«Es gab noch nie so viele practice changing Daten!»
Neoadjuvante Immuntherapie ergänzend zur Chemotherapie für das frühe NSCLC, ein ALK-Inhibitor, der in die Erstlinie vorrückt, und endlich eine zielgerichtete Therapie von Lungenkrebs mit EGFR-Exon-20-Insertion. Prof. Dr. Frank Griesinger vom Pius-Hospital Oldenburg berichtet über einen ESMO-Kongress, der so viele therapieverändernde Daten bereithielt wie noch nie.
Direktor der Universitätsklinik für Innere Medizin – Onkologie, Pius-Hospital Oldenburg
Herr Professor Griesinger, dieses Jahr wurden sehr viele Daten zum Lungenkrebs präsentiert. Wie würden Sie den ESMO-Kongress 2023 bewerten?
Prof. Dr. Frank Griesinger: Ich bin jetzt schon ein bisschen länger dabei und habe noch keinen ESMO-Kongress gesehen, wo so viele «practice changing» Daten zum NSCLC präsentiert worden sind.
Die Studie CheckMate 77T wurde als LBA1 gewählt. Läuten die Interimsdaten einen Wechsel in der Neoadjuvanz ein?
Prof. Griesinger: Diese Studie ist hoch positiv mit einer Hazard Ratio von 0,58 für das ereignisfreie Überleben. Der Vorteil besteht insbesondere, wenn PD-L1 über ein Prozent ist. Interessant war in der Presidential Session die Diskussion von Professor Dr. Marina Garassino zu der Metaanalyse, die besagt, dass NSCLC Stadium II N1 auch profitiert – statistisch signifikant, wenn man alle Studien zusammennimmt. Insofern sollten N1- und N2-Patienten neoadjuvant eine Chemo- plus Immuntherapie bekommen. Bei einem PD-L1 von Null Prozent gibt es geringere Effekte. Hier brauchen wir also neue Konzepte, etwa eine duale Immuntherapie plus Chemotherapie.
Reichen Ihnen die EFS-Daten aus oder werden Sie erst die OS-Daten abwarten, bevor Sie die Strategie dahingehend ändern?
Prof. Griesinger: Wir wissen aus Metaanalysen, dass EFS-Daten unter Mono-Chemotherapie mit dem OS korrelieren. Meiner Meinung nach wird das auch bei der Chemo-Immuntherapie der Fall sein. Dennoch sollten wir die OS-Daten auch für CheckMate 77T generieren, insbesondere bezogen auf pCR und non-pCR. Anhand dessen lässt sich unter anderem erkennen, ob wir bei Letzteren weiter eskalieren müssen.