Hautausschläge bei Kindern: gefährlich oder nicht?
Hautausschläge sind einer der Hauptgründe für eine Konsultation in der Kinderambulanz. Die meisten Kinder gehen dabei mit einer harmlosen Diagnose wieder nach Hause. Aber gelegentlich zeigt ein Hautveränderung eine ernst zu nehmende Erkrankung an. Eine Expertin fasst zusammen, welche Anzeichen etwa für eine Meningokokkensepsis oder das Staphylococcal scalded skin syndrome sprechen.

«Ungefähr ein Drittel der Kinder, die in eine Ambulanz kommen, haben einen Hautausschlag. Die allermeisten von ihnen werden in der Folge mit einer harmlosen Diagnose an ihren Kinderarzt verwiesen», berichtet PD Dr. Michelle Seiler, Leitende Ärztin und Leiterin akademischer Bereich Notfallstation am Universitäts-Kinderspital Zürich (1).
«Bei bestimmten Anzeichen sollte man allerdings hellhörig werden – dann kann es sich um eine kritischere Situation handeln.»
Meningokokken: Petechien, die sich nicht wegdrücken lassen
Zu den gefährlichsten Situationen, die von einem Hautausschlag begleitet werden, gehört die Meningokokkensepsis. Diese lebensgefährliche Erkrankung präsentiert sich in der Anamnese mit Fieber, reduziertem Allgemeinzustand und einem plötzlich entstandenem und sich rasch ausbreitendem Hautauschlag.
Es handelt sich auch nicht nur um kleine Hauteinblutungen, sondern meistens finden sich mehrere Millimeter grosse Hautveränderungen. Die Kinder haben ausserdem weitere klassische Sepsiszeichen wie ein blasses Kolorit, eine verlängerte Rekapillarisierungszeit und eine Tachykardie. In manchen Fällen weisen die Patienten zusätzlich eine Meningitis auf, die sich durch Nackensteifigkeit klinisch erkennen lässt.
Varizellen: Der Hautausschlag kommt zuerst
Zu viralen Infektionen, die mit einem Ausschlag einhergehen, gehören die Varizellen. Dabei treten typischerweise die Hautsymptome als erstes zutage, Infektionssymptome wie Fieber, Schüttelfrost, und Gliederschmerzen kommen erst danach hinzu.
Dabei lassen sich die Varizellen von den nun aufgekommenen Affenpocken klinisch gut unterscheiden. Einerseits zeigen Patienten mit Affenpocken zuerst systemische Symptome, und der Ausschlag tritt erst sekundär auf. Andererseits sieht der Ausschlag etwas anders aus. Ein weiteres Kriterium sind die betroffenen Körperpartien: Während Varizellen typischerweise die Kopfhaut befallen, ist diese bei Affenpocken nur selten involviert.

Varizellen machen auch vor der Kopfhaut nicht halt.
SSSS und TSS: Schnelle Antibiose ist geboten
Eine andere Infektionskrankheit mit Ausschlag, die zwar nicht lebensbedrohlich, aber dennoch wichtig zu erkennen ist, ist das Staphylococcal scalded skin syndrome (Abk. SSSS). Dabei kommt es zu einer Infektion mit Stapyhlokokken, die exfoliative Toxine bilden können, und zu lokal begrenzten und generalisierten dermatologischen Verlaufsformen führen können. Überwiegend sind Säuglinge und Kleinkinder betroffen.
Die Toxine lösen dabei die Zell‐Zell Kontakte auf, und es kommt zu einer Auflockerung der Zellverbindungen, wodurch sich die oberste Hautschicht ablöst(offene Blasen). «Durch den typischen Ausschlag um den Mund herum lässt sich diese bakterielle Hautinfektion häufig schon durch eine Blickdiagnose erkennen» sagt Dr. Seiler.
Typisch ist eine zusätzliche Rötung am Rumpf , die sehr schmerzhaft ist. Therapiert wird hier im Spital: Eine stationäre antibakterielle Behandlung mit Amoxicillin‐Clavulansäure und Hautpflege bringt schnelle Besserung der Symptome.
Besondere Vorsicht ist hingegen beim toxischen Schocksyndrom (TSS) geboten. Dieses kann einerseits Menstruations-assoziiert sein, andererseits wird es durch Hautverletzungen ausgelöst. Durch offene Wunden können Bakterien in den Körper gelangen und diese Erkrankung auslösen. Deshalb ist es wichtig, Eltern von Kindern mit thermischen Verletzungen, Varizellen oder sonstigen Hautverletzungen über die Möglichkeit und die Symptome des TSS aufzuklären.
Durch sogenannte Superantigene auf den bakteriellen Bestandteilen wird beim TSS eine überschiessende Immunreaktion hervorgerufen, die schlimmstenfalls zum Multiorganversagen führen kann. Typische Merkmale sind Fieber, Erbrechen, Durchfall und ein reduzierter Allgemeinzustand. Hinzu kommt eine feine Rötung der Haut und der Augen Eine schnelle intravenöse Behandlung mit Amoxicillin und Clavulansäure sowie Clindamycin ist dringend notwendig, da diese Erkrankung rasch voranschreitet und nicht selten tödlich endet.
Kawasaki-Syndrom: Erdbeerzunge und schuppige Fingerspitzen
Beim Kawasaki-Syndrom handelt es sich eigentlich um eine Vaskulitis (Gefässentzündung) der kleinen und mittleren Arterien. Ein Kawasaki-Syndrom lässt sich vermuten, wenn Patienten, meistens Kleinkinder, eine beidseitige nicht-eitrige Augenentzündung, Vergrösserung der Lymphknoten am Hals, gerötete, rissige Lippen und die sogenannte Erdbeerzunge aufweisen. Typisch sind ausserdem ein über mehrere Tage anhaltendes Fieber, sowie ein stark reduzierter Allgemeinzustand.
Weitere verräterische äussere Symptome für ein Kawasaki-Syndrom sind Veränderungen an den Extremitäten wie (mitunter diskrete) Ödeme an Händen und Füssen, flächige Rötungen der Handflächen und Fusssohlen, sowie nach einigen Wochen eine Schuppung der Fingerspitzen und Zehenspitzen. Die Gefässentzündung kann auch das Herz betreffen, deshalb ist es wichtig diese Erkrankung zu erkennen und die Kinder in ein Spital einzuweisen.
Eine Häufung erlebt hat das Kawasaki-Syndrom während einiger Wellen von SARS-CoV-2. Vermutlich gibt es einige Virusstämme, bei denen es häufiger zum Kawasaki-Syndrom kommt. Behandelt werden die Kinder mit Immunglobulinen.

Erdbeerzunge beim Kawasaki-Syndrom
Differenzialdiagnose Masern
Treten das verräterische Exanthem in Kombination mit Husten, geröteten Augen und einem reduzierten Allgemeinzustand auf, zeigt sich, dass eine exakte klinische Untersuchung und eine umfassende Anamnese wichtig sind. Hat der Patient noch keine Masernimpfung erhalten, und zeigen sich weitere Merkmale wie die Koplik-Flecken im Mund, könnte sich bei einem vermeintlichen Kawasaki-Syndrom auch um eine Masernerkrankung handeln.

Koplik-Zeichen sind ein Hinweis auf Masern
Verfügen Kinder über einen weitläufigen Ausschlag an Hals und Rumpf, sowie eine erosive Mukositis und bildet der Ausschlag im Verlauf grosse flüssigkeitsgefüllte Bläschen, kann es sich um das sehr seltene Steven Johnson Syndrom oder auch toxisch-epidermale Nekrolyse handeln. Ausgelöst wird es üblicherweise durch Medikamente. Betroffene Kinder müssen rasch in ein Spital zugewiesen werden.
Referenz
- «6 Highlights in 60 Minuten – Pädiatrie», Forum für medizinische Fortbildung (FomF) Schweiz, 23. Mai 2022