Zu starke Periodenblutungen frühzeitig adäquat abklären
Starke Regelblutungen sind bei Mädchen und jungen Frauen häufig und können auf eine Blutgerinnungsstörung hinweisen. Dr. Alessandra Bosch, Oberärztin für Hämatologie am Universitätskinderspital Zürich, betonte beim Gynea-Symposium, wie wichtig es ist, verstärkte Menstruationsblutungen frühzeitig zu untersuchen und zu behandeln.

Zu starke Regelblutungen (Heavy Menstrual Bleeding, HMB) haben viele Auslöser. Bei Heranwachsenden liegt die Ursache oft in einer unreifen Hypothalamus-Hypophysen-Ovar-Achse. Auch Infektionen, Medikamente, Schwangerschaften oder Blutungsstörungen, darunter genetische Gerinnungsprobleme, können eine Rolle spielen.
Laut einem Review von Dr. Bosch leiden bis zu 16 % der erwachsenen Frauen und 39 % der Jugendlichen mit HMB an einer Blutungsstörung (1). Umgekehrt haben 90 % der Mädchen und Frauen mit diagnostizierten Blutungsstörungen abnorm starke Menstruationsblutungen.
Die meisten Adoleszentinnen mit HMB erhalten von ihren Gynäkologinnen und Gynäkologen lediglich eine symptomatische Therapie. Dies verzögert die Diagnose von Blutungsstörungen und beeinträchtigt die Lebensqualität. Dr. Bosch forderte daher, verstärkte Menstruationsblutungen bei jungen Frauen konsequent abzuklären und zu behandeln.
Was sind zu starke Monatsblutungen?
Eine HMB liegt per Definition vor, wenn Mädchen und Frauen pro Zyklus mehr als 80 ml Blut verlieren. Abschätzen lässt sich die verstärkte Blutung mit der 7:2:1-Regel. Nach dieser Regel gilt eine Monatsblutung als stark, wenn sie länger als sieben Tage andauert, Binden oder Tampons mindestens alle zwei Stunden gewechselt werden müssen und mit der Blutung auch Koagel ausgeschieden werden, die grösser als eine 1-Franken-Münze sind.
In Studien wird zur Quantifizierung der Blutungsstärke auch der PBAC (Pictorial Blood Assessment Chart)-Punktescore favorisiert. Mit Hilfe dieses Tools führen die Frauen über die gesamte Menstruationsdauer darüber Buch, wie viele Binden oder Tampons sie pro Tag benötigen, wie stark diese mit Blut getränkt und wie gross die ausgeschiedenen Blutgerinnsel sind. Besteht ein Verdacht auf eine Blutungsstörung erfolgen mit dem Pediatric Bleeding Questionnaire (PBQ)- und dem International Society on Thrombosis and Haemostasis–Bleeding Assessment Tool (ISTH-BAT)-Score weitere Abklärungen. Validiert ist das PBQ-Tool für das von-Willebrand-Syndrom bei Kindern, der ISTH-BAT-Score für ein von-Willebrand-Syndrom, eine Hämophilie oder Fibrinogen- und Plättchenfunktionsstörungen bei Erwachsenen. Für die Diagnose müssen zudem die Familienanamnese und weitere seltene, mit der HMB assoziierte Probleme (z. B. Teleangiektasien, Hypermobilität) berücksichtigt werden.
In einer retrospektiven Studie mit 200 Adoleszentinnen war ein Drittel von Blutungsstörungen betroffen (2). Von diesen wiesen 16 % einen niedrigen Wert des von-Willebrand-Faktors auf, eine von-Willebrand-Erkrankung hatten 11 % und eine qualitative Thrombozytendysfunktion 4,5 %.
Schrittweise zur Diagnose
Um verstärkte Menstruationsblutungen abzuklären, ist ein strukturiertes Vorgehen notwendig. Ein Vorschlag, wie eine solche Abklärung erfolgen kann, hat die Referentin in ihrem Review veröffentlicht (1). Der Algorithmus sieht als erstes das Erfassen der Blutungsstärke mit Hilfe der 7:2:1-Regel und des PBAC-Scores vor.
In einem zweiten Schritt wird mit Hilfe von Tools (ISTH-BAT, SelfBAT) nach anderen Blutungssymptomen gesucht. Die dritte und vierte Phase beinhaltet Laboranalysen. Die Diagnose Blutungsstörung unbekannter Ursache steht, wenn alle Tests und Untersuchungen negativ ausgefallen sind, aber eine relevante Blutungsneigung feststeht.
Eisenmangel bei HMB immer behandeln
«Einen Hinweis auf eine HMB liefert oft auch ein Eisenmangel», erklärte Dr. Bosch. Pädiatrische Guidelines empfehlen keine Supplementation, wenn ein Eisendefizit ohne Anämie besteht. «Bei einer HMB ist es aber nur eine Frage der Zeit, bis sich eine Anämie entwickelt», erklärte sie und empfahl, einen Eisenmangel bei Mädchen und jungen Frauen mit zu starken Periodenblutungen auch ohne Anämie immer zu behandeln.
Für die orale Supplementation stehen zwei- und dreiwertige Eisenpräparate zur Verfügung. «Zweiwertiges Eisen ist effektiver, das dreiwertige wird aber besser toleriert» erläuterte Dr. Bosch. Sie riet dazu, die Therapie mit zweiwertigem Eisen zu beginnen und bei Unverträglichkeit auf eine Supplementation mit dreiwertigem Eisenpräparat zu wechseln. Zur Behandlung gehört ausserdem eine eisenreiche Ernährung. Hier gilt: Tierisches Eisen wird vom Körper besser aufgenommen als pflanzliches.
Die Behandlung von starken Monatsblutungen mit unbekannter Ursache umfasst Tranexamsäure oder eine Hormontherapie. Bei verstärkten Menstruationsblutungen verschreiben Gynäkologinnen und Gynäkologen in der Regel eine kombinierte hormonelle Kontrazeption oder ein Gestagen-Monopräparat. Genetisch bedingte Blutungsstörungen werden je nach Ursache und Blutungsstärke behandelt.
- Bosch A et al. Women and Hereditary Bleeding Disorders. Hamostaseologie 2025; 45: 70–79.
- Zia A et al. Bleeding disorders in adolescents with heavy menstrual bleeding in a multicenter prospective US cohort. Haematologica 2020; 105(7): 1969–1976