Medical Tribune
9. Dez. 2025Drogen bringen Betroffenen laut Selbstauskunft effektive Symptomlinderung

Cannabis und Psychedelika bei Essstörungen

Cannabis und Psychedelika wirken bei Essstörungen besser als klassische Medikamente – zumindest aus Sicht der Betroffenen. Eine Studie zeigt, welche Substanzen helfen können.

A woman's hand with natural nails holds a joint with medical marijuana on a light purple background.  copy space
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Für Essstörungen wie die Anorexie oder Bulimie existieren kaum effektive Pharmakotherapien. Viele Erkrankte erhalten dennoch verschreibungspflichtige psychotrope Medikamente, um Komorbiditäten wie Depressionen oder Angststörungen zu behandeln.

Auch Sub­stanzmissbrauch ist in diesem Patientenkollektiv häufig, erläutert ein australisches Forscherteam um Sarah-Catherine­ Rodan­ von der University of Sydney. Die Autorinnen und Autoren gingen der Frage nach, welche Erfahrungen Menschen mit Essstörungen mit verschiedenen Medikamenten bzw. mit Genussmitteln und Drogen gemacht haben.

Personen mit Essstörungen und gestörtem Essverhalten untersucht

Über Social Media, Selbsthilfegruppen und E-Mail-Verteiler rekrutierten die Forscher 6612 Personen, die einen Online-Fragebogen ausfüllten. Die Teilnehmenden kamen überwiegend aus Australien, dem Vereinigten Königreich und den USA, waren im Schnitt 24,3 Jahre alt, und 94 Prozent von ihnen waren Frauen.

Etwa zwei Drittel der Befragten hatten eine klinisch diagnostizierte Essstörung – am häufigsten Anorexie (41 Prozent), gefolgt von Bulimie (19 Prozent), Binge-Eating-Störung (11 Prozent) und vermeidend-restriktiver Ernährungsstörung (ARFID; 9 Prozent). Wer keine Diagnose hatte, musste ein gestörtes Essverhalten mit erheblichem Leidensdruck bestätigen. Konkret fragten die Forscher nach DSM-5-Symptomen wie Kalorienrestriktion, Angst vor Gewichtszunahme oder selbst herbeigeführtem Erbrechen.

Cannabis als wirksamste Substanz bewertet

Die Teilnehmenden berichteten auch über ihren Substanzkonsum und dessen Einfluss auf ihre Essstörung und psychische Gesundheit. Zu den abgefragten Substanzen zählten Koffein, Nikotin, Kokain, Alkohol, Cannabis, verschreibungspflichtige Psychopharmaka, Psychedelika, Ketamin, Amphetamine, Stimulanzien und Opioide.

Am häufigsten bewerteten die Befragten Cannabis als hilfreich gegen Symptome von Essstörungen, gefolgt von Psychedelika, insbesondere Psilocybin. Lisdexamfetamin und Fluoxetin untersuchten die Forscher gezielt im Zusammenhang mit Binge-Eating-Störung und Bulimie – Erkrankungen, bei denen diese Medikamente in Leitlinien oder als zugelassene Therapien empfohlen werden. Betroffene mit diesen Diagnosen stuften die Substanzen als subjektiv wirksam ein. Andere verschreibungspflichtige Psychopharmaka linderten zwar nicht die Essstörungssymptome, verbesserten aber das allgemeine psychische Wohlbefinden. Alkohol, Nikotin, Kokain und Tabak bewerteten die Teilnehmenden hingegen als besonders schädlich.

Das Autorenteam regt an, Cannabinoide und Psychedelika als Optionen für Menschen mit Essstörungen zu prüfen und untersucht derzeit die Wirkung von Psilocybin bei Ano­rexie. Zudem sei eine Pilotstudie zum therapeutischen Potenzial von Cannabidiol bei schwerer Anorexie «nahezu abgeschlossen».