Orientierungslosigkeit, Kognitionsprobleme: So präsentiert sich die Vestibulopathie
Bei einer Vestibulopathie kommt es nicht nur zu Schwindel. Auch höhere kognitive Funktionen inklusive räumliche Orientierung und Koordination werden gestört. Das Risiko, eine Demenz zu entwickeln, nimmt zu. Das erklärt sich durch Funktionsverluste in Hippocampus und Parahippocampus.
Patienten mit bilateraler Vestibulopathie brauchen visuelle Informationen, um den Ausfall ihres Gleichgewichtsorgans zu kompensieren. Wenn sie die Augen schliessen, sind sie nicht mehr in der Lage, die Balance zu halten.
«Das ist die klassische Sicht auf diese Funktionsstörung, aber da ist mehr als das», sagt Professor Dr. Andreas Zwergal vom Deutschen Schwindel- und Gleichgewichtszentrum an der Universität München (1). Die pathophysiologischen Prozesse gehen nach seiner Aussage über vestibulookulare und vestibulospinale Reflexbögen hinaus.
Vestibuläre Signale primär ipsilateral verarbeitet
Das vestibuläre System besitzt ein sehr dichtes neuronales Netzwerk, das strickleiterartig in den Thalamus wie auch in viele kortikale Areale projiziert, vor allem in die Insula und die temporoparietale Junktion. Bei Rechtshändern werden vestibuläre Signale primär in der rechten Hemisphäre verarbeitet, bei Linkshändern entsprechend links. Dies ist ein Unterschied zu den meisten anderen sensorischen Systemen, bei denen die kontralaterale Hemisphäre zur Signalprozessierung dient, erläutert der Neurologe. Vor allem für Rechtshänder ist das insofern relevant, weil die rechte Hemisphäre massgeblich an räumlicher Orientierung und Körperwahrnehmung beteiligt ist.
Bestimmten Hirnregionen lassen sich dabei verschiedene Funktionen zuordnen. So registriert der parietale Kortex räumliche Gegebenheiten aus der Eigenperspektive (egozentrisch), Hippocampus ein Abbild der Umgebung aus Fremdperspektive (allozentrisch) – es entspricht quasi einer Landkarte.
Im Parahippocampus wiederum werden einzelne räumliche Orientierungsmerkmale verarbeitet. Die Areale, in denen diese Informationen prozessiert werden, überlappen sich mit denen, in die vestibuläre Signale einlaufen.