Medical Tribune
5. Feb. 2024Mit Phytopharmaka schneller wieder gesund

Pflanzliche Arzneimittel als Alternativen zu Antibiotika

Pflanzliche Arzneimittel können das Immunsystem modulieren und die Häufigkeit bakterieller und viraler Infektionen reduzieren. Sie sind zudem gut verträglich und können helfen, Antibiotika einzusparen. Eine Expertin erklärt, wie Phyto­therapeutika bei Atemwegs­infekten evidenzbasiert in der Praxis eingesetzt werden.

Echinacea Blumen auf einem Feld.
Menyhert/stock.adobe.com
Salbei, Roter Sonnenhut und Kapland-Pelargonie haben antivirale und antibakterielle Eigen­schaften.

Ein viraler Atemwegsinfekt beginnt in der Regel mit Halsschmerzen, auf die Gliederschmerzen, eventuell auch Fieber sowie Schnupfen und Husten folgen.

«Zu jeder Zeit kann es zu einer bakteriellen Infektion kommen, und diese muss zwingend verhindert werden», betont HNO-Ärztin Dr. Barbara Zürcher, niedergelassene HNO-Ärztin in Neuenburg und Präsidentin SMGP-Westschweiz (1).

Pflanzliche Arzneimittel früh einsetzen

So empfehlen Fachgesellschaften bei Kindern mit Mittelohrentzündung, Halsschmerzen und bei Strepto­kokken-Angina nicht gleich ein Anti­biotikum zu verschreiben, sondern zunächst 24 bis 48 Stunden zuzuwarten und eventuell symptomatisch zu behandeln. Von Hustensirup wird wegen der Nebenwirkungen heute ganz abgeraten.

Bereits in einer frühen Erkältungsphase können Ärzte ihren Patienten jedoch mit einem pflanzlichen Mittel Gutes tun. «Denn Phyto­therapeutika eignen sich als Anti­biotika-Alternative, zur Anti­biotika-Prävention und können auch mit Antibiotika kombiniert werden», erklärt Dr. Zürcher.

Efeu fördert Auswurf und wirkt bronchospasmolytisch

Wirksamkeit und Sicherheit sind für viele Arzneipflanzen gut erforscht. «Echinacea etwa hemmt ein grosses Spektrum an respiratorischen Viren, wirkt antibakteriell und immun­modulierend», so die Referentin.

Für eine Prophylaxe sollte man Echinacea nicht länger als acht Wochen ununterbrochen einnehmen. Bei Kindern konnten nach einer zweimal zwei Monate langen präventiven Einnahme mit einer Woche Einnahme­pause die Antibiotika-Verschreibungen um 76,3 Prozent und die Anzahl Krankheitstage im Falle einer Erkältung reduziert werden (2.) Die neusten Präventionsstudien mit Erwachsenen konnten gar eine antivirale Wirkung gegen SARS-CoV-2 belegen (3).

Für die Kapland-Pelargonie sind ebenfalls gute antivirale und anti­bakterielle Eigenschaften sowie schleimlösende, entzündungshemmende und immun­stimulierende Effekte nachgewiesen. Die Haupt­wirkstoffe sind Phenolsäuren, Gerbstoffe und Cumarine. Placebo­kontrollierte Studien zeigten für den ab zwei Jahren zugelassenen Wurzel-Spezialextrakt EPs® 7630 eine signifikante Verbesserung der Symptomatik bei akuter Bronchitis und Rhinosinusitis sowie bei Kindern bei einer Tonsillitis (4-6).

Efeu, der als Hustensirup verschrieben wird, ist laut Dr. Zürcher ebenfalls eine gute Option, insbesondere bei produktivem Husten. Aufgrund seiner Wirkstoffe – Saponine, Flavonoide, ätherische Öle, Kaffee­säure-Derivate – hat die Pflanze auswurf­fördernde, broncho­spasmo­lytische und -sekreto­lytische Effekte und verbessert die mukoziliäre Clearance.

In multizentrischen Studien mit fast 10.000 Kindern und Erwachsenen wirkte der Efeublätter-Trockenextrakt EA 575® besser als Acetylcystein und punktete bei der Verträglichkeit (7,8) Auch für Thymian belegen Daten eine signifikante klinische Verbesserung des Hustens und eine sehr gute Verträglichkeit (9) Eine Studie zeigte auch: Je früher Thymian bei Husten eingesetzt wird, desto besser ist seine Wirkung.

Kaum Nebenwirkungen bei pflanzlichen Arzneimitteln

Meerrettich ist nicht nur ein potentes Phytotherapeutikum bei Blasen­entzündungen, sondern auch bei einer Bronchitis und Sinusitis. Er hat insbesondere anti­bakterielle und auswurf­fördernde Wirkungen. In einer Arbeit mit über 1.600 Patienten mit Sinusitis, Bronchitis oder Zystitis war das Kombinations­präparat mit Kapuziner­kresse vergleichbar wirksam wie ein Standard-Anti­biotikum (10).

Der Salbei ist eine wirksame Pflanze für lokale Entzündungen im Mund- und Rachenbereich. Eine Studie mit Patienten mit akutem Husten ergab keine signifikante Wirk­unterschiede zwischen einem Salbei/Echinacea-Spray und einem Chlorhexidin/Lidocain-Spray (11). «Die Salbei-Echinacea-Kombination hat aber den Vorteil, dass sie zusätzlich auch eine anti­bakterielle und anti­virale Wirkung hat», so die Referentin. Sie selbst verschreibe Salbei gar bei einer Streptokokken-Angina.

Positive Daten bestehen auch für ein Destillat aus dem ätherischen Öl von Eukalyptus­blättern, Orangen- und Zitronenschale und Myrten­blätter. Die Studienautoren empfehlen die Kombination für die Behandlung von akuten und chronischen Atemwegsinfekten sowie präventiv bei COPD (12).

«Im Vergleich zu Antibiotika haben pflanzliche Arzneimittel den Vorteil, dass sie kaum Neben­wirkungen verursachen und keine Resistenzen fördern», betont Dr. Zürcher. Ausserdem müssen im Verlauf einer Atemwegsinfektion auch weniger Antibiotika verschrieben werden, wenn Patienten primär ein Phyto­therapeutikum erhalten, zitiertdie Expertin schliesslich noch aus einer weiteren Studie (13).