Medical Tribune
27. Okt. 2023Wirkung auf Seele, aber nicht auf Darm

Psychotherapie: kaum Einfluss auf chronisch-entzündliche Darmerkrankungen

Die Darm-Hirn-Achse gerät zunehmend ins Visier der Wissenschaft. Eine neue Metastudie untersuchte erneut, ob sich chronisch-entzündliche Darmerkrankungen möglicherweise durch eine Psycho­therapie positiv beeinflussen lassen. Das Ergebnis: Patienten können durchaus von einer begleitenden Psycho­therapie profitieren – auch wenn sich dadurch an den entzündlichen Veränderungen im Darm nicht viel ändert.

Welche Rolle spielt die Darm-Hirn-Achse bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen?
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Die Krankheitslast von Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) hat starke emotionale und psychische Aspekte. So leiden Betroffene oft unter Angst und Depressionen.

Bereits 2017 untersuchte eine Metaanalyse von 14 Studien den Einfluss einer Psychotherapie auf chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Sie konnte keine positiven Effekte auf die Krankheitsaktivität oder die Lebensqualität zeigen.

Britische Wissenschaftler wollten nun den Wissensstand erweitern. Dazu führten sie eine weitere Metaanalyse mit elf zusätzlichen Studien durch. Dies ermöglichte den Forschern unter anderem mehr Subgruppenanalysen.

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen: In Remission weniger Angst, Depression und Stress

Dabei zeigte sich ein klares Manko bei der Studienqualität. Alle 25 verfügbaren randomisierten kontrollierten Studien attestierte das Forscherteam ein hohes Verzerrungsrisiko.

Nur vier Studien untersuchten überdies aktive chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Für Aussagen zu Remission, Krankheitsaktivität, Depressions- und Stress­­scores reichten die Daten dabei nicht aus.

Hinsichtlich der Scores bei Angst zeigte sich nach Abschluss der Therapie keine Verbesserung gegenüber den Kontrollen, wohl aber, was die Lebensqualität anging – auch wenn die Studien sehr heterogen waren.

Für Patienten in Remission ergab sich durch eine Psychotherapie kein Vorteil in Bezug auf Krankheits­aktivität und Rückfallquote. Verbesserungen zeigten sich hingegen bei Angst-, Depressions- und Stress­­scores. Auch die Lebensqualität war nach Therapie­abschluss höher als bei den Kontrollen.

Deutlicherer Effekt mit Akzeptanz-, Achtsamkeits- und werte­orientierten Ansätzen

Der Effekt entpuppte sich als deutlich ausgeprägter bei moderneren Behandlungen mit Akzeptanz-, Achtsamkeits- und werte­orientierten Ansätzen. Am meisten konnten Patienten profitieren, die bereits vor Beginn der Intervention von eingeschränkter psychischer Gesundheit, Fatigue oder reduzierter Lebensqualität berichtet hatten.

Die Autoren kommen zum Schluss, dass Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen durchaus von einer begleitenden Psycho­therapie profitieren können – auch wenn sich dadurch an den entzündlichen Veränderungen im Darm nicht viel ändert. In weiteren Studien müsse untersucht werden, bei wem die Behandlung besonders sinnvoll ist.