Medical Tribune
14. Mai 2024Abklärung bei Lymphadenopathie und Lymphadenitis

Was tun bei einem Knoten am Hals?

Knoten im Halsbereich sind bei Kindern nicht selten. Die Gründe dahinter sind zwar oft harmlos – in seltenen Fällen kann jedoch eine Infektion, ein Autoimmungeschehen oder eine Krebserkrankung dahinterstecken. Auf diese Warnzeichen sollten Sie achten.

Knoten am Hals haben bei Kindern meist eine harmlose Genese.
Oksana Kuzmina/stock.adobe.com

«Knoten im Halsbereich sind bei Kindern ein häufiges Problem», sagt KD Dr. Michael Büttcher, Leitender Arzt pädiatrische Infektiologie, Kinderspital Zentralschweiz (1).

Wann ist ein Knoten bedenklich?

Für eine harmlosere Ursache spricht, wenn Knoten eher klein (< 1cm), weich und verschieblich ist sind – auch dann, wenn sie zu mehreren auftreten. Typisch ist zudem auch das vorübergehende Anschwellen von Lymphknoten im Zusammenhang mit Infekten der oberen Atemwege. In diesem Fall kann laut KD Dr. Büttcher ein abwartendes Verhalten an den Tag gelegt werden.

Eher bedenklich sind hingegen laut dem Experten:

  • grössere Knoten (> 1cm)
  • akutes oder subakutes Erscheinen
  • wenn zusätzliche Organsymptome vorhanden sind
  • wenn weitere Lymphregionen betroffen sind.
  • prolongiertes oder intermittierendes Fieber
  • subakut/chronisch oder unilateral vergrösserte Knoten
  • Vefärbungen

Kinder mit solchen Symptomen sollten in einem Kinderspital weiter abgeklärt werden.

Lymphadenopathie oder -adenitis?

Die «Knoten» kann man dabei in zwei unterschiedliche Definitionen unterteilen. Bei einer Lymphadenopathie handelt es sich um sicht- und/oder tastbar vergrösserte Lymphknoten (>1 cm Durchmesser) ohne Entzündungszeichen.

Liegen hingegen zusätzlich auch Entzündungszeichen wie Schmerzen, Rötung oder Überwärmung vor, spricht das für eine Lymphadenitis. Zusätzlich treten bei letzterer häufig generalisierte Symptome wie Fieber auf.

Um der Ursache einer Lymphknotenschwellung auf den Grund zu gehen, sollte man die Drainagegebiete des betroffenen Lymphknotens absuchen (siehe Tabelle und Abbildung)

Betroffene RegionDrainagegebiet
SubmentalUnterlippe, Zungenspitze, Mundboden, Wangenhaut
SubmandibulärZunge, Submandibulärdrüse, Lippen, Mund, Bindehäute
Prä-aurikulärAugenlider, Bindehäute, Schläfenregion, Parotis, Mittelohr
Retro-aurikulärGehörgang, Ohrmuschel, Kopfhaut
Sub-okzipitalKopfhaut, Hals
JugulärZunge, Tonsillen, Parotis, Ohrmuschel
Posterior-zervikalKopfhaut, Hals
Supra-claviculärLunge, Ösophagus, Abdomen, Ductus thoracicus
ParatrachealTrachea, Schilddrüse
NuchalKopfhaut (z.B. bei Tinea oder ausgeprägter Neurodermitis)
Drainagegebiete der Lymphknoten im Halsbereich
Lymphknoten im Kopf-Halsbereich
modifiziert nach Vipin/stock.adobe.com

Lymphknoten im Kopf-Halsbereich

Infektiös, inflammatorisch, oder maligne?

Vier grosse Ursachengruppen können für Lymphadenopathien oder -itiden verantwortlich sein:

  1. Bakterielle Ursachen
  2. Virale Ursachen
  3. Maligne Ursachen
  4. Inflammatorische Ursachen

Was genau hinter dem Knoten steckt, lässt sich dabei unter anderem durch die Anzeichen des betroffenen Lymphknotens herleiten:

  • Ist der Knoten uni- oder bilateral?
  • Besteht eine Rötung oder Zellulitis-Zeichen?
  • Besteht eine Druckdolenz?
  • Wie ist die Konsistenz?
  • Ist der Knoten fixiert oder fluktuierend?

Auch, wie lange der Lymphknoten schon vergrössert ist, kann bei der Diagnose helfen. So dauert eine akute Lymphadenopathie/-itis maximal vier Wochen an, alles, was darüber hinaus geht, wird als chronisch angesehen.

Neben der Anamnese und der Beurteilung der Beschaffenheit des Lymphknotens können zusätzlich weitere diagnostische Hilfsmittel angewendet werden, darunter:

  • Blutlabor (Entzündungsparameter, Blutchemie)
  • Ultraschall (Beurteilung der Beschaffenheit des Knotens)
  • Röntgenthorax
  • Infektionsserologie
  • Histologie

Bakteriell bedingte Vergrösserungen der Lymphknoten

Bei einer bakteriellen Ursache tritt typischerweise eine Lymphadenitis auf; mitunter können Lymphknoten dabei relativ gross werden. Der Knoten ist dabei meist unilateral, oft sind auch lokale Entzündungszeichen vorhanden. Typisch ist auch eine Druckdolenz.

In der Konsistenz variieren die Knoten von weich bis hart – sind sie schon länger vorhanden, können sie auch einschmelzen und so ein fluktuierendes palpatorisches Bild hinterlassen.

In der Frage, welches Bakterium für die Lymphknotenschwellung verantwortlich ist, gibt oft schon die Dauer der Symptome Aufschluss. Handelt es sich um ein akutes oder subakutes Geschehen, stecken oft Infektionen mit S. aureus, oder Gruppe-A-Beta-hämolysierende Streptokokken (GABHS), Gruppe-B-Streptokokken, Anaerobier, Pneumokokken bzw. eine Tularämie dahinter.

Subakut bis chronisch verlaufen hingegen Lymphknotenschwellungen infolge atypischer bakterieller Erreger, wie etwa der Bartonellose (Katzenkratzkrankheit), atypischer Mykobakterien und Tuberkulose

Einen Hinweis auf den bakteriellen Erreger bietet auch das Alter des Patienten. So treten bei Neugeborenen oder Säuglingen häufiger Lymphadenitiden durch Gruppe-B-Streptokokken auf, oft im Kontext mit einer Sepsis.

Dagegen sind Infektionen mit atypischen oder Umwelt-Mykobakterien (z.B. nichttuberkulöse Mykobakterien wie M. avium) eher bei jüngeren Vorschul- und Kleinkindern häufig. Andere, etwa Toxoplasma gondii, Bartonella, und andere anaerobe Bakterien sind eher Teil des Schul- und Jugendalters.

Staphylokokken kommen hingegen bei allen Altersgruppen von Kindern und Jugendlichen vor.

Viral bedingte Vergrösserungen der Lymphknoten

Bei viral bedingte Lymphknotenschwellungen handelt es sich eher um Adenopathien ohne Entzündungszeichen wie Erythem oder Zellulitis. Sie treten abhängig von der Ursache meist akut und bilateral auf.

Ein Beispiel für Gründe für bilaterale akute Schwellungen sind virale Infekte der oberen Atemwege, sowie systemische virale Infekte (z.B. Adeno-/Enteroviren, EBV, CMV, Masern, Röteln, HIV).

Einige Viren (z.B. EBV, CMV, HIV) können aber auch chronische bilaterale Schwellungen verursachen.

Inflammatorisch bedingte Vergrösserungen der Lymphknoten

Bei inflammatorischen Ursachen finden sich meist unilaterale, manchmal bilaterale Vergrösserungen mit meist weicher Konsistenz. Zusätzlich kommen oft klassische Entzündungszeichen dazu.

Typischerweise von einer Lymphadenitis begleitete entzündliche Erkrankungen sind bei Kindern beispielsweise

Krebsbedingte Vergrösserungen der Lymphknoten

Seltener steckt hinter einer Lymphadenopathie bei Kindern aber auch eine maligne Ursache. Diese ist meist unilateral, kann aber auch bilateral vorkommen. Charakteristisch ist das Fehlen lokaler Entzündungszeichen (keine -itis). Die Konsistenz der Knoten im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung ist meist derb-gummig, eher fixiert und nicht fluktuierend.

Weitere Red Flags, die auf eine Tumorerkrankung als Hintergrund für eine Lymphadenopathie schliessen lassen können, sind unter anderem

  • Vorhandenseinvon B-Symptomen (z.B. Müdigkeit, Gewichtsverlust)
  • Eine supraklavikuläre oder posterior zervikale Lokalisation
  • Wenig bis keine lokale Entzündung oder Druckdolenz
  • Normale bis nur leicht erhöhte Entzündungsparameter
  • Grössenzunahme über 2 Wochen, keine eindeutige Regredienz nach 4 Wochen
  • Kein Verschwinden nach 8-12 Wochen
  • Kein Ansprechen auf Antibiotika

Knoten mit diesen Anzeichen sollten jedenfalls weiter abgeklärt werden.

Bei den malignen Ursachen von Adenopathien im Halsbereich kommen bei Kindern etwa Neuroblastome, Schilddrüsenkarzinome, Rhabdomyosarkome, und nasopharyngeale Karzinome in Betracht.

Lymphknotenschwellungen infolge anatomischer Fehlbildungen

Auch bestimmte anatomische Fehlbildungen können den Eindruck einer Lymphadenopathie erwecken. Dazu gehören mediane und laterale Halszysten, Lymphangiome, Fibrome, sowie Dermoid- oder Epidermoidzysten. «Hier hilft der Ultraschall als erste Bildgebung», empfiehlt KD Dr. Büttcher.