Medical Tribune
11. Feb. 2022Behandlungsalgorithmus

Psoriasisarthritis: Besonders zielgerichtete Therapien sind wirksam

Für die Behandlung einer mit Schuppenflechte assoziierten Psoriasisarthritis stehen mittlerweile etliche evidenzbasierte Therapien zur Verfügung. Um den individuell am besten geeigneten Wirkstoff zu finden, zählen Patientenvorlieben, der Wirkort, und die potenziellen Nebenwirkungen.

Bei der Psoriasisarthritis sind besonders zielgerichtete Therapien wirksam.
Jacques Hugo/stock.adobe.com

Europäischen und US-amerikanischen Therapieempfehlungen zufolge sind für die Erstlinie nach wie vor nichtsteroidale Rheumatika (NSAR) angezeigt. "Unter Berücksichtigung der jeweiligen gastrointestinalen, kardiovaskulären und renalen Risiken können diese durchaus zur Linderung der Gelenkschmerzen eingesetzt werden", schreibt eine deutsche Forschergruppe in ihrem aktuellen Review in "Aktuelle Dermatologie". Dies gelte vom Symptombeginn bis zur endgültigen Diagnose.

Glukokortikoide hingegen haben bei der Behandlung der Psoriasisarthritis nur einen geringen Stellenwert. Sie sind im Einzelfall als intraartikuläre Injektion bei mono- oder oligoarthritischem Befall zu erwägen.

Synthetische DMARD bei Psoriasisarthritis: Wenig effektiv

Steht die Diagnose PsA, kommen die Disease Modifying Anti-Rheumatic Drugs (DMARD) ins Spiel. Man unterscheidet die konventionellen synthetischen (csDMARD) wie Methotrexat von den neueren Substanzen aus der Gruppe der Biologika (bDMARD) und den zielgerichteten synthetischen Wirkstoffen (tsDMARD).

Die Evidenzlage für csDMARD in der PsA-Therapie ist eher schlecht. Auch Methotrexat, das bisher bei PsA am häufigsten eingesetzte Präparat, führte bislang in offenen und RCT-Studien zu widersprüchlichen Ergebnissen. Leflunomid soll besser wirken, dieses hat aber nur wenig Einfluss auf die Haut. Lediglich als Reservemedikament für besondere Fälle wie z.B. Patienten mit Kinderwunsch gilt das mässig effektive Sulfasalazin. Allen csDMARD ist gemein, dass sie bei entzündeten Sehnenansätzen und Daktylitis eher weniger und bei Beteiligung der Wirbelsäule gänzlich ungeeignet sind.

Wirksamkeit von Biologika bei PsA ist gut belegt

Deutlich besser in puncto evidenzbasierter Wirksamkeit schneiden die Biologika ab: TNF-α-Blocker (TNFi) bessern sowohl Beschwerden an der Haut als auch im muskuloskelettalen System (inklusive Wirbelsäulenbeteiligungen). Der T-Zell-Modulator Abatacept ist besonders effektiv bei polyartikulärem Befall. Secukinumab, ein Interleukin-17A-Inhibitor, wirkt nicht nur auf Gelenke und Wirbelsäule, sondern gleichzeitig auch besonders gut auf die psoriatischen Hautmanifestationen. Mit gleichem Ansatz ähnlich erfolgreich bei Psoriasisplaques ist Ixekizumab. Ustekinumab, ein Interleukin-12/23-Inhibitor, erwies sich wiederum als hocheffektiv bei enthesialem Befall.

Zielgerichtete Therapien gut wirksam

Auch die tsDMARD können bei Psoriasisarthritis punkten. Apremilast, ein Phosphodiesterase-4-Hemmer lindert Haut- und Gelenkbeschwerden, wobei es für eine Wirkung bei Wirbelsäulenbeschwerden noch keine gesicherten Daten gibt. Ein weiteres wichtiges intrazelluläres Angriffsziel ist der JAK/STAT-Signalweg. Die Hemmung dreier Januskinasen durch den JAK-Inhibitor Tofacitinib ist u.a. bei axialer Manifestation effektiv. Anhand dieser Substanz liess sich eine verzögernde Wirkung auf die Krankheitsprogression erstmals radiologisch belegen.

Die Wahl der individuellen Therapiestrategie muss in einem mehrstufigen Prozess gemeinsam mit dem Patienten festgelegt werden, fordern die Autoren. Mehrere Aspekte sind dabei zu berücksichtigen, allen voran der gewünschte Wirkort:

Wirkort-getriebene Therapiestrategie

  • Als effektivste Wirkstoffe gegen periphere Arthritis gelten TNFi, IL-17-Inhibitoren und Tofacitinib.
  • Bei Sehnenansatzentzündungen sind alle Biologika zu empfehlen, wobei Inhibitoren von IL-17/23 effektiver erscheinen als TNFi. Auch die tsDMARD Apremilast und Tofacitinib zeigen Wirkung.
  • Die Daktylitis lässt sich mit Biologika und tsDMARD gut behandeln. Auch konventionelle DMARD sind teilweise wirksam.
  • Zur Behandlung von Wirbelsäulenmanifestationen eignen sich TNFi und IL-17-Inhibitoren, aber auch Tofacitinib. Keinen Einfluss haben konventionelle DMARD; hinsichtlich IL-23-Inhibitoren ist die Lage derzeit noch unklar.

Bei der Therapieentscheidung ist stets auch die Sicherheit zu bedenken. Vor allem das erhöhte Risiko für Infektionen spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle. So muss vor der Verordnung von TNFi beispielsweise eine latente Tuberkulose ausgeschlossen werden. IL-17-Inhibitoren begünstigen Candida-, der JAK-Inhibitor Tofacitinib Herpes-Zoster-Infektionen. Generell zu beachten sind weitere substanzspezifische Kontraindikationen.

Bei PsA und Uveitis sind TNF-Inhibitoren erste Wahl

Ebenfalls relevant sind begleitende Erkrankungen. Häufig besteht eine Assoziation zwischen PsA und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) bzw. Uveitis. Bei Letzterer gelten TNFi als beste Wahl, da sie gleichzeitig positive Effekte auf die entzündeten Bereiche des Auges haben. Für die Kombination PsA und CED ist die Gabe von TNFi und IL-12/23-Inhibitoren günstig, weil auf diese Weise der Darm gleich mitbehandelt wird. Vermeiden sollte man in diesem Fall hingegen IL-17-Inhibitoren.

Schliesslich ist bei der Therapieentscheidung auch die Darreichungsform bedeutsam: Während Biologika subkutan oder intravenös gegeben werden müssen, können tsDMARD wie Apremilast und Tofacitinib oral eingenommen werden. Dabei ist ausschlaggebend, welche Applikationsform der Patient toleriert bzw. vorzieht.