Medical Tribune
12. Aug. 2023Manche Patienten mit Hauterkrankungen gehören (auch) zum Gastroenterologen

Morbus Crohn: Vom Dermatologen in die Gastro-Praxis

Bei einigen Hauterscheinungen sollte auch an einen Morbus Crohn gedacht werden. Dabei kann es sich um spezifische kutane Manifestationen der entzündlichen Darmerkrankung, um reaktive kutane Erscheinungen oder um assoziierte Erkrankungen handeln.

Bei Ulzerationen im Mund sollte auch an einen M. Crohn gedacht werden.
Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.

Bei einer orofazialen Granulomatose mit Schwellungen von Lippen und Wangen sollte man immer nach einem M. Crohn fahnden, sagt Prof. Dr. Matthias­ Goebeler­ von der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie am Uniklinikum Würzburg (1).

Bei orofazialer Granulomatose an M. Crohn denken

Die Erkrankung kann in jedem Alter auftreten und ist in 16 Prozent der Fälle mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (meist M. Crohn) assoziiert.

Weitere Symptome können eine Lingua plicata (26%), eine Parese des N. facialis (18%) und ein Melkersson-Rosenthal-Syndrom (10%) sein – in seltenen Fällen kommt es auch zur Beteiligung von Tonsillen und Epiglottis. Bei etwa einem Drittel bestehen funktionelle Beeinträchtigungen, sehr häufig leiden Betroffene auch unter psychischen Problemen.

Bei Ulzerationen im Mund sollte auch an einen M. Crohn gedacht werden.
Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.

Crohnpatienten leiden häufig an chronischen Aphthen.

TNF-α-Inhibitoren helfen meist auch der Haut

Die Therapie kann schwierig sein. Liegt gleichzeitig eine behandlungsbedürftige CED vor, bei der ein TNF-a-Hemmer induziert ist, spricht aber auch die orofaziale Granulomatose meist gut auf die Antikörper an. Ist dies nicht der Fall, werden in der Erstlinie ein orales Glukokortikoid plus Immunmodulator (Sulfasalazin, Hydroxychloroquin oder Dapson) für drei Monate empfohlen.

Reicht dies ebenfalls nicht aus, sollten die Betroffenen ein orales oder intravenöses Steroid plus ein Immunsuppressivum wie Methotrexat oder Azathioprin erhalten. In der Drittlinie ist dann noch die Off-Label-Gabe eines TNF-a-Hemmers möglich, was relativ häufig nötig wird.

Auch langjährige genitale und inguinale Ulzerationen sollten an einen M. Crohn denken lassen – insbesondere, wenn man in der Histologie sarkoidartige nicht-verkäsende Granulome der oberflächlichen und tiefen Dermis findet. In diesen Fällen kann es sich um einen "metastatischen" M. Crohn handeln, der nicht in Kontinuität zum Gastrointestinaltrakt steht.

Die Läsionen machen oft keine Beschwerden

Beschrieben sind vielfältige Morphen wie Papeln, Plaques, Knoten, Schwellungen, Fissuren und Ulzerationen. Oft sind die Läsionen asymptomatisch, sie können aber auch sehr schmerzhaft sein. In 69 Prozent der Fälle treten die Hautsymptome nach der Diagnose eines M. Crohn auf, in 17 Prozent gleichzeitig und in sechs Prozent vor der gastrointestinalen Beteiligung. Der Verlauf ist völlig unabhängig von der Darmerkrankung.

Beine mit Erythema nodosum
Science Photo Library/Biophoto Associates

Eine weitere mögliche Begleiterscheinung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen ist auch das Erythema nodosum.

Kontrollierte randomisierte Studien zur Therapie fehlen. Die besten Chancen hat man wahrscheinlich mit TNF-alpha-Antagonisten, sagt der Dermatologe. Auch Sulfasalazin oder Azathioprin (ggf. plus sys­temische Kortikosteroide) können eingesetzt werden.

Der Morbus Crohn ist ein "Schatzkästchen" für Dermatologen, sagte Prof. Goebeler. So zeigen sich bei betroffenen Patienten häufiger reaktive kutane Manifestationen wie Pyoderma gangraenosum, Sweet-Syndrom, Erythema nodosum, chronische Aphthen oder eine Pyo­stomatitis vegetans.

Psoriasis und Acne inversa sind mit M. Crohn assoziiert

Arm mit Psoriasis
Science Photo Library

Psoriasispatienten haben ein erhöhtes M.-Crohn-Risiko. Es lohnt sich daher, bei ihnen einen Blick auf den Darm zu werfen.

Viele Hauterkrankungen sind wiederum mit einem Morbus Crohn assoziiert, sodass es sich lohnen kann, einmal den Darm anzuschauen. Dazu gehören die Psoriasis (achtfach erhöhtes Risiko), Acne inversa, Epidermolysis bullosa acquisita, Pemphigus vulgaris und viele andere mehr.

Auch an therapieassoziierte Hauterkrankungen wie die psoriasiforme Dermatitis oder die palmoplantare Pustulose unter TNF-a-Inhibitoren muss gedacht werden. Hinzu kommen unter Umständen noch kutane Manifestationen durch die begleitenden Malabsorption wie Perlèche oder Zinkmangel­dermatitis.