Wie gut Smartwatches Vorhofflimmern detektieren können
Die Smartwatches haben mit der traditionellen Armbanduhr nur noch wenig zu tun. Sie dienen vor allem als Fitnesstracker und Gesundheits-Tool. Als am Handgelenk tragbare miniaturisierte EKG-Geräte können sie ein Vorhofflimmern (VHF) entdecken.
Wie zuverlässig solche Messresultate im Real-World-Setting sind, untersuchte die BASEL Wearable Study, deren Resultate Diego Mannhart, dipl. Arzt, am Jahreskongress der SSC/SSCS 2022 vorstellte.
Fünf Smartwatches getestet
In die prospektive Beobachtungsstudie schlossen die Untersucher 163 Patienten, davon etwa ein Drittel Frauen, mit einem durchschnittlichen Alter von 64,7 Jahren ein, die sich in der Kardiologie des Universitätsspitals Basel vorgestellt hatten. Ziel der Studie war es, die Präzision und Zuverlässigkeit der Detektion von VHF mit fünf verschiedenen Smartwatches (1-Kanal-EKG) unter Real-World-Bedingungen zu testen: Apple Watch 6, Withings ScanWatch, Samsung Galaxy Watch 3, AliveCor Kardia Mobile und Fitbit Sense. Als Vergleich dienten von Ärzten interpretierte 12-Kanal-EKGs.
Für alle fünf Smartwatches konnten eine ähnlich hohe Sensitivität (86–97 %) und Spezifität (91 %–100 %) hinsichtlich der Detektion von VHF bestätigt werden. Auch die Rate nicht verwertbarer Resultate (17–26 %) lag in einer vergleichbaren Grössenordnung. Beim manuellen Review konnte der Rhythmus in 98,8 % der 1-Kanal- EKG-Aufzeichnungen zugeordnet werden.
Im Interview mit Medical Tribune ordnet Studienleiter Diego Mannhart die Ergebnisse ein:
Welches sind die aus Ihrer Sicht entscheidenden Resultate der BASEL Wearable Study?
Diego Mannhart: Entscheidend ist für mich die Vergleichbarkeit hinsichtlich der korrekt klassifizierten EKG-Aufzeichnungen. Entsprechend lag auch die Rate an Resultaten, bei denen nicht zwischen Sinusrhythmus und VHF unterschieden werden konnte, in einer vergleichbaren Grössenordnung. Weiterhin wichtig waren für mich Erkenntnisse aus der Patientenbefragung. Nur jene, die der Technologie aufgeschlossen gegenüberstehen, werden von einem Wearable zur Rhythmuskontrolle profitieren.
Welchen Stellenwert haben Smartwatches inzwischen bei der Überwachung von Patienten mit VHF-Risiko?
Momentan haben sie einen noch eher untergeordneten Stellenwert, doch es zeichnet sich ein klarer positiver Trend ab: Wearables sind bereits in den ESC-Guidelines (2020) für das Management des VHF fest verankert – als Tool für das opportunistische VHF-Screening. Die anfängliche Skepsis wird von einer zunehmend besseren Akzeptanz abgelöst, so unsere Einschätzung.
Wie sieht Ihre Prognose für die künftigen Einsatzmöglichkeiten solcher Wearables aus?
Ich sehe in ihnen eine ernstzunehmende Konkurrenz für die bisherigen Optionen zur mobilen Rhythmus-Diagnostik mit Holter-EKG oder implantierbaren Devices. Sie sind günstiger, bedeutend komfortabler und können meist nicht nur ein EKG aufzeichnen, sondern noch viel mehr. Von daher werden sie – zumindest im ambulanten Setting – einen zunehmend breiten Einsatz finden. Künftig, so glaube ich, werden sie nicht nur für die Detektion des Vorhofflimmerns, sondern auch für die Dokumentation seltenerer Rhythmusstörungen einsetzbar sein. Ausserdem sehe ich in der Möglichkeit einer unmittelbaren Dokumentation der Rhythmusstörung einen enormen Vorteil.
Worauf sollten Ärzte achten, wenn sie einem Patienten eine Smartwatch empfehlen?
Man sollte nur Wearables empfehlen, für die ein FDA-Clearing resp. eine europäische CE-Zertifizierung vorliegt. Das trifft beispielsweise für die fünf Wearables in unserer Studie zu. Ganz wichtig ist aber auch die Einstellung gegenüber der Smartwatch und die Akzeptanz seitens der Patienten. Nur wenn Patienten im Alltag damit klarkommen und den Mehrwert für sich in einer alltäglichen Verwendung der Geräte erkennen, wird es funktionieren.
Welche Anweisungen erhalten Patienten für den Fall, dass die Smartwatch ein VHF meldet?
Die Wearables informieren den Patienten in der Regel, ihren Arzt oder eine Notfallstation zu kontaktieren. Insbesondere bei unklarem Rhythmus empfiehlt sich eine erneute Aufzeichnung. In jedem Verdachtsfall ist der Arztkontakt unerlässlich. Die EKGs können als PDF heruntergeladen und bei Bedarf – mit Angabe der Symptome – weitergeleitet werden. Um qualitativ gute Aufzeichnungen zu erhalten, ist es obligat, dass die Uhr richtig angelegt ist, und dass die Nutzer darauf achten, Bewegungsartefakte zu vermeiden.
Besten Dank für das Gespräch!
Referenz
- Mannhart D. Clinical validation of five direct-to-consumer smartwatches to detect atrial fibrillation in a Real-World cohort of patients: BASEL Wearable Study. Abstr. O43, Rapid Fire Session: Rhythm Disorders, SSC/SSCS 2022, St. Gallen, 17.06.2002.