Avatrombopag bei pädiatrischer persistierender/chronischer ITP?
Aktuellen Phase-III-Daten zufolge ist der Thrombopoietin-Rezeptor-Agonist Avatrombopag auch bei Kindern und Jugendlichen mit chronischer oder persistierender Immunthrombozytopenie wirksam und gut verträglich. Das berichtet Prof. Rachael F. Grace, Boston, MA, USA, an der Jahrestagung der European Hematology Association (EHA) 2024.
Der Thrombopoietin-Rezeptor-Agonist (TPO-RA) Avatrombopag ist u.a. für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit chronischer Immunthrombozytopenie (ITP) indiziert, die auf mindestens eine vorherige Behandlung nicht ausreichend angesprochen haben (1).
Ziel der internationalen Studie AVA-PED-301 war es, die Wirksamkeit, Sicherheit und Pharmakokinetik des bisher nur für Erwachsene zugelassenen Avatrombopag (AVA) auch bei therapierefraktären Kindern und Jugendlichen zwischen einem und 18 Jahren zu evaluieren (2).
Avatrombopag bei Kindern und Jugendlichen speziell interessant
Immunthrombozytopenie (ITP)
Die ITP ist eine erworbene Thrombozytopenie, die durch eine Autoimmunreaktion gegen Thrombozyten und Megakaryozyten verursacht wird. Typische Symptome sind
- Blutungen,
- starke Hämatomneigung,
- Fatigue und
- emotionale Belastungen (1).
Da die Einnahme von Avatrombopag nicht mit Nahrungsmitteleinschränkungen verbunden ist, wäre sie besonders interessant für junge Patienten. Die chronische ITP ist in dieser Altersgruppe seltener als bei Erwachsenen. Daher wurden auch Kinder und Jugendliche mit persistierender (mindestens 6 Monate bestehender) Erkrankung eingeschlossen
Die Studie schloss 75 Kinder und Jugendliche im Alter von 1 bis 18 Jahren aus 34 Zentren mit einer mindestens sechs Monate bestehenden ITP und einer mittleren Thrombozytenzahl (PC) unter 30 × 109/l in die doppelblinde Phase-IIIb-Studie ein.
Die Teilnehmer waren im Median bereits 202 Wochen (AVA) bzw. 225 Wochen (Placebo) an ITP erkrankt. Gut 80 Prozent hatten eine mittlere Plättchenzahl von ≤ 15 × 109/l. Zwei Drittel hatten zuvor mindestens drei ITP-Medikamente erhalten. Etwa 70 Prozent der Studienteilnehmer hatten bereits andere TPO-RA erhalten, auf die 42,2 % (Avatrombopag) bzw. 20 % (Placebo) initial angesprochen hatten. Das mediane Alter betrug 8,9 Jahre (Avatrombopag) und 9,9 Jahre (Placebo). 81,5 Prozent der Patienten unter Avatrombopag, aber nur 4,8 Prozent unter Placebo schlossen die zwölfwöchige Kernphase ab. Hauptgrund war Ineffizienz der Therapie.
Das anhaltende Thrombozytenansprechen, der primäre Endpunkt, war definiert als PC ≥ 50 × 109/l ohne Rescue-Medikation in mindestens sechs der letzten acht Wochen der Kernphase. Ein wichtiger sekundärer Endpunkt war das Erreichen von zwei aufeinanderfolgenden Thrombozytenwerten von ≥ 50 × 109/l ohne Rescue-Medikation in der zwölfwöchigen Kernphase. Patienten, die die Kernphase abgeschlossen oder kein Thrombozytenansprechen gezeigt hatten, konnten bis zu zwei Jahre an einer offenen Verlängerungsphase teilnehmen.
Anhaltendes Thrombozytenansprechen nur mit Avatrombopag
Nach einer 3:1-Randomisierung erhielten sie entweder Avatrombopag (n = 54) oder Placebo (n = 21) über zwölf Wochen (Kernphase der Studie). Ziel war das Erreichen einer Thrombozytenzahl von 50 bis 150 × 109/l. Die primäre Analyse umfasste alle randomisierten Teilnehmer. Die Sicherheitsanalyse umfasste alle, die mindestens eine Dosis des Studienmedikaments erhalten hatten.
Den primären Endpunkt erreichten 15 (27,8 %) der Avatrombopag-Patienten und keiner der Placebo-Patienten (p = 0,0077; 95%-KI: 15,8–39,7). Zwei aufeinanderfolgende Thrombozytenwerte ≥ 50 × 109/l wurden bei 81,5 Prozent der Avatrombopag- und keinem der Placebo-Patienten dokumentiert.
55,6 Prozent der mit AVA Behandelten und keiner der Vergleichsgruppe zeigten bereits an Tag 8 ein frühes Thrombozytenansprechen ≥ 50 × 109/l (p < 0,0001). Eine Rescue-Medikation benötigten 7,4 Prozent unter Avatrombopag vs. 42,9 Prozent unter Placebo (p = 0,0008); Blutungssymptome traten bei 18,6 vs. 38,1 Prozent auf.
«Einfache orale Einnahme kann Belastungen reduzieren»
Schwerwiegende Nebenwirkungen (SAE) entwickelten fünf (9,3 %) der mit Avatrombopag und einer der mit Placebo Behandelten (4,8 %). Zwei SAE (Kopfschmerzen, Thrombozytose) bei einem Avatrombopag-Behandelten wurden als behandlungsbedingt eingestuft. Zwei Avatrombopag-Behandelte (3,7 %) und einer in der Placebo-Gruppe (4,8 %) brachen die Studie wegen Nebenwirkungen ab. Blutungsereignisse vom Schwergrad ≥ 3, thromboembolische Ereignisse oder Todesfälle traten nicht auf. 97 Prozent aller Behandelten traten in die offene Verlängerungsphase der Studie ein.
Nach Ansicht von Prof. Grace zeigen die Daten, dass Avatrombopag eine wirksame und gut verträgliche Option für junge Patienten mit persistierender oder chronischer ITP im Alter von einem bis 18 Jahren darstellt, bei denen vorhergehende Therapien nicht ausreichend waren. Zudem bietet dieser TPO-RA weitere Vorteile, etwa die einfache orale Einnahme ohne Ernährungsrestriktionen, was die Belastung gerade junger Patienten reduzieren kann.
- Onkopedia: Immunthrombozytopenie. Letzter Abruf: 11.06.2024.
- Grace RF et al. A phase 3, randomised, double-blind, placebo-controlled trial to evaluate the efficacy and safety of avatrombopag for the treatment of children with chronic immunetrombocytopenia (AVA-PED-301). EHA 2024; #318.