Asthmatherapie im Wandel: Experte sagt zwei wichtige Veränderungen voraus
Inhalative Kortikosteroide (ICS) und lang wirksame Beta-2-Agonisten (LABA) in fixer Kombination werden auch künftig das Rückgrat der Asthmatherapie bilden, davon ist Professor Dr. Klaus F. Rabe, Chef der Pneumologie an der Lungenklinik Grosshansdorf überzeugt. Wichtig ist nach wie vor: Lang wirksame Betamimetika sollten keinesfalls als Monotherapie eingesetzt werden, sondern ausschliesslich als Kombinationspartner eines inhalativen Kortikosteroids. Dabei macht es wahrscheinlich keinen grossen Unterschied, welches ICS oder welchen LABA man verwendet, meinte Prof. Rabe: "Die Variable ist viel weniger das Pharmakon, als dass Sie die Diagnose richtig stellen und den Patienten konsequent therapieren."
Asthma: Steroid-Übergebrauch nicht zu befürchten
Dabei hat sich das SMART*-Konzept bewährt, dem zufolge Dauer- und Bedarfstherapie mit ein und demselben Präparat durchgeführt werden. Im Falle akuter Symptome benutzt der Patient dasselbe Kombinationspräparat und bekommt damit automatisch zu dem symptomlindernden LABA auch eine Dosis ICS mit. Die Steroidkomponente braucht er dann wahrscheinlich auch, um eine gute Asthmakontrolle zu erreichen, hiess es weiter.
Eine aktuelle Studie entkräftet Befürchtungen, dass die Steroid-Gesamtdosis durch diese Strategie zu stark steigt: "Die Patienten betreiben keinen Overuse", unterstrich Prof. Rabe. Seiner Überzeugung nach haben kurz wirksame Beta-2-Mimetika in diesem Setting keinen Stellenwert mehr: In Studien sei gezeigt worden, dass sich durch bedarfsweise Anwendung von LABA eine deutlich bessere Lungenfunktion und Symptomkontrolle erreichen lässt – sowie darüber hinaus ein effektiverer Schutz vor Exazerbationen.
Anticholinergikum weitet asthmakranke Bronchien
Ins Wanken geraten ist das Dogma, dass Anticholinergika in der Asthmatherapie nichts zu suchen haben. "Kein Mensch weiss genau, woher die historischen Daten stammen, die diese Auffassung herbeigeführt haben", meinte der Experte. Genau betrachtet, entbehre diese Theorie jeglicher Logik: Weshalb, so fragt er sich, sollten Wirkstoffe, die bei COPD-Kranken die Bronchien erweitern, dies beim Asthmatiker nicht können?
Bereits vor zwei Jahren wurde im renommierten "New England Journal of Medicine" die erste Studie publiziert, in der Asthmapatienten, die unter einem niedrig dosierten ICS nicht gut kontrolliert waren, entweder einen LABA bzw. das lang wirksame Anticholinergikum (LAMA**) Tiotropium zusätzlich oder die doppelte ICS-Dosis erhielten. Die letztgenannte Strategie erwies sich als die schlechteste, was wenig verwundert, schnitt die Verdopplung der Steroiddosis doch auch in früheren Studien schon schlechter ab als die Kombinationstherapie.
Reserve-Option, wenn ICS/LABA nicht genügt
Zwischen LABA und LAMA bestand dagegen praktisch kein Unterschied hinsichtlich der Wirkung auf die Lungenfunktion. In einer weiteren Studie wurde Tiotropium Patienten verordnet, die bereits eine ICS/LABA-Kombination in hoher Dosierung erhielten und trotzdem weiter Symptome zeigten. Auch hier verbesserte das LAMA die Lungenfunktion gemessen an der forcierten Sekundenkapazität (FEV1) deutlich.
Zumindest bei Patienten mit schwerem, unter Standardtherapie schlecht kontrolliertem Asthma bronchiale scheinen LAMA also eine sinnvolle Therapieoption darzustellen. Der Einsatz fällt derzeit zwar noch unter Off-Label-Use, das Phase-III-Programm läuft aber bereits.
*Single Maintenance and Reliever Therapy
**Long Acting Antimuscarinic Agent
Quelle: Pneumologie-Kongress Hannover