Medical Tribune
18. Okt. 2022Weniger Remissionen, mehr Komplikationen

Komorbiditäten erschweren die Therapie bei Rheumatikern

Patienten mit rheumatischen Erkrankungen haben oft eine oder mehr Komorbiditäten. Um gute Therapieergebnisse zu erreichen, ist es wichtig, diese zu erkennen und gezielt zu behandeln. Professor Dr. Andrea Rubbert-Roth, Leitende Ärztin und Stv. Leiterin der Klinik für Rheumatologie am Kantonsspital St. Gallen, erläutert, wie das Vorliegen von Komorbiditäten die Behandlung an sich und das Erreichen der Therapieziele beeinflusst.*

Haben Patienten Komorbiditäten, lässt sich meist auch ihre rheumatische Erkrankung schlechter in den Griff bekommen.
Bharat Patil/gettyimages

Viele Patienten mit rheumatischen Erkrankungen leiden unter zum Teil mehreren Komorbiditäten wie Lungen-, Herz-Kreislauf- oder Magen-Darm-Erkrankungen, Diabetes, Depression, Osteoporose, Anämie, Infektionen oder malignen Erkrankungen. Das Vorliegen verschiedener Komorbiditäten bzw. ihre medikamentöse Behandlung führt nicht nur zu einem erhöhten kardiovaskulären Risiko, wie Prof. Rubbert-Roth erklärt.

Therapieziele erschwert

Auch lassen sich die Therapieziele in Anwesenheit von Komorbiditäten nur schwer erreichen. Und das hat Folgen: Denn Patienten in Remission bekommen weniger schwerwiegende Infektionen und brauchen seltener einen Gelenkersatz. Je mehr Begleit­erkrankungen ein jedoch Patient hat, desto seltener erreicht er seine Remission und desto schlechter beurteilt er seinen Gesundheitszustand und seine Funktionsfähigkeit.

So sprechen zum Beispiel Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA), die gleichzeitig auch eine Depression haben, signifikant schlechter auf die Therapie mit Biologika an (1), so Prof. Rubbert-Roth.

Daher ist es wichtig, bereits so früh wie möglich im Verlauf von rheumatischen Erkrankungen Begleit­erkrankungen zu erkennen und zu behandeln. Generell gilt: Die Therapieentscheidungen basieren auf der Krankheitsaktivität, der Progression struktureller Schäden, möglichen Nebenwirkungen und den Komorbiditäten. So haben Patienten mit früher RA innerhalb der ersten beiden Jahre deutlich schlechtere Outcomes im HAQ, DAS28 und SF36, wenn gleichzeitig andere Erkrankungen vorliegen. Zudem müssen Patienten mit Komorbiditäten während des Untersuchungszeitraums signifikant häufiger stationär behandelt werden. Dabei ist die häufigste Begleiterkrankung eine Hypertonie (22%).

Ähnlich wie in der Therapie der RA verbessern sich auch in der Behandlung der kardiovaskulären Risikofaktoren die Ergebnisse, wenn ein Treat-to-Target-Ansatz mit vorgegebenen Therapiezielen für Blutdruck, Lipide und HbA1C gewählt wird. Prof. Rubbert-Roth zitiert dazu eine Studie mit 320 RA-Patienten mit einem mittleren Alter von 52,4 Jahren (2), die gezeigt hatte, dass unter einer Treat-to-Target-Therapie im Vergleich zur konventionellen Behandlung die Inzidenz fataler und nichtfataler kardiovaskulärer Ereignisse signifikant niedriger lag.

Den Impfstatus einmal pro Jahr erfassen

Nicht minder wichtig als die Therapie von Begleiterkrankungen ist der sinnvolle Einsatz von Impfungen. Denn ungeimpfte RA-Patienten, die mit Biologika behandelt werden, sind häufiger von schweren Atemwegsinfektionen betroffen.

Daher sollte man bei allen Patienten mit rheumatischen Erkrankungen einmal jährlich den Impfstatus erfassen. Impfungen sollten dann während ruhigen Krankheitsphasen erfolgen, wenn möglich vor einer geplanten immunsuppressiven Behandlung. Nicht-Lebendimpfstoffe können problemlos unter Therapie mit Glukokortikoiden oder DMARDs gegeben werden. Generell empfohlen sind die Influenza- und Pneumokokken-Impfung. Beim Vorliegen entsprechender Risikofaktoren sollte ausserdem gegen Hepatitis A und B geimpft werden, bei Hochrisikopatienten auch gegen Herper zoster.

Referenzen

*European Congress of Rheumatology (EULAR) 2022