So diagnostizieren Sie eine IgA-Nephropathie
Basel – Im Rahmen einer Urinuntersuchung haben Sie bei einem Patienten eine Hämaturie festgestellt? Dahinter könnte eine Immunglobulin-A-Nephropathie stecken. Für die definitive Diagnose ist eine Biospie obligat.
Obwohl die Immunglobulin-A-Nephropathie (IgAN) zu den häufigsten glomerulären Erkrankungen zählt, sind belastbare Daten zu Prävalenz und Inzidenz Mangelware. In Europa wird sie in etwa jeder fünften Nierenbiopsie nachgewiesen. Sie tritt meistens im jungen Erwachsenenalter auf, wobei Männer etwa doppelt so häufig betroffen sind wie Frauen.
Die Hälfte der Patienten hat immer wieder Blut im Urin
Das klinische Bild ist sehr heterogen. Leitsymptom ist meist die Hämaturie: Knapp die Hälfte der Patienten haben wiederkehrende Episoden einer Makrohämaturie, aufgrund derer sie sich bei ihrem Hausarzt vorstellen. Oft treten diese gleichzeitig oder kurz nach Infekten der oberen Atemwege auf.
Ein gutes Drittel der Patienten weist hingegen eine asymptomatische Mikrohämaturie mit oder ohne Proteinurie auf, die eher zufällig im Rahmen von Urinuntersuchungen zutage kommt. Die übrigen Betroffenen besitzen bereits eine Niereninsuffizienz, abnormale Urinbefunde und Bluthochdruck. In seltenen Fällen liegt ein akut progredientes nephritisches oder nephrotisches Syndrom vor.
Meist ist die IgAN primär. Zwar wurde sie auch in Zusammenhang mit Lebererkrankungen wie einer Leberzirrhose und autoimmunen inflammatorischen Erkrankungen wie einer Zöliakie beschrieben. Allerdings sind kausale Zusammenhänge kaum nachzuweisen, weshalb die Suche nach einer sekundären Ursache nicht indiziert ist, schreiben Dr. Cédric
Jäger, Assistenzarzt an der Klinik für Transplantationsimmunologie und Nephrologie, Universitätsspital Basel, und seine Kollegen.
In diesen Schritten erfolgt die Diagnose: Liegt eine Hämaturie vor, sollte das Urinsediment beurteilt werden. So lässt sich die Anzahl der Erythrozyten feststellen und ob sie aus der Niere stammen. Der Spot-Urin eignet sich für eine Proteindifferenzierung. Weiterhin ist die Kontrolle der Nierenfunktion sinnvoll. Für die definitive Diagnose ist unverändert der immunhistologische Nachweis von diffusen mesangialen IgA-Ablagerungen in der Biopsie nötig.
Bei isolierter Mikrohämaturie ist keine Therapie nötig
Patienten, die nur eine isolierte Mikrohämaturie und eventuell eine minimale Proteinurie (< 0,5 g/d) aufweisen, benötigen keine Therapie und auch keine Abklärung durch einen Nephrologen. Essenziell ist, diese Gruppe jährlich bis zweijährlich über mindestens zehn Jahre zu kontrollieren. Alle anderen Betroffenen sollten zur weiteren Abklärung an einen Nephrologen überwiesen werden.
Die Arbeitsgruppe der Leitlinie «Kidney Disease Improving Global Outcomes» empfiehlt für Patienten mit einer Proteinurie von > 0,5 g/d ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptor-Antagonisten, jedoch keine Kombination. Therapieziele sind eine Proteinurie von < 1 g/d sowie eine optimale Blutdruckeinstellung. Letztere beträgt 130/80 mmHg bei Patienten mit einer Proteinurie von < 1 g/d und strengere 125/75 mmHg wenn die Proteinurie darüberliegt.
Lässt sich die Proteinurie damit nicht innerhalb eines halben Jahres auf < 1 g/d senken, so sollte bei Patienten mit einer geschätzten glomerulären Filtrationsrate von > 50 ml/min/1,73 m2 eine sechsmonatige Steroidtherapie in Erwägung gezogen werden – sofern keine Kontraindikation besteht. Dies gilt umso mehr, je höher die Proteinurie ausfällt. Für die Gabe zusätzlicher Immunsuppressiva liegt keine ausreichende Evidenz vor, die Autoren der Leitlinie empfehlen sie nicht.
Jäger C et al. Schweizerisches Medizin Forum 2017; 17: 252–257.