Entzündliche Darmerkrankungen: Was pflanzenbasierte Ernährung gesund macht
Kann eine gezielte pflanzenbasierte Ernährung den Verlauf von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa positiv beeinflussen? Zwei Forscherinnen stellten am ECCO vielversprechende Ergebnisse zur Rolle gesunder pflanzlicher Lebensmittel und fermentierbarer Ballaststoffe vor.

«Insbesondere westliche Diäten werden immer wieder mit entzündlichen Darmerkrankungen (IBD) in Verbindung gebracht» sagt Dr. Judith Wellens, Universitätsklinikum Leuven, Belgien, am ECCO 2025 (1).
«Präklinische Studien haben uns hingegen bereits gezeigt, dass pflanzenbasierte Ernährung das Darmmikrobiom auf eine vorteilhafte Weise verändert. Allerdings enthalten viele für IBD empfohlene Diäten – zum Beispiel die Crohn’s Disease Exclusion Diet – tierische Bestandteile. Das ist sowohl für Patienten als auch für Ärzte verwirrend.»
«Gesunde» versus «ungesunde» pflanzenbasierte Ernährung
In der von Dr. Wellens durchgeführten Studie verglich sie den Effekt von gesunden pflanzenbasierten Ernährungsweisen und ungesunden Versionen (z.B. stark verarbeiteten pflanzlichen Lebensmitteln) auf das Auftreten von IBD in einer Population von Hochrisikopatienten.
Dazu untersuchte sie Kohorten von 187.888 Teilnehmern aus der UK Biobank sowie von 341.539 Probanden aus der EPIC-IBD-Kohorte, die Daten aus acht europäischen Ländern beinhaltet. Die Teilnehmer hatten im Zuge der Studien 24-Stunden-Protokolle zur Ernährung (UK Biobank), bzw. Food Frequency Questionnaires (EPIC) ausgefüllt.
In ihrer Studie definierten die Forscher drei Arten von pflanzenbasierter Ernährung. Dazu fokussierten sie sich zuerst auf alle pflanzenbasierten Lebensmittel mit dem Plant-Based Food Index (PDI). Im Anschluss konstruierten sie einen Gesundheits-Index für den PDI, der die Pflanzen-Diäten in gesund und ungesund unterteilte.
- Als gesunde pflanzenbasierte Ernährung galten etwa viel Gemüse, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte.
- Als ungesunde pflanzenbasierte Ernährung gelten etwa viele verarbeitete Lebensmittel, Zucker und raffinierte Kohlenhydrate in der Diät.
Primäres Ergebnis war das Auftreten von IBD (Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa).
«Pudding-Veganer» ohne Schutz
Generell hatten Personen nur durch den hohen Konsum von pflanzlichen Produkten keinen Schutz vor einem Auftreten von IBD. Fokussierten sich die Forscher aber auf Personen mit hohen Werten beim «gesunden» PDI, ergab sich für sie ein niedrigeres Risiko für entzündliche Darmerkrankungen. In der UK Biobank-Kohorte entwickelten etwa 925 Teilnehmer während des medianen Follow-Ups von 11,6 Jahren eine IBD. Teilnehmer mit hohen Werten beim gesunden PDI hatten ein um 25 Prozent reduziertes IBD-Risiko (29% in der EPIC-Kohorte). Hohe Werte beim «ungesunden» PDI waren wiederum mit einem um 48 Prozent höheren IBD-Risiko verbunden (54% in der EPIC-Kohorte). Für Morbus Crohn und Colitis ulcerosa gab es dabei ähnliche Ergebnisse.
Zudem hatten Probanden mit hohen Werten beim «gesunden PDI» ein um rund 50 Prozent niedrigeres Risiko für eine schlechte IBD-Prognose, einschliesslich IBD-bezogenen Operationen.
Dr. Wellens betonte, dass Patienten mit IBD durchaus von pflanzenbasierter Ernährung profitieren können. Allerdings sei eine gezielte Ernährungsberatung notwendig, um sicherzustellen, dass die Qualität der Nahrung stimmt und keine schädlichen pflanzlichen Lebensmittel konsumiert werden.
Fermentierbare Ballaststoffe als Prävention bei Hochrisikopersonen
Zu den aktiven Inhaltsstoffen in pflanzlichen Lebensmitteln gehören unter anderem fermentierbare Ballaststoffe. Dabei handelt es sich um eine Gruppe von löslichen Ballaststoffen, die im Kolon von Darmbakterien fermentiert werden können. Dabei entstehen kurzkettige Fettsäuren (SCFAs) wie Butyrat, Acetat und Propionat, denen entzündungshemmende und darmgesundheitsfördernde Effekte nachgesagt wurden.
Zu den fermentierbaren Ballaststoffen gehören beispielsweise
- Inulin (z.B. in Zwiebeln, Knoblauch, Chicorée)
- Beta-Glucan (z.B. in Hafer)
- Pektin (z.B. in Äpfeln, Zitrusfrüchten)
- Fructo-Oligosaccharide (FOS, z.B. in Bananen, Spargel)
«Epidemiologische Studien haben einen hohen Ballaststoff-Intake mit einem reduzierten Risiko für Morbus Crohn in Verbindung gebracht» sagt Dr. Catherine McShane, Universität Toronto (2). Sie stellte die Ergebnisse aus dem GEM-Projekt vor, einer prospektiven Kohortenstudie mit über 2.600 Teilnehmern zur Identifikation von Risikofaktoren für Morbus Crohn.
Dabei handelt es sich um gesunde Erwachsenen mit einem familiären Risiko für Morbus Crohn. Die Probanden wurden mittels Food Frequency Questionnaire (FFQ) zu ihrem Ernährungsverhalten befragt. Zusätzlich wurden biologische Analysen zu ihrer Darmgesundheit durchgeführt, darunter
- Ein Darmpermeabilitätstest über die Lactulose-Mannitol-Ratio
- Die Überprüfung von fäkalem Calprotectin als Marker für Darmentzündungen
- Die Analyse von Stuhlproben mittels 16S rRNA-Sequenzierung, um die Mikrobiom-Zusammensetzung zu untersuchen.
Weniger Darmentzündungen mit fermentierbaren Ballaststoffen
Innerhalb des untersuchten Zeitraums seit 2008 entwickelten 76 Personen aus der Studienpopulation einen Morbus Crohn.
Die Analyse ergab, dass eine hohe Zufuhr bestimmter Ballaststoffe, insbesondere Inulin und Beta-Glucan, mit einem niedrigeren Risiko für Morbus Crohn vergesellschaftet war. Personen, die eine hohe Zufuhr dieser Ballaststoffe hatten wiesen auch bessere Werte bei der Darmbarriere und subklinischer Entzündung auf. Zudem führten sie zu einer positiven Veränderung des Darmmikrobioms, indem sie entzündungsfördernde Bakterien reduzierten. Dazu gehörte etwa das Bakterium Ruminococcus gnavus, der mit einem höheren Risiko für Morbus Crohn in Verbindung gebracht wurde.
Weiterlesen
20. ECCO-Kongress, 19.-22. Februar 2025, Berlin
- Wellens J et al. Plant-based diets mitigate incidence, disease course and comorbidity of inflammatory bowel disease: evidence across eight European countries.
- McShane C et al. The association between fermentable dietary fibre intake and risk of developing Crohn’s Disease: Results from the GEM Project.