Medical Tribune
5. Mai 2023Der grosse Unterschied

Frauen haben ein spezifisches kardiales Risikoprofil

Über die abweichenden Symptome kardialer Erkrankungen bei Frauen und Männern und hat man inzwischen viel gelernt. Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern beginnen aber schon viel eher: Bei den Risikofaktoren.

Der Versorgungsalltag bei CVD zeigt deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern. 

Kardiovaskuläre Erkrankungen (Cardiovascular Diseases, CVD) führen in den westlichen Industrieländern die Statistik der Todesursachen bei Frauen genauso an wie bei Männern. Doch das Bewusstsein für weibliche Herz-Kreislauf-Leiden ist sowohl bei Frauen als auch bei Medizinern sehr gering, mahnt Dr. ­Catharina ­Hamm von der Abteilung für Kardiologie an der Kerckhoff-Klinik in Bad Nauheim (1).

CVD wird bei Frauen unterschätzt

Eine Umfrage aus den USA unter rund 1.000 Frauen und 300 Ärzten (200 Allgemeinmediziner, 100 Kardiologen) ergab etwa Folgendes:

  • 45% der Frauen wussten nicht, dass CVD die «Killer» Nummer eins sind.
  • Nur 39% der Ärzte hielten die Prävention von CVD neben jener von Übergewicht und Mammakarzinomen für wichtig.
  • Lediglich 22% der Allgemein­mediziner und 42% der Kardio­logen fühlten sich sicher darin, das kardiovaskuläre Risiko von Frauen korrekt zu beurteilen.

Pathogenetisch spielen die klassischen Risikofaktoren eine wichtige Rolle. Doch da fangen bereits die Unterschiede zwischen den Geschlechtern an. Übergewichtige Frauen leiden eher an einem Diabetes als übergewichtige Männer.

Frauen mit Diabetes wiederum haben eine um 44 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, eine CVD zu bekommen als ihre männlichen Pendants. Sie werden seltener revaskularisiert und sterben eher am Myokard­infarkt. Ihr Risiko für den Infarkt generell und für eine Herzinsuffizienz liegt im Geschlechtervergleich doppelt so hoch.

Auch ein Nikotinabusus bringt ihnen mehr Nachteile. Raucherinnen haben ein um 25 Prozent höheres KHK-Risiko als Raucher. Die gleichzeitige Einnahme von Kontrazeptiva erhöht diese Gefahr weiter, ganz zu schweigen von dem dann gesteigerten Schlaganfall- und Thromboserisiko.

Geburtskomplikationen deuten auf vaskuläre Dysfunktion hin

Neben diesen klassischen Punkten gibt es weitere spezifische prädisponierende Konstellationen. Eine Frühgeburt beispielsweise erhöht das CV-Risiko für die Mutter deutlich, besonders, wenn sie vor der 34. Schwangerschaftswoche entbindet. Auch ein niedriges Geburtsgewicht (< 10. Perzentile) ihres Babys bringt sie in Gefahr.

«Die Geburtskomplikationen deuten möglicherweise auf eine vaskuläre Dysfunktion hin», erklärt Dr. Hamm. Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen prä­destinieren stark für eine spätere manifeste Hypertonie und führen dazu, dass CVD früher beginnen («kardiovaskuläres Aging»).

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