Medical Tribune
18. Juni 2013Zeitgemässe Behandlung einer renalen Anämie

CKD Patienten profitieren von der Korrektur der renalen Anämie

Arztgespräch mit Seniorin

Steckbrief: 78 Jahre, renale Anämie bei CKD mit Eisenmangel

Der Patient wird zur Mitbehandlung einer CKD vorgestellt.

  • Persönliche Anamnese: Hypertonie, Dyslipid­ämie.
  • Aktuelle Medikation: Candesartan, Pravastatin, Amlodipin.
  • Befunde: Beids. Schrumpfnieren, vermutlich hypertensiver Genese.
  • Labor: Kreatinin 207 µmol/l, entspr. einer geschätzten GFR von 27 ml/min/1,73m2, Hb 73 g/l, MCV 89 fl, MCH 29 pg Folsäure 5,2 µg/l, Vit. B12 354 ng/l Ferritin 81 µg/l, TSAT 22 %.

Erste Wahl sind i.v. Eisenpräparate

Die renale Anämie im Rahmen einer chronischen Niereninsuffizienz (CKD) repräsentiert einen behandelbaren Risikofaktor, der mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität assoziiert ist.1 Als Vorteil einer i.v. Eisengabe erwähnen die KDIGO-Empfehlungen2 explizit neben den Einsparungen bei Transfusionen und ESA-Therapie auch die Besserung Anämie-bedingter Symptome. Wir sprachen mit Dr. Dimitrios Tsinalis, Nephrologie, Kantonsspital St. Gallen über eine zeitgemässe Eisentherapie bei CKD.

Herr Dr. Tsinalis, wie häufig sehen Sie eine renale Anämie bei CKD?

Relativ häufig. Schon unter einer GFR von < 50 ml/min, die noch gar nicht unbedingt mit einem exorbitanten Kreatininanstieg einhergehen muss, kann sich die Anämie manifestieren. Mit fortschreitender CKD steigt die Anämierate, und ab einem Stadium IV (entsprechend < 30 ml/min) ist die Mehrheit der Patienten betroffen.

Bei dem Ihnen zugewiesenen Patienten mit CKD und renaler Anämie haben Sie sich für eine i.v. Eisentherapie entschieden. Welche Überlegungen standen dahinter?

In den letzten Jahren wurde zunehmend die Bedeutung des Eisenmangels für die renale Anämie  erkannt, wobei eben auch bei Werten im Normbereich (wie bei diesem Patienten) ein funktioneller Eisenmangel vorliegen kann. Die KDIGO-Richtlinien von 2012 sehen daher vor, dass man – bevor man einem solchen Patienten ESA gibt –  einen Therapieversuch mit i.v. Eisen machen sollte. Als Grenzwerte gelten ein Ferritin ≤ 500 ng/ml oder eine TSAT ≤ 30 %. Ausserdem wissen wir aus Studien wie der CHOIR-Study,3 dass es unter ESA zu einer erhöhten Mortalität kommen kann.

Auf welche Eigenschaften kommt es für Sie bei der Wahl des i.v. Eisenpräparates an?

Entscheidend ist für mich die gute Verträglichkeit in Verbindung mit einem günstigen Sicherheitsprofil.

Würden Sie bei CKD-Patienten mit renaler Anämie die orale Eisengabe als obsolet ansehen?

Auf jeden Fall – und das hat mehrere Gründe: Mit der oralen Therapie dauert es viel zu lange, bis die Eisenspeicher aufgefüllt sind. Ausserdem wirkt sich die schlechte gastrointestinale Verträglichkeit negativ auf die Compliance aus, und abgesehen davon ist bei CKD-Patienten die Bioverfügbarkeit des oralen Eisens zusätzlich limitiert.

Wie beurteilen Sie die Sicherheit und Verträglichkeit von Eisencarboxymaltose?

Wir setzen Eisencarboxymaltose seit mehr als vier Jahren ein und können dem Präparat ein günstiges Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil bescheinigen. Auch der erwähnte Patient wurde damit behandelt. Darüber hinaus kann man innerhalb kurzer Zeit eine hohe und/oder flexible Dosis applizieren, was die Korrektur der Anämie erheblich vereinfacht und zur Compliance beiträgt.

Welchen Stellenwert hat für Sie die Eisentherapie beim Patienten mit ND-CKD?

Patienten in der Prädialyse profitieren von der Korrektur der renalen Anämie, indem sich die Lebensqualität verbessert, sie fühlen sich leistungsfähiger und sind den Alltagsanforderungen wieder besser gewachsen.

Besten Dank für das interessante Gespräch!

Studienhintergrund

  • Beim Eisenmangel handelt es sich um einen Risikofaktor für eine erhöhte Mortalität bei CKD.1
  • Bevor man eine ESA-Therapie plant, sollte man sämtliche Möglichkeiten einer Korrektur der Anämie ausschöpfen, einschliesslich der Behebung des Eisenmangels.2
  • Bei CKD-Patienten, die zur Korrektur der Anämie mit EPO behandelt wurden, liess sich ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko nachweisen, wenn der Hb-Zielwert über 113 g/l angestrebt wurde.3
  • Eine Studie bei eisendefizienten ND-CKD-Patienten machte deutlich, dass die Korrektur der Anämie mit 1000 mg Eisencarboxymaltose effizienter und besser verträglich ist als eine orale Eisentherapie.4
  1. Kovesdy CP et al., CJASN 2009; 4: 435-441
  2. Kidney International Supplements 2012; 2: 283-287. www.kidney-international.org
  3. Singh AK et al., N Engl J Med 2006; 355: 2085-2098
  4. Qunibi WY et al., Nephrol Dial Transplant 2010. Doi: 10/1093/ndt/gfq613

Unser Experte:
Dr. med. Dimitrios Tsinalis
Nephrologie,
Kantonsspital St. Gallen