Wann sich Mastektomie und Adnexektomie bei BRCA-Mutation lohnen
Trägerinnen pathogener BRCA1- oder BRCA2-Varianten, die bereits ein Mammakarzinom erlitten haben, profitieren hinsichtlich der Überlebensprognose von einer prophylaktischen Mastektomie und Adnexektomie. Negative Folgen für die kardio- und zerebrovaskuläre oder die psychische Gesundheit zieht letzterer Eingriff offenbar nicht nach sich. Allerdings sind noch viele Fragen offen.

Der Nutzen risikoreduzierender chirurgischer Eingriffe bei Trägerinnen pathogener BRCA1- oder BRCA2-Varianten hängt davon ab, ob die Operationen die Mortalität senken, die Lebensspanne verlängern, die Lebensqualität verbessern und kosteneffizient sind, schreibt Dr. Virgilio Sacchini vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York (1).
Langzeitfolgen der Adnexektomie
Dabei seien auch potenzielle Nachteile zu berücksichtigen, beispielsweise die Begünstigung von Erkrankungen nach Ovarektomie. Weiterhin stelle sich die Frage, in welchem Ausmass Mutationsträgerinnen, die bereits an Brustkrebs erkrankt sind und deren Lebenserwartung möglicherweise eingeschränkt ist, von entsprechenden Eingriffen profitieren. Zwei neue Kohortenstudien liefern nun einige Antworten.
Ein britisches Forscherteam um Hend Hassan von der Universität Cambridge untersuchte, mit welchen langfristigen gesundheitlichen Konsequenzen Trägerinnen pathogener BRCA1- oder BRCA2-Varianten, die bereits ein Mammakarzinom entwickelt haben, nach einer bilateralen Adnexektomie rechnen müssen (2).
Die Datenbasis hierzu lieferten das britische Krebsregister, Gendiagnostik- sowie Klinikdatenbanken. Das Analysekollektiv bildeten 3423 Personen, die im Alter von 20–75 Jahren zwischen 1995 und 2019 die Diagnose Brustkrebs erhalten hatten.
1674 von ihnen wiesen eine BRCA1-, 1740 eine BRCA2-Mutation und neun beide pathogenen Varianten auf. Im Verlauf von median 5,5 Jahren Nachbeobachtungszeit hatten sich 851 (50,8 %), 1001 (57,5 %) und drei (33,3 %) Teilnehmerinnen dieser drei Gruppen einer bilateralen Adnexektomie unterzogen.
Allgemeines Sterberisiko durch Adnexektomie halbiert
Bei Berücksichtigung des Alters, des Diagnosejahrs, der ethnischen Abstammung, des Deprivationsindex, der Tumorcharakteristika, der Komorbiditätenbelastung, der onkologischen Therapie und der Diagnose von Zweittumoren korrelierte dieser Eingriff unabhängig von der BRCA-Variante sowohl mit einer signifikant geringeren Gesamt- (HR 0,52; 95%-KI 0,41–0,64) als auch brustkrebsspezifischen Mortalität (HR 0,95%; KI 0,42–0,70). Einen Vorteil bezüglich der nicht brustkrebsspezifischen Sterblichkeit stellten die Forschenden dagegen nicht fest. Die prophylaktische Ovarektomie schützte allerdings vor Zweittumoren ausserhalb der Brust (HR 0,59; 95%-KI 0,37–0,94).
Weder kardiovaskuläre oder zerebrovaskuläre Erkrankungen noch eine ischämische Herzerkrankung oder Depressionen traten nach bilateraler Adnexektomie häufiger auf als ohne diesen prophylaktischen Eingriff. Diese Beobachtungen sprechen dafür, Mammakarzinomerkrankten mit BRCA1- oder BRCA2-Mutation eine bilaterale Adnexektomie zu empfehlen, unterstreichen die Autorinnen und Autoren daher abschliessend.
Deutlicher Überlebensvorteil bei jungen BRCA-Trägerinnen
Auch ein internationales Team um Dr. Eva Blondeaux, Ospedale Policlinico San Martino, Genua, stellte im Rahmen einer retrospektiven Kohortenstudie einen Nutzen risikoreduzierender Operationen bei jungen BRCA-Mutationsträgerinnen fest (3). Ausser der bilateralen Adnexektomie prüften die Forscher dabei auch den prognostischen Nutzen der risikoreduzierenden Mastektomie.
Hierzu werteten sie die Daten von 5290 Personen aus, bei denen zwischen 2000 und 2020 im Alter von ≤ 40 Jahren ein Mammakarzinom diagnostiziert worden war. 109 Zentren in fünf Kontinenten steuerten Daten zu der Analyse bei.
2910 Erkrankte (55 %) unterzogen sich einer risikoreduzierenden Mastektomie und 2782 (52,6 %) einer Adnexektomie. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 8,2 Jahren hatten diese deutliche Vorteile bezüglich des Gesamtüberlebens (aHR 0,65; 95%-KI 0,53–0,78 bzw. aHR 0,58; 95%-KI 0,48–0,71).
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- Sacchini V. Risk-reducing surgery in BRCA carriers: do we need more evidence? Lancet Oncol 2025; doi: 10.1016/S1470-2045(25)00232-3.
- Hassan H et al. Long-term health outcomes of bilateral salpingo-oophorectomy in BRCA1 and BRCA2 pathogenic variant carriers with personal history of breast cancer: a retrospective cohort study using linked electronic health records. Lancet Oncol 2025; doi: 10.1016/S1470-2045(25)00156-1.
- Blondeaux E et al. Association between risk-reducing surgeries and survival in young BRCA carriers with breast cancer: an international cohort study.
Lancet Oncol 2025; doi: 10.1016/S1470-2045(25)00152-4