Medical Tribune
3. Juni 2024Eine häufige Todesursache von (werdenden) Müttern

Peripartale Kardiomyopathie: Bei Verdacht schnell reagieren

Kündigt sich eine peripartale Kardiomyopathie an, sollte man zügig handeln. Die Therapieoptionen belaufen sich aktuell zwar noch auf Behandlungen, die man von Herzinsuffizienz-Formen mit reduzierter Pumpfunktion kennt. Künftig soll es aber spezifischere Therapien geben. Bis dahin gilt es, Mutter und Kind bestmöglich zu schützen.

Illustration einer schwangeren Frau
Tanya/stock.adobe.com
Wegen der unspezifischen Symptome wird die peripartale Kardiomyopathie oft verzögert diagnostiziert.

Die peripartale Kardiomyopathie ist eine Form der akuten Herzinsuffizienz, die zum Herzversagen während der Schwangerschaft oder in der frühen postpartalen Periode führen kann.

Ein US-amerikanischer Experte hat alles, was über die Erkrankung bekannt ist, in einer Übersichtsarbeit zusammengefasst (1).

Wer ist betroffen?

Die Komplikation tritt weltweit bei etwa einer von 2.000 Geburten auf. Die Häufigkeit variiert jedoch stark; so erkranken in Nigeria beispielsweise etwa eine von 100 (werdenden) Müttern. In den USA sind viermal häufiger Schwarze Frauen betroffen als Weisse, und bei ihnen tritt die peripartale Kardiomyopathie oft später postpartal auf.

Zu den Risikofaktoren gehören

  • Hypertonie in der Schwangerschaft einschliesslich Präeklampsie,
  • mehrfache Schwangerschaften,
  • höheres Alter der Mutter und
  • Anämie.

Eine Sectio stellt hingegen keinen Risikofaktor dar.

Diagnose der peripartalen Kardiomyopathie

Bei Verdacht auf eine peripartale Kardiomyopathie müssen bestimmte Differenzialdiagnosen ausgeschlossen werden, darunter:

  • strukturelle Herzerkrankungen,
  • präeklampsieinduziertes Lungenödem,
  • Lungenembolie
  • spontane Koronararteriendissektion

Anzeichen

Die peripartale Kardiomyopathie präsentiert sich entsprechend den Zeichen einer Herzinsuffizienz mit

  • Dyspnoe,
  • Orthopnoe,
  • erhöhtem Jugularvenendruck,
  • Rasselgeräuschen der Lunge und
  • Ödemen.

Auch fulminante Verläufe mit kardiogenem Schock und Komplikationen wie Arrhythmien oder thromboembolischen Ereignissen sind möglich.

Da manche Symptome der peripartalen Kardiomyopathie mit solchen einer Schwangerschaft verwechselt werden können, kommt es häufig zu einer verzögerten Diagnose.

Die Herzinsuffizienz entwickelt sich typischerweise in den letzten fünf Monaten der Schwangerschaft. Möglich ist auch eine postpartale Entwicklung, meist in den ersten fünf Monaten nach der Geburt, in seltenen Fällen auch etwas früher bzw. später.

Zur Diagnose gelangt man per EKG und Nachweis einer systolischen Dysfunktion (linksventrikuläre Ejektionsfraktion < 45 %) ohne vorbestehende Herzinsuffizienz. Gegebenenfalls kann eine Magnetresonanztomografie zusätzlich hilfreich sein. Eine Myokardbiopsie ist in der Regel nicht erforderlich. Genetische Testungen werden zunehmend eingesetzt und sollten auch bei unauffälliger Familienanamnese erwogen werden.

Pathophysiologie

Die genauen pathophysiologischen Mechanismen sind bisher nicht vollständig geklärt. In den letzten Jahren legen Studien den Schluss nahe, dass Dysbalancen bestimmter Hormone aus Hypophyse und Plazenta bei prädisponierten Frauen eine entscheidende Rolle spielen könnten.

Zudem scheint es eine genetische Prädisposition, z.B. über spezifische Varianten des Titin-Proteins, sowie eine Assoziation mit externen Faktoren zu geben. Deren genaues Zusammenspiel mit dem hormonellen Ungleichgewicht ist jedoch noch nicht vollständig verstanden.

Therapie der peripartalen Kardiomyopathie

Nur in wenigen Studien untersuchte man die Therapie der peripartalen Kardiomyopathie, und diese liefern heterogene Ergebnisse.

Daher orientiert sich die Behandlung überwiegend an den Leitlinien für die nichtischämische dilatative Kardiomyopathie und weitere Formen der Herzinsuffizienz mit reduzierter Pumpfunktion.

Beachten muss man dabei Kontraindikationen für Medikamente in Schwangerschaft und Stillzeit. Diuretika und Nitrate dürfen z.B. während der Schwangerschaft eingesetzt werden, ACE-Hemmer und AT1-Blocker hingegen erst postpartal.

Aufgrund des ohnehin erhöhten thromboembolischen Risikos von Schwangeren sollte man auch an die Notwendigkeit einer Antikoagulation denken, insbesondere wenn Vorhofflimmern oder eine hochgradig reduzierte linksventrikuläre Funktion vorliegen. In diesem Fall ist die Indikation zur primärprophylaktischen ICD-Implantation bzw. einer Defibrillatorweste zu prüfen.

Möglicherweise kann in Zukunft eine Prolaktin-Suppression therapeutisch zum Einsatz kommen, dies ist Gegenstand aktueller Studien. Die Autoren betonen in jedem Fall die Notwendigkeit einer raschen und umfangreichen Behandlung aufgrund des meist jungen Patientinnenalters sowie auch der guten Chance auf vollständige Erholung der linksventrikulären Funktion.

Prognose lässt sich schwer abschätzen

Der Verlauf der peripartalen Kardiomyopathie ist schwer absehbar. Die Mortalität kann bis zu 20 Prozent betragen. Bei den meisten Frauen bessert sich innerhalb von sechs Monaten nach der Diagnose die linksventrikuläre Ejektionsfraktion über 50 Prozent, bei einigen Frauen dauert es allerdings länger. In manchen Fällen erholt sie sich nicht mehr vollständig. Bei etwa zehn Prozent der Patientinnen ist die Implantation eines linksventrikulären Unterstützungssystems oder eine Herztransplantation erforderlich.

Auch der Langzeitverlauf ist noch weitestgehend unbekannt. Und auch die Frage nach der Fortführung der Herzinsuffizienzmedikation nach Normalisierung der linksventrikulären Funktion bleibt unklar. Es gibt Hinweise, dass eine Behandlung mit dem Dopaminagonisten Bromocriptin hilft, dazu liegen jedoch noch nicht genug Daten vor. Die Ergebnisse der laufenden REBIRTH-Studie werden 2026 erwartet und sollten Licht ins Dunkel bringen.