Medical Tribune
27. Jan. 2022Rückenschmerzen

Muskelrelaxanzien nützen bei Kreuzschmerz wenig

Beim unspezifischen Kreuzschmerz setzen Ärzte und Patienten gerne auf Spasmolytika. Doch diese Behandlung bringt wenig bis nichts, wie eine aktuelle Metaanalyse zeigt.

Rückenprobleme waren in den vergangenen 30 Jahren weltweit die häufigsten Ursachen für Arbeitsunfähigkeit, und sind somit neben dem gesundheitsbezogenen Schaden auch ein relevanter sozioökonomischer Faktor. Wenn übliche Schmerzmittel nicht helfen, greifen Arzt und Patient gern zu Muskelrelaxanzien.

Eine Lupe mit einem Diagram im Mittelpunkt im Flat Design
iStock/panimoni

Die Empfehlungen sind widersprüchlich

Doch deren Nutzen-Risiko-Profil bei unspezifischen Kreuzschmerzen ist ungewiss. Die Positionen internationaler Leitlinien widersprechen einander, der Empfehlungsgrad schwankt zwischen ja, nein und keine Angaben. Trotzdem rangieren Muskelrelaxanzien in den Verschreibungslisten auf Platz drei. Forscher um Dr. Aidan Cashin vom Centre for Pain IMPACT, Neuroscience Research Australia, Syndney, wollten Klarheit. Aus internationalen Datenbanken wählten sie für ihre Metaanalyse 31 randomisierte, kontrollierte Studien mit insgesamt 6505 Patienten aus. In allen Arbeiten hatte man verschiedene Muskelrelaxanzien gegen Placebo, übliche Versorgung oder keinerlei Behandlung verglichen.

Getestet wurden:

  • antispastische Substanzen wie Baclofen oder Dantrolen
  • Benzodiazepine wie Diazepam
  • Nicht-Benzodiazepin-Spasmolytika wie Methocarbamol, Tizanidin oder Tolperison

Schlechtes Nutzen-Risiko-Verhältnis

Die Ergebnisse zeigten, dass die Evidenz für eine Wirksamkeit aller getesteten muskelrelaxierenden Wirkstoffe beim unspezifischen Kreuzschmerz sehr gering bis höchstens moderat war. Die besonders häufig verordneten Nicht-Benzodiazepin-Spasmolytika führten binnen zwei Wochen kaum zu einer klinisch relevanten Schmerzlinderung (maximal 8 Punkte auf einer Skala von 0–100).

Auch auf die Schmerzintensität 3 bis 13 Wochen später und die Arbeitsunfähigkeit zu allen Messzeitpunkten hatten diese Spasmolytika nur geringen bis gar keinen Effekt. Dafür scheinen sie das Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen wie Schwindel, Benommenheit, Kopfschmerzen und Übelkeit leicht zu erhöhen, was die Therapietreue der Patienten aber kaum bis gar nicht schmälerte.

Den Autoren zufolge erlaubt die aktuelle Datenlage keine generelle Empfehlung von Nicht-Benzodiazepin-Spasmolytika beim unspezifischen Kreuzschmerz. Vielmehr sollten die Betroffenen über den geringen Nutzen und mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt werden und die Therapieentscheidung dann mehr oder weniger selbst treffen. Grosse, qualitativ hochwertige Studien seien überfällig, um alle Ungewissheiten hinsichtlich Wirksamkeit und Verträglichkeit aus dem Weg zu räumen.

Referenz

Cashin AG et al. Efficacy, acceptability, and safety of muscle relaxants for adults with non-specific low back pain: systematic review and meta-analysis. BMJ. 2021 Jul 7;374:n1446. doi: 10.1136/bmj.n1446.