Unauffälliger Liquor, trotzdem Meningitis
Als eine bisher gesunde 35-Jährige mit starkem Kopfschmerz, Nackensteife und subfebrilen Temperaturen in die Notaufnahme kommt zeigt sich: Nicht-Polio-Enteroviren können zu einer Meningitis führen. Diese lässt sich im Liquor cerebrospinalis manchmal nur mittels PCR nachweisen.
Eine bisher gesunde 35 Jahre alte Frau stellte sich mit starken Kopfschmerzen seit dem Vortag, Nackensteife, Licht- und Lärmempfindlichkeit sowie subfebrilen Temperaturen in der Notaufnahme vor. Die Frage nach weiteren neurologischen Symptomen und Infektzeichen verneinte sie. Eine primäre Kopfschmerzerkrankung lag bei der Patientin nicht vor, auch nahm sie keine Medikamente regelmässig ein. An einen Zeckenstich konnte sie sich nicht erinnern. Die erweiterte Anamnese ergab, dass die beiden Kinder der jungen Frau wenige Tage zuvor eine Hand-Fuss-Mund-Krankheit durchgemacht hatten. Auch ihr Ehemann warvon der Infektionskrankheit betroffen. Sie selbst hatte bisher keine Symptome entwickelt.
Die deutlich schmerzgeplagte Patientin zeigte einen ausgeprägten Meningismus mit positivem Lasègue- und Kernig-Zeichen. Aufgrund einer Photophobie hielt sie die Augen geschlossen.
PCR-Untersuchung des Liquors löste das Rätsel
Hirnnervenausfälle, sensomotorische Defizite oder internistische Auffälligkeiten liessen sich nicht feststellen. Die schleunigst durchgeführte Lumbalpunktion ergab einen klaren Liquor mit nur einer mononukleären Zelle und einer minimalen Erhöhung der Proteinkonzentration. Liquorglukose und -laktat lagen im Normbereich und auch die Blutwerte der Patientin waren unauffällig, berichten Raphaël Tamò und seine Kollegen vom Stadtspital Zürich Triemli im Zuge der Publikation des Falles (1).
Da der Liquorbefund nicht zu den starken Beschwerden der Patientin passte, veranlassten die Kollegen als nächstes eine Computertomografie des Neurokraniums mit Angiografie. Doch auch das half diagnostisch nicht weiter. Weder lag eine Blutung vor noch gab es Zeichen einer Sinusvenenthrombose oder eines erhöhten Hirndrucks. Die initial gegebene empirische antibiotische und antivirale Therapie wurde aufgrund des stabilen klinischen Zustands der Frau, der normwertigen Entzündungsparameter und der negativen Liquorkultur pausiert.
Des Rätsels Lösung brachte schliesslich die PCR-Untersuchung des Liquors, mit der man Enteroviren-Spezies-RNA nachweisen konnte. Damit war die Diagnose Enteroviren-Meningitis gesichert. Unter einer symptomatischen Therapie mit Analgetika und intravenöser Flüssigkeit erholte sich die Patientin rasch und konnte nach vier Tagen die Klinik wieder verlassen.
Nicht-Polio-Enteroviren sind die häufigsten Erreger der Virusmeningitis
Man unterscheidet zwei Untergruppen von Enteroviren: Polioviren (Auslöser der Poliomyelitis) und Nicht-Polio-Enteroviren, die eine ganze Reihe von Erkrankungen verursachen können, u.a. die Hand-Fuss-Mund-Krankheit. Nicht-Polio-Enteroviren sind die häufigsten Erreger der Virusmeningitis, erinnern die Autoren.
Bei Verdacht auf Meningismus sollte rasch eine Liquoruntersuchung erfolgen – bei einer Zellzahl < 5/mm3 kann im Allgemeinen eine Meningitis ausgeschlossen werden. Allerdings sind Fälle von Enteroviren-Meningitis mit fehlender Liquorpleozytose beschrieben, vor allem bei Neugeborenen und Kindern. Bei jeder dritten bis zweiten Meningoenzephalitis lässt sich trotz extensiver Diagnostik kein Erreger nachweisen. «Inwiefern diese Zahl im Zusammenhang mit enterovireninduzierter Meningitis und (falsch-)normalem Liquorbefund steht, muss offenbleiben», schreiben die Kollegen. Behandelt wird die Enteroviren-Meningitis rein symptomatisch, die Erkrankung verläuft selbstlimitierend.
Referenz
- Tamò R et al. Liquor klar – Diagnose (un)klar. Dtsch Med Wochenschr 2022; 147: 43–45; doi: 10.1055/a-1666-7794.