Zöliakie: Viele Symptome sind unspezifisch
Zöliakie kann zahlreiche gastrointestinale und extraintestinale Symptome hervorrufen, viele davon unspezifisch. Der Nachweis bestimmter Antikörper im Serum bei gleichzeitiger Zottenatrophie schafft Gewissheit und schliesst Differenzialdiagnosen aus.
Klassischerweise zeigt sich eine Zöliakie meist schon im frühen Kindesalter mit chronischen Durchfällen, voluminösen fettreichen Stühlen, Eiweissmangelödemen und Gedeihstörungen.
Diese Verläufe machen aber nur 10–20 Prozentaller Zöliakie-Fälle aus, erläutert Professor Dr. Wolfgang Fischbach, niedergelassener Gastroenterologe aus Aschaffenburg (1).
Die Zöliakie fällt nicht nur im Darm auf
Häufig findet man überwiegend unspezifische gastrointestinale Symptome wie postprandiales Völlegefühl, geblähtes Abdomen oder chronische Bauchschmerzen, die auch mit einem Reizdarm vereinbar wären. Es gibt kein Symptom, das eine Zöliakie ausschliesst – betroffene Patienten können durchaus auch übergewichtig oder obstipiert sein. Zu den extraintestinalen Symptomen einer Zöliakie zählen:
- chronische Erschöpfung, Müdigkeit
- unklarer Gewichtsverlust
- Kleinwuchs oder verminderte Wachstumsgeschwindigkeit
- Muskelschwäche
- Myalgien/Arthralgien
- Leistungsknick
- Nachtblindheit
- Kopfschmerzen
- Ataxie
Bei Kindern ist eine Zottenbiopsie nicht immer erforderlich
Bevor man die Diagnostik einleitet, sollte immer sichergestellt sein, dass der Patient in den vorangegangenen drei Monaten tatsächlich Gluten verzehrt hat, erinnert Prof. Fischbach. Das Labor umfasst Gesamt-IgA und die spezifischen Gewebstransglutaminase-IgA-Antikörper (tTG-IgA-AK).
Letztere oder weitere Antikörper gegen Endomysium (EMA-IgG) müssen nur bei einem niedrigen Gesamt-IgA bestimmt werden. Zusammen mit dem Nachweis einer Zottenatrophie in der Ösophagogastroduodenoskopie kann man die Zöliakie-Diagnose bereits zu diesem Zeitpunkt stellen.
Die Bestimmung der HLA-Risikogene DQ2 und DQ8 gehört nicht zwingend zur Routinediagnostik, allerdings schliesst ein negatives Ergebnis eine Zöliakie sicher aus. Der Test kann deshalb in unklaren Situationen sinnvoll sein, z.B. wenn eine Zottenatrophie bei gleichzeitiger Seronegativität vorliegt oder der Patient eine Glutenexposition ablehnt.
Bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren kann auf eine Biopsie verzichtet werden, wenn der serologische Befund mit einer Erhöhung der tTG-IgA-AK über das Zehnfache der Norm und zusätzlichen EMA-IgA-AK eindeutig ist.
Versorgung mit Mineralstoffen und Vitaminen sicherstellen
Die Therapie sowohl der symptomatischen als auch der asymptomatischen Zöliakie besteht in einer lebenslangen glutenfreien Ernährungsweise (< 10 mg/d Gluten). Alle sechs Monate sollten die tTG-IgA-AK kontrolliert werden, nach Normalisierung alle ein bis zwei Jahre.
Auch wenn heute eine Vielzahl glutenfreier Lebensmittel zur Verfügung steht, empfiehlt sich in jedem Fall eine professionelle Ernährungsberatung. Zu achten ist auf eine ausreichende Versorgung mit Mineralstoffen und Vitaminen. Im Alter von 50 Jahren (bei Risikofaktoren auch früher) sollte eine Knochendichtemessung zum Ausschluss einer Osteoporose erfolgen.
Was tun bei unklarer Diagnostik?
Patienten mit «potenzieller» Zöliakie, bei der nur die Antikörper erhöht sind, aber keine Zottenatrophie vorliegt, müssen nicht in jedem Fall eine glutenfreie Diät einhalten. Jedoch sollte bei ihnen der Befund alle sechs bis zwölf Monate klinisch und laborchemisch kontrolliert werden. Verschiedene Substanzen zur Behandlung der Zöliakie sind in Entwicklung und lassen darauf hoffen, dass Betroffene in Zukunft auf die Diät verzichten können.
Berichtet ein Patient trotz Ausschluss einer Zöliakie weiterhin über Probleme nach dem Verzehr von Weizenprodukten, kann eine Weizenallergie oder eine Nicht-Zöliakie-Weizen-Sensitivität (NCWS) dahinterstecken. Die echte IgE-vermittelte Weizenallergie ist sehr selten und tritt fast nur in Zusammenhang mit anderen allergischen Symptomen auf. Wesentlich häufiger ist die NCWS. Sie zeichnet sich durch eine dosisabhängige Symptomatik und Besserung bei Reduktion des Weizenkonsums aus.
129. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin