Medical Tribune
18. Okt. 2024Neue Studie geht den ersten Schritt zum nichtinvasiven Test

Endometriose: Diagnose per Stuhltest?

Amerikanische Forschende haben möglicherweise einen vielversprechenden neuen Ansatz zur nichtinvasiven Diagnose der Endometriose entdeckt. Ihre aktuelle Studie deutet darauf hin, dass bestimmte Stoffwechselprodukte des Darmmikrobioms als Biomarker genutzt werden könnten. Der Stuhltest könnte einen bedeutenden Fortschritt für die Erkennung der weit verbreiteten, jedoch oft schwer zu diagnostizierenden Endometriose bedeuten.

Ein neuer Stuhltest könnte die Diagnostik der Endometriose künftig vereinfachen.
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Die Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift «Med» (1), zeigt, dass eine charakteristische Molekül-Signatur im Stuhl, bestehend aus 12 spezifischen Metaboliten des Darmmikrobioms, auf das Vorliegen einer Endometriose hinweist.

Unabhängige Experten begrüssen diesen innovativen Ansatz zur nichtinvasiven Diagnostik, fordern jedoch weitere Studien zur Validierung der Daten.

Endometriose – möglicherweise unterdiagnostiziert

Endometriose ist eine chronische Erkrankung, bei der sich Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, ausserhalb der Gebärmutter im Bauchraum ansiedelt und wächst. Dies führt zu Entzündungen und starken Schmerzen, besonders während der Menstruation oder beim Geschlechtsverkehr, sowie zu besonders starken Regelblutungen. Auch die Fruchtbarkeit kann durch die Endometriose eingeschränkt sein.

Die Erkrankung betrifft weltweit Millionen von Frauen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz haben rund zehn Prozent der Menschen mit Gebärmutter eine diagnostizierte Endometriose. Expertinnen und Experten gehen jedoch von einer hohen Dunkelziffer aus, da viele Frauen keine Diagnose erhalten.

Bedarf an neuen Diagnosemethoden

Die Diagnose der Endometriose erfolgt derzeit meist über eine Kombination von Anamnese und nichtinvasiven Verfahren wie Ultraschall oder MRT. Für eine eindeutige Diagnose ist jedoch häufig ein invasiver Eingriff, wie eine Laparoskopie (Bauchspiegelung) oder Hysteroskopie (Gebärmutterspiegelung), notwendig. Diese Verfahren sind für die Patientinnen belastend, zudem sind sie kostenintensiv.

Daher könnte ein einfacher Stuhltest, wie er in der neuen Studie vorgeschlagen wird, eine revolutionäre Lösung für die Endometriose darstellen.

Neuer Biomarker entdeckt

Die Ergebnisse der Studie basieren auf der Analyse von Stuhlproben von 18 Frauen mit Endometriose und 31 gesunden Kontrollpersonen.

Die Forschenden untersuchten die Zusammensetzung der Metabolite (Stoffwechselprodukte) im Darm und identifizierten ein charakteristisches Muster von 12 spezifischen Metaboliten, die bei Frauen mit Endometriose in auffälligen Mengen vorkommen. Diese könnten künftig als Biomarker dienen, um die Endometriose mittels Stuhltest zu diagnostizieren.

Potenzial für nichtinvasive Diagnostik

«Der Test scheint sehr spezifisch zu sein, und die Praktikabilität ist gegeben», erläutert Prof. Dr. Peter Oppelt vom Kepler Universitätsklinikum Linz in einem Statement für das Science Media Center (SMC). Er erinnert jedoch, dass weitere Validierungsstudien nötig seien, um die Ergebnisse abzusichern. Ein Manko der bisherigen Forschung sei, dass die Kontrollgruppe der Studie nicht klar definiert war.

Der Bedarf an einem nichtinvasiven Test zur Diagnose von Endometriose ist gross, da die derzeitigen Methoden oft invasiv sind und die Diagnose erheblich verzögern. «Die Diagnostik ist bei Endometriose oft ein Stiefkind», so Prof. Oppelt weiter.

Auch Dr. Dunja M. Baston-Büst vom Universitätsklinikum Düsseldorf unterstreicht die Bedeutung der Studie. Sie betont, dass die Untersuchung von Stuhlproben eine einfache und nichtinvasive Methode darstellt, die in der klinischen Praxis leicht umzusetzen wäre. Ein solcher Test könnte den oft langwierigen Weg zur gesicherten Diagnose deutlich verkürzen.

Zusammenhang zwischen Darmmikrobiom und Endometriose

Die Studie liefert zudem neue Erkenntnisse über die Rolle des Darmmikrobioms bei Endometriose. Der Zusammenhang zwischen der Krankheit und bestimmten Bakterien im Darm war bereits bekannt, doch die Forschung erweitert dieses Wissen, indem sie den Einfluss der normalen Darmflora untersucht.

«Endometriose gehört zum Formenkreis der entzündlichen Erkrankungen, sodass eine mögliche Verbindung zwischen der Darmflora und der Krankheit nicht ausgeschlossen werden kann», erklärt Prof. Dr. Matthias Beckmann vom Universitätsklinikum Erlangen. Allerdings betont er, dass die vorliegende Publikation keine direkte Kausalität zwischen den Veränderungen der Darmflora und der Entstehung von Endometriose nachweisen könne.

Eine offene Frage bleibt zudem, ob die Veränderungen in der Darmflora Ursache oder Folge der Endometriose sind.

4-Hydroxyindol als potenzielles Therapeutikum

Neben der Diagnostik weist die Studie auch auf ein potenzielles neues Therapeutikum hin: den Metaboliten 4-Hydroxyindol. Dieses Stoffwechselprodukt war bei Frauen mit Endometriose in deutlich geringeren Mengen vorhanden. In einem experimentellen Mausmodell für Endometriose zeigten die Forschenden, dass die orale Gabe von 4-Hydroxyindol die Endometrioseherde, Schmerzen und Entzündung signifikant reduzieren konnte.

Um das Potenzial von 4-Hydroxyindol als Medikament zu bestätigen, sind jedoch umfassende klinische Studien erforderlich.

Hoffnung auf Fortschritte bei der Therapie

Trotz der noch offenen Fragen sieht die Fachwelt in dieser Studie einen wichtigen Schritt nach vorne. «Sollten sich die präklinischen Daten auf den Menschen übertragen lassen, könnte dies ein vielversprechender neuer Ansatz sein», fasst Prof. Oppelt zusammen.

Auch Dr. Baston-Büst zeigt sich optimistisch in Bezug auf die therapeutischen Möglichkeiten. Sie fordert jedoch weitergehende Untersuchungen, um die Wirksamkeit von 4-Hydroxyindol bei Menschen zu bestätigen. Eine mögliche Strategie könnte eine gezielte «Sanierung» der Darmbakterien beim Menschen sein, um die Therapie zu unterstützen.