Schwangerschaftskomplikationen nach Spätabort vorbeugen
Frauen mit einem Spätabort in der Vorgeschichte haben ein hohes Risiko für Rezidive. Verhindern lässt sich dies oft mittels engmaschiger Kontrollen, gegebenenfalls einer Antibiose und prophylaktischen Gestagengaben. Aber auch auf die seelische Gesundheit der Eltern sollte nicht vergessen werden.
Ein Spätabort liegt vor, wenn es zwischen der 12.–22. Schwangerschaftswoche (SSW) zu einer Fehlgeburt kommt. Ebenfalls als Spätabort gilt eine Totgeburt mit Kindsgewicht unter 500 g. Bereits ab zwei Spätaborten liegt eine rezidivierende Form vor.
Bei mehr als der Hälfte der Spätaborte bleibt die Ursache unklar
«Spätaborte kommen bei einem bis zwei Prozent der Schwangerschaften vor», erklärt Dr. Stylianos Kalimeris, Oberarzt Gynäkologie und Geburtshilfe am Kantonsspital Graubünden, am 25. KPGG (1).
Das Rezidivrisiko nach einem ersten Spätabort beträgt 27 Prozent im Vergleich zu einem Prozent bei Frauen ohne Abort in der Vorgeschichte. Das Frühgeburtsrisiko ist bei Patientinnen nach einer Fehlgeburt gar um 33 Prozent erhöht, während es bei Frauen ohne Abort neun Prozent beträgt.
Die häufigsten Ursachen für einen Spätabort sind aszendierende urogenitale Infektionen oder eine Zervixinsuffizienz. Als weitere Gründe nannte der Referent chromosomale Aberrationen (besonders Aneuploidien) vom Embryo, genitale Anomalien oder endokrine und hämatologische Erkrankungen der Mutter.
Selten sind allgemeine Infektionen wie Toxoplasmose oder Cytomegalievirus, eine schwere Anämie oder ein Trauma im Abdomen die Ursache für den Spätabort. Bei mehr als 50 Prozent der Spätaborte bleibt aber die Ursache trotz Abklärung unklar.
Bakterielle Vaginose bei 10–20 Prozent der Schwangeren
«Nach einem Spätabort müssen die Patientinnen bei einer erneuten Schwangerschaft von Anfang an engmaschig kontrolliert werden», betonte der Experte. So sind neben der normalen Vorsorge, ein regelmässiger Ausschluss von urogenitalen Infektionen sowie ein Zervixmonitoring wichtig.
Die häufigste mikrobielle Störung der vaginalen Flora ist die bakterielle Vaginose. Sie kommt in zehn bis 20 Prozent der Schwangerschaften vor, und ist ausser mit einem Spätabort auch mit Frühgeburt, vorzeitigem Blasensprung und Amnioninfekt assoziiert. Für die Diagnose müssen drei der vier Amsel-Kriterien (vermehrter grau-weisslicher Fluor, pH > 4,5, positiver Amintest, Clue-Zellen) erfüllt sein. «Auch mit dem Nugent-Score oder einem Bakteriennachweis im vaginalen Abstrich kann eine bakterielle Vaginose diagnostiziert werden» so Dr. Kalimeris.
Die Therapie der Wahl besteht aus oralem Clindamycin (300 mg für 5–7 Tage) und im Anschluss eine Infektprävention mit einem laktobazillenhaltigen Präparat für sechs Tage.
Seltener ist eine Infektion mit Mycoplasma hominis oder Ureaplasma urealyticum. Sie erfolgt ebenfalls sexuell und kann eine Chorioamnionitis, einen Spätabort oder Frühgeburt verursachen. Der Nachweis gelingt mit einem Zervix-PCR-Test. «Die Infektionen treten oft gleichzeitig mit einer bakteriellen Vaginose auf. Bei 20 bis 30 Prozent der Frauen mit Frühgeburt lassen sich im Fruchtwasser Mycoplasma homonis oder Ureaplasma urealyticum nachweisen», erläuterte der Referent. Die Therapie der Wahl ist die einmalige Gabe von einem Gramm oralem Azithromycin. Zudem ist die Partnerbehandlung sinnvoll.
Chlamydien können auch Spätfolgen hinterlassen
Auch eine Chlamydien-Infektion ist mit einem Risiko für Spätabort, vorzeitigen Blasensprung und Frühgeburt vergesellschaftet. Der Nachweis erfolgt ebenfalls mit einer PCR des Zervix-Abstrichs. Therapie der Wahl ist die Einmalgabe von 1 g Azithromycin. Auch der Partner sollte eine Therapie erhalten.
Ein Kontrollabstrich ist drei Monate nach der Behandlung empfohlen. «Als Spätfolgen einer Chlamydien-Infektion können u.a. bei der Frau eine postpartale Endometritis, eine sekundäre Sterilität, ein Tubenverschluss und eine Extrauteringravidität auftreten sowie beim Neugeborenen eine Konjunktivitis oder eine Otitis media», erklärt der Spezialist.
Neben dem Ausschluss und der Behandlung von Infektionen spielt das Zervixmonitoring bei Frauen mit rezidivierenden Spätaborten eine grosse Rolle. Ab der 14.–16. Schwangerschaftswoche sollte alle vier Wochen die Zervixlänge, die Weichheit des Gebärmutterhalsgewebes kontrolliert sowie auf Trichter- und Sludgebildung geachtet werden», so Dr. Kalimeris.
Psychologische Betreuung und Gestagene
Als Prophylaxe ist eine Gestagenbehandlung indiziert. «Frauen nach einem Spätabort oder nach einer Frühgeburt sollten ab der 12. SSW bis zur 36. SSW 200 mg vaginales Progesteron täglich erhalten», erklärte der Experte. In bestimmten Situationen können auch chirurgische Massnahmen wie eine prophylaktische Cerclage mit totalem Muttermundverschluss angezeigt sein.
«Nicht zu vergessen ist die psychologische Betreuung der Frau und des Partners, da ein Spätabort das Paar traumatisiert hat», betonte Dr. Kalimeris und rät dazu der Patientin eine Psychotherapie anzubieten. Auch Selbsthilfegruppen können helfen, so der Experte.
Referenz
25. Kongress für praktische Gynäkologie und Geburtshilfe, 10.-11. November 2022, Näfels