Medical Tribune
16. Juni 2024NICHE-2-Daten veröffentlicht

Neoadjuvante Immuntherapie steigert Resektionserfolge bei dMMR Kolonkarzinomen

Die Erweiterung der gefeierten NICHE-Studie zeigt: Bei Patienten mit Mismatch-Repair-defizienten (dMMR) Kolonkarzinomen führen zwei Zyklen einer neoadjuvanten Immuntherapie auch in einem grösseren Patientenkollektiv zu hohen Komplettresektionsraten.

Die neoadjuvante Immuntherapie steigert die Resektionserfolge von dMMR Kolonkarzinomen deutlich.
Mimix/stock.adobe.com, generiert mit KI

In der im New England Journal of Medicine veröffentlichten NICHE-2-Studie führte eine kurzzeitige neoadjuvante Immuntherapie zu einem zumindest deutlichen pathologischen Ansprechen bei 95 Prozent der Teilnehmer mit lokal fortgeschrittenen Kolonkarzinomen mit Mismatch-Repair-Defizienz (dMMR).

68 Prozent der Teilnehmer hatten eine pathologische Komplettremission.

dMMR-Tumoren sprechen eher schlecht auf eine neoadjuvante Chemotherapie an

dMMR-Tumoren haben zehn bis 15 Prozent der Patienten mit nicht metastasierten Kolonkarzinomen. Im Moment werden sie gleich behandelt wie Betroffene mit Tumoren mit erhaltener Mismatch-Repair (pMMR). Dabei erhalten sie meist eine drei- bis sechsmonatige adjuvante Chemotherapie bestehend aus Fluorouracil plus Oxaliplatin.

Im Jahr 2023 konnte dabei die FOxTROT-Studie zeigen, dass Patienten mit fortgeschrittenen Kolonkarzinomen oft auch von einer neoadjuvanten Chemotherapie (NAC) profitieren. Das scheint jedoch nur selten für Patienten mit dMMR-Tumoren zu gelten. Die meisten der so behandelten Patienten erlitten innerhalb von zwei Jahren ein Rezidiv. Das Dreijahresrisiko für ein erneutes Auftreten von dMMR-Tumoren lag bei 35 Prozent für Patienten mit T4 oder N2-Erkrankung.

Stattdessen scheint jedoch die Checkpoint-Inhibition bei dMMR-Tumoren besser zu funktionieren. Das liegt möglicherweise daran, dass Tumoren mit Mismatch-Repair-Defizienz eine hohe Anzahl an DNA-Mutationen aufweisen, und deswegen wahrscheinlich besonders "empfänglich" für eine Immuntherapie sind, bei der das Immunsystem Tumorzellen aufgrund ihrer von den Ursprungszellen abweichenden Eigenschaften eliminiert.

Halten die positiven Daten von NICHE?

In der vor zwei Jahren veröffentlichten NICHE-Studie (Neoadjuvant Immune Checkpoint Inhibition and Novel IO Combinations in Early-Stage Colon Cancer) zeigte das Forscherteam bereits an 32 Teilnehmern, dass Patienten mit dMMR-Tumoren gut auf eine neoadjuvante Immuntherapie ansprechen. Bei allen Patienten konnte dabei ein pathologisches Ansprechen festgestellt werden – und alle blieben über zwei Jahre lang rezidivfrei.

Im Zuge der neoadjuvanten Immuntherapie erhalten die Patienten eine einzelne Dosis des CTLA-4-Inhibitors Ipilimumab sowie des PD-1-Inhibitors Nivolumab, gefolgt von einer weiteren Nivolumab-Gabe zwei Wochen später. Weitere zwei Wochen später erfolgt die Resektion.

In der Phase-II-Studie NICHE-2-Studie rekrutierte das NICHE-Team nun eine grössere Patientengruppe. Eingeschlossen wurden 115 Patienten mit nichtmetastasierten, lokal fortgeschrittenen unbehandelten Kolonkarzinomen mit nachgewiesener Mismatch-Repair-Defizienz. Dabei umfasste die Kohorte auch viele Patienten mit Tumoren mit hohem Risiko (64 % der Teilnehmer hatten eine Erkrankung im Stadium cT4).

Koprimäre Endpunkte waren die Sicherheit (definiert als eine maximal zweiwöchige Verspätung der geplanten Resektion aufgrund von Toxizitäten der neoadjuvanten Therapie), sowie das Dreijahres-Krankheitsfreie Überleben. Zu den sekundären Endpunkten gehörte das pathologische Ansprechen.

Zumindest deutliches pathologisches Ansprechen bei 95 % der Teilnehmer

98 Prozent der Patienten konnten in der Studie rechtzeitig operiert werden. Nur bei zwei Teilnehmern wurde die Operation aufgrund von Nebenwirkungen um mehr als zwei Wochen verschoben. Immunvermittelte Nebenwirkungen der Grade 3 oder 4 traten bei fünf Patienten auf (4%) – kein Teilnehmer brach deswegen die Behandlung ab. Damit war das Nebenwirkungsprofil der Immuntherapie-basierten neoadjuvanten Therapie laut den Autoren beträchtlich besser als das der NAC, die ausserdem seltener zu einem pathologischen Ansprechen führt.

Von den 111 Patienten, die in die Wirksamkeitsanalyse eingeschlossen wurden, wurde bei 98 Prozent ein pathologisches Ansprechen beobachtet. 95 Prozent aller Teilnehmer hatten dabei ein deutliches pathologisches Ansprechen (≤10% lebensfähiger Resttumor), und 68 Prozent ein pathologisches Komplettansprechen.

Innerhalb der medianen Nachbeobachtungszeit von 26 Monaten (9-65 Monate), erlitt ausserdem kein Patient ein Rezidiv.