Mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind bei Morbus Crohn tabu
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUFA) sind bei Gesunden ein sinnvoller Bestandteil der Ernährung. Beim Morbus Crohn könnte das aber anders sein: Eine aktuelle Studie zeigt, dass der Verzehr von PUFA mit einer Verschlimmerung der Entzündung verbunden sein könnte.
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren (engl. Polyunsaturated fatty acids, PUFA) geraten in westlichen Ländern immer mehr in den Mittelpunkt des medizinischen Interesses.
GPX4 schützt Darmepithel vor oxidativem Stress
Ein österreichisches Forscherteam mit internationaler Beteiligung fand kürzlich heraus, dass sowohl ungesättigte Omega-3- als auch Omega-6-Fettsäuren bei Patienten mit Morbus Crohn und einem Mangel des Enzyms GPX4 eine Kaskade entzündlicher Botenstoffe in Gang setzen, die bei Gesunden ausbleibt (1).
Im Tierexperiment hatten die Wissenschaftler GPX4, das normalerweise die Zellen des Darmepithels vor oxidativem Stress schützt, als möglichen Schlüsselfaktor identifiziert. Daraufhin untersuchten sie Dünndarmzellen von Menschen mit aktivem Morbus Crohn nach ileozökaler Resektion und verglichen sie mit den Zellen von gesunden Kontrollen.
Serum-Marker spiegeln Krankheitsaktivität wider
Anschliessend betrachteten die Forscher 160 Crohn-Patienten genauer: 62 mit aktiver Erkrankung, 98 in klinischer Remission. Als Vergleich dienten 49 Gesunde. Die Untersuchung zeigte, dass bei den aktiv Erkrankten eine charakteristische Kombination inflammatorischer Marker im Serum (erhöhte Werte von IL-8 und oxidationsspezifischen Epitopen sowie Anzeichen für oxidativen Stress im endoplasmatischen Retikulum) mit der klinischen und biochemischen Aktivität der Darmentzündung korrelierte.
Bei 60 Prozent der Patienten lagen mindestens zwei dieser Komponenten über einem von den Forschern errechneten Schwellenwert. Eine Behandlung mit TNF-alpha-Blockern wirkte der entzündlichen Signatur entgegen.
PUFA wie Omega-3-Fettsäuren gelten allgemein als gesund
Vor Beginn der Studie hatten die Teilnehmer einen Fragebogen zu ihren Ernährungsgewohnheiten ausgefüllt. Die Autoren wiesen nach, dass die Menge der PUFA in der Ernährung direkt mit der Anzahl an Exazerbationen, der Krankheitsaktivität laut Crohn’s Disease Activity Index und der kumulativen Konzentration von Calprotectin im Stuhl korrelierte. Ähnliches ergab die zusätzliche Analyse einer niederländischen Kohorte, bei der Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren direkt im Stuhl gemessen wurden.
Diese Ergebnisse sind besonders wichtig, da Omega-3-Fettsäuren allgemein als gesund gelten. In den USA dürfen sie daher z.B. Lebensmitteln zugesetzt werden. Bei Morbus Crohn wäre das nach diesen Daten aber ein absolutes No-Go.
- Schwärzler J et al. PUFA-Induced Metabolic Enteritis as a Fuel for Crohn's Disease. Gastroenterology. 2022 May;162(6):1690-1704. doi: 10.1053/j.gastro.2022.01.004.