Halten Sie die Gicht gut im Zaum!
Ein Gutes hat die Gicht: Im Vergleich zu anderen Kristallopathien lässt sie sich erfolgreich behandeln und quasi heilen, wenn man die Uratspiegel in den Griff bekommt (abgesehen davon, dass die Disposition natürlich nicht zu beseitigen ist). Die sicherste und schnellste Therapie des akuten Gichtanfalls besteht darin, den Erguss abzupunktieren und ein Steroid ins Gelenk zu spritzen, erklärte Professor Dr. Michael Doherty von der Rheumatologischen Universitätsklinik Nottingham. Zusätzlich kann man das Gelenk mit Eis kühlen und NSAR oder Colchicin verabreichen.
Beide medikamentösen Optionen stossen aber bei Älteren oft an Kontraindikationsgrenzen. Neue Pharmaka, die derzeit erprobt werden, sind Interleukin-1-Inhibitoren wie Anakinra, Rilonacept und Canakinumab. Für Letzteres liegen sogar schon grössere Studien vor, die zeigen, dass es Attacken schnell beenden und neuen vorbeugen kann, während TNF-alpha-Blocker sich als wirkungslos erwiesen haben, erklärte der Rheumatologe.
Merzen Sie die Kristalle aus!
Akute Entzündungen durch andere Kristalle, etwa aus Kalziumpyrophosphat, lassen sich deutlich schwerer bekämpfen. Als Erstmassnahme kommen für die betroffenen Patienten Paracetamol und topische NSAR infrage, aber deren Wirksamkeit ist limitiert. Bei schweren Entzündungen "kann man Colchicin in niedriger Dosierung probieren", riet Prof. Doherty beim Europäischen Rheumakongress. Methotrexat scheint ebenfalls zu helfen, das Medikament wird derzeit in einer grösseren Studie erprobt.
Hat man den akuten Anfall kupiert, geht es ans Langzeitmanagement. Wo keine Kristalle, da keine Gelenkattacke. Was im Fall der Gicht bedeutet: Runter mit dem Harnsäurespiegel unter die Löslichkeitsgrenze! Deutsche Wissenschaftler sehen 6 mg/dl als Zielwert, die Briten fordern "unter 5 mg/dl".
Harnsäurespiegel nicht zu tief senken!
Über das Ziel hinausschiessen sollte man dabei aber auch nicht: Es gibt Studien, die eine inverse Korrelation zwischen dem Harnsäurespiegel und dem Risiko für neurodegenerative Erkrankungen zeigen. "Keine Harnsäure-Senkung um jeden Preis auf niedrigstmögliche Werte!", forderte Prof. Doherty daher. Ein Freibrief fürs Nichtstun ist das aber nicht. Nur wer die Spiegel langfristig im Ziel hält, erspart dem Patienten weitere Attacken und zerstörte Gelenke.
Im harnsäuresenkenden Einsatz sind vor allem die Urikostatika Allopurinol und Febuxostat, Urikosurika haben nach den Verträglichkeitsproblemen mit Benzbromaron weitgehend an Boden verloren. Nach Erfahrung von Prof. Doherty vertragen neun von zehn Patienten Allopurinol gut und erreichen damit den Zielwert, wenn man es langsam einschleicht: Steigerung um 50 bis 100 mg/Tag alle zwei bis vier Wochen. Reicht die Wirkung nicht aus, oder gibt es Probleme mit der Niere bzw. Interaktionen, "ist es hilfreich, dass wir jetzt eine Alternative haben", meinte der Rheumatologe.
Fettsenker und Kaffee bei Gicht zuhilfe holen
Die Wirkung der harnsäuresenkenden Therapie lässt sich durch geschickte Medikamentenwahl noch unterstützen: Der Patient hat zusätzlich ein Triglyzeridproblem? Dann mal Fenofibrat probieren, es hat einen gewissen harnsäuresenkenden Effekt.
Ähnliches gilt für Losartan in der antihypertensiven Therapie. Kaffee wirkt ebenfalls präventiv, was Fachleute überraschte, wird Koffein doch zur Harnsäure metabolisiert. Da auch koffeinfreier Kaffee "wirkt", vermutet man andere Effekte hinter dem Gichtschutz.