Dicke Lippe, Schluckstörung, Magengeschwür
Der Morbus Crohn tritt mitunter auch oberhalb des Darms auf. Die Behandlung erfolgt in diesen Fällen lokal oder systemisch mit Steroiden, komplizierte Verläufe können den Einsatz von Biologika erforderlich machen.
Manifestationen eines Morbus Crohn im oberen Gastrointestinaltrakt entgehen dem Diagnostiker nicht selten. Denn sie sind bei jedem zweiten Patienten asymptomatisch. In den übrigen Fällen verursachen sie unspezifische Symptome. Deshalb sollte im Rahmen der initialen Morbus-Crohn-Diagnostik eine Ösophago-Gastro-Duodenoskopie mit Biopsie-Entnahme nicht vergessen werden, betonte Dr. Anna Cordes vom Universitätsklinikum Münster.
Die histologisch-diagnostischen Kriterien für den «oberen» Crohn sind nichtverkäsende Granulome und eine fokale periglanduläre lymphozyten- und plasmazellreiche Entzündung in Mukosa und Submukosa. Endoskopisch oder radiologisch findet sich eine diffuse Inflammation.
Standardtherapie reicht manchmal nicht aus
Häufigste Manifestation eines oralen Morbus Crohn ist eine unilaterale Schwellung der Unterlippe. Auch serpiginöse Ulzerationen im bukkalen Sulcus oder Gingiva-Ulzerationen werden häufig beobachtet. Differenzialdiagnostisch sind sie vor allem abzugrenzen von Ulzera infektiöser Genese, beispielsweise durch Herpesviren oder Mykobakterien. Auf die Standardtherapie spricht der orale Morbus Crohn manchmal schlechter an als der intestinale. Deshalb braucht man oft zusätzliche Optionen wie Spülungen mit topischen Steroiden. Der oralen Hygiene kommt eine wesentliche Bedeutung zu.
Im Ösophagus manifestiert sich die Erkrankung in 80 % der Fälle im distalen Drittel. Unbehandelt entwickeln sich relativ häufig Stenosen. Ösophagitis, longitudinale fissurale Ulzerationen oder aphthöse Ulzera kennzeichnen den Morbus Crohn in der Speiseröhre.
Antrum und Bulbus duodeni sind meist stärker befallen als Corpus oder Fundus. Man trifft vor allem auf eine unspezifische Antrumgastritis, aphthöse Läsionen, antrale Ulzera, bambusgelenkartige Läsionen auf verdickten Magenfalten. Magenausgangsstenosen oder Fisteln können sich entwickeln.
Eradikation bei Nachweis von Helicobacter pylori
Der Morbus Crohn im oberen Gastrointestinaltrakt gilt als Prädiktor für einen ungünstigen Verlauf der Erkrankung insgesamt. Die Komplikations- und Obstruktionsraten sind bei betroffenen Patienten deutlich erhöht. Kontrollierte Studien zu diesem besonderen Manifestationsmuster fehlen allerdings bislang.
Leitlinien empfehlen, bei Morbus Crohn im Magen und Ösophagus initial systemische Steroide einzusetzen und frühzeitig mit Biologika, insbesondere TNF-a-Blockern, zu behandeln. Für die symptomatische Therapie werden auch Protonenpumpeninhibitoren empfohlen. Lässt sich Helicobacter pylori nachweisen, sollte der Keim eradiziert werden. Vom Gebrauch nichtsteroidaler Antirheumatika ist dringend abzuraten.
Der Morbus Crohn in der Speiseröhre oder im Magen spricht meist sehr gut auf die initiale Therapie mit Glukokortikoiden und später mit TNF-a-Blockern an, erklärte die Referentin. Doch bei jedem fünften Patienten persistieren oder rezidivieren Läsionen. Bei stenosierendem Verlauf kann mitunter die endoskopische Ballondilatation erfolgreich sein. Die Datenlage hierzu ist allerdings nicht ausreichend.
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