt und die Brustform wiederhergestellt und gestrafft. Abbildung 6 zeigt den Zugang mit zwei oberflächlichen Inzisionen um den Warzenhof, Abbildung 7 den Zustand nach Entfernung des Tumors und Abbildung 8 die Patientin nach einem Jahr.

Vor- und Nachteile der onkoplastischen Chirurgie

Mit der onkoplastischen Chirurgie lassen sich bessere ästhetische Resultate
erreichen. Daraus resultiert eine verbesserte Zufriedenheit der Patientinnen mit gesteigerter Lebensqualität. Der Nachteil ist der grosse logistische Aufwand für die komplexen Abläufe. Im Tumorzentrum des Universitätsspitals Basel wurden diese standardisiert. Die Operationsdauer ist im Vergleich zur konventionellen Brustchirurgie etwas länger. Die onkologische Sicherheit ist jedoch belegt durch konsistente Evidenz aus immer mehr Patientenserien, die keine Verzögerung der nachfolgenden Behandlung und keine Erhöhung der Rückfallraten zeigen. Wir bieten unseren Patientinnen sowohl die onkoplastische als auch die konventionelle Brustchirurgie an. Die guten Resultate und die steigende Nachfrage motivieren uns jedoch, das Angebot der onkoplastischen Chirurgie stetig zu verfeinern und auszubauen.

Prof. Dr. Walter P.Weber
Chefarzt Brustchirurgie
Breast Surgeon SSO
Klinik für Allgemeinchirurgie
Universitätsspital Basel

PD Dr. Martin D. Haug
Stv. Chefarzt
Plastische, Rekonstruktive, Ästhetische und Handchirurgie
Universitätsspital Basel