«Entscheidend ist der klinische Eindruck»
Ein Fieber ohne Fokus oder unklarer Genese ist meist harmlos. Es kann aber auch einmal eine schwerwiegende bakterielle Infektion dahinterstecken. Worauf zu achten ist, um eine solche nicht zu verpassen, erläuterte Dr. Malte Kohns Vasconcelos, Oberarzt Infektiologie/Vakzinologie am Universitäts-Kinderspital beider Basel, in einem Vortrag am FomF Pädiatrie Update Refresher.
Haben Kinder eine Körperkerntemperatur von 38 °C oder darüber, und liefern Anamnese und Untersuchung keinen Hinweis auf eine Ursache, sprechen Mediziner von Fieber ohne Fokus (FWS). «Dieses Fieber bereitet Sorgen, weil auch einmal eine schwerwiegende bakterielle Infektion dahinterstecken kann», berichtet Dr. Kohns Vasconcelos. Er betont, dass das Risiko schwerer bakterieller Infektionen in den letzten Jahren jedoch deutlich gesunken ist. So ist z.B. das Risiko für eine invasive Pneumokokken-Infektion seit der Einführung der Konjugat-Impfstoffe gering, vor allem im Alter zwischen drei Monaten und fünf Jahren. Das gilt auch für Hämophilus-influenzae- oder Meningokokken-Infektionen. «Das heisst aber nicht, dass sie nicht doch einmal vorkommen kann», so der Experte. Insbesondere Säuglinge unter drei Monaten haben ein erhöhtes Risiko für eine bakterielle Infektion. In dieser Altersgruppe sollte denn auch ab dem ersten Fieber interveniert werden. Bei Kindern zwischen drei Monaten und fünf Jahren ist es auch möglich, erst einmal vier Tage zuzuwarten, bei älteren möglicherweise noch länger.
Bei Neugeborenen Lumbalpunktion erwägen
«Um zu beurteilen, ob eine invasive Infektion Grund für FWS sein könnte, ist der klinische Eindruck wichtiger als das Alter des Kindes», erklärte Dr. Kohns Vasconcelos. Ist er schlecht, ist das Kind unbedingt weiter abzuklären. Ansonsten sollte man den Eltern sagen, dass sie rasch in die Praxis kommen sollen, wenn sich der Zustand des Kindes plötzlich verschlechtern sollte. Ein Check für allgemeine Gefahrenzeichen beinhaltet Fragen, ob das Kind trinkt, erbricht oder Anfälle hat.
«Sind weitere Abklärungen angezeigt, geht es zunächst darum, eine ausführliche Anamnese zu erheben», sagte der Spezialist. Im Fokus stehen Symptome, vorangegangene Reisen sowie weitere Erkrankte im Umfeld des Kindes. Bei der körperlichen Untersuchung sollten die Knochen und Gelenke nicht vernachlässigt werden. Denn vor allem bei älteren Kindern sind Knocheninfektionen eine sehr häufige Ursache für ein FWS.
Der Referent empfiehlt ausserdem, bei Neugeborenen grosszügig eine Lumbalpunktion durchzuführen. Bei gutem klinischen Allgemeinzustand genügt es, im Labor wenige Parameter bestimmen zu lassen. Andernfalls ist frühzeitig auch ein PIMS in die differenzialdiagnostischen Überlegungen einzubeziehen.
Die Therapie des FWS erfolgt vor allem symptomatisch. Sollen Antibiotika zum Einsatz kommen, ist eine gute vorherige Abklärung mit Blut- und Urinkulturen sowie einer Liquoruntersuchung erforderlich.
Beim FUO muss Fieber über sieben Tage vorliegen
Ein Fieber unklarer Genese (FUO) liegt vor, wenn über mehr als sieben Tage mindestens einmal täglich Fieber aufgetreten ist und mit Anamnese, klinischer Untersuchung und initialen Laboranalysen keine Ursache zu finden ist. Auch ein FUO ist meist kein Notfall. Das Vorgehen gleicht dem bei einem FWS, allerdings mit erweiterter Anamnese, erweiterter Bildgebung (abdominalem und Becken-Ultraschall, Röntgen-Thorax) und eventuell dem Beizug eines Kardiologen, um zu entscheiden, ob eine Echokardiografie sinnvoll ist. Besteht das unerklärbare Fieber über längere Zeit, ist es zudem empfehlenswert, den Fall in einem multiprofessionellen Team mit z.B. Rheumatologen, Infektiologen oder Onkologen zu besprechen.
«Bei 40–50 Prozent der Kinder mit FUO geht das Fieber irgendwann wieder zurück, ohne dass eine Ursache gefunden werden kann», so der Referent. Manchmal verbirgt sich hinter einem FUO auch ein intermittierendes Fieber, das durch mehrere, sich überlagernde Infektionen verursacht wird. Die häufigste Diagnose, die sich bei Kindern mit FUO findet, ist eine Osteomyelitis.
Sepsis vor allem bei Kindern unter einem Jahr
Von einer Sepsis sind vor allem Kinder unter einem Jahr betroffen. Auch hier gilt es, vor einer Antibiotika-Gabe Blut- und Urinkulturen abzunehmen. Über 80 Prozent der relevanten Keime wachsen bereits innerhalb der ersten 24 Stunden in den Blutkulturen. Es dominieren unkomplizierte und kaum resistente Bakterien. Zur Therapie kommen meist Cephalosporine zum Einsatz.